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»Saturday October 7«

Nach dem Massaker des 7. Oktober auf dem Gelände des Nova-Festivals im Kibbuz Re’im (Foto vom 12. Oktober 2023) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Im Schatten hoher Bäume stehen die kleinen Häuser des Kibbuz Re’im. Aus der Perspektive einer Bodycam sind junge Männer zu sehen. Sie tragen Jogging­hosen, Jeans, T-Shirt, Baseballcap. Und Waffen. Sie rufen auf Arabisch, grölen »Allahu Akbar!«. Ein Gewehrlauf kommt in den Blick, schießt durch einen Hauseingang auf einen Menschen. Dann wechselt die Perspektive.

Der Film Saturday October 7 erzählt vom bestialischen Überfall der Hamas auf Israel. Sieben Überlebende berichten von ihren Erlebnissen, ergänzt durch Aufnahmen der Bodycams der Terroristen, der Überwachungskameras, Handyvideos der Opfer, Audioaufzeichnungen, Videos der israelischen Armee, in Andeutungen gezeichneten Sequenzen.

Nach dem Bild der Bodycam in Re’im berichten US-amerikanische Nachrichten von Toten, im Laufe des Tages steigert sich deren Zahl, Fotos von Leichensäcken illustrieren sie. »Und nun müssen wir es beweisen«, sagt Mazal Tazazo in die Kamera und benennt damit das wesentliche Anliegen des Films.

Es ist kein Film der leisen Botschaften oder der Zwischentöne. Er benennt Gut und Böse, Täter und Opfer an einem Tag, der kein »Aber« zulässt.

Auch Yuval Raphael, die Israel am 17. Mai beim Eurovision Song Contest (ESC) vertreten wird, ist eine Überlebende des Nova-Festivals. Trotz der 40 Warnungen ihrer Warn-App bleibt sie zu Beginn des Angriffs gelassen – Raketen aus Gaza kennt man hier.

Sie bringt sich in einem der zahlreichen, offen zugänglichen Bunker in trügerische Sicherheit. 50 Jugendlichen, dicht gedrängt, wird er zur Falle. Terroristen erschießen diejenigen, die am Eingang stehen. Weitere Terroristen kommen, schießen, fahren. Die Überlebenden verstecken sich unter ihren toten Freunden. Yuval will Hilfe rufen, telefoniert mit der Polizei und stellt sich tot. Erst nach vielen Stunden wird sie mit lediglich zehn anderen Überlebenden gerettet.

Saturday October 7 ist kein Film der leisen Botschaften oder der Zwischentöne. Er benennt Gut und Böse, Täter und Opfer an einem Tag, der kein »Aber« zulässt. Er zeigt Beweise, die oft die Hamas selbst lieferte. Dennoch herrscht fast anderthalb Jahre später das umgekehrte Narrativ vor. Politik und Wissenschaft folgen der antisemitischen Täter-Opfer-Umkehr – und nicht zuletzt Kulturschaffende.

Bereits 2024 wurde Eden Golan beim ESC in Schweden antisemitisch bedroht. Ob es Yuval Raphael in diesem Jahr anders ergehen wird? Ob der Film dies beeinflussen kann?

Das geläufige Bild kehrt er um, indem er die Perspektive der Opfer zeigt, ihnen eine Stimme gibt, die Wahrheit zu erzählen – eine Möglichkeit zu handeln. In der Situation am 7. Oktober habe sie nichts tun können, außer sich tot zu stellen, sagt Yuval Raphael. Jetzt gebe der Film ihr ihre Stärke zurück. Sie könne anderen Menschen erzählen, was passiert ist. Es sei ihre Art, sich zu wehren. Damit es nie wieder geschieht. Eva M. Grünewald

Der Film kann beim Jerusalem Institute of Justice angefragt werden.

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