»True Crime«

Rache auf Netflix

Filmszene: Der Israeli nannte sich Simon Leviev, seine wahre Identität hielt er geheim. Foto: 2022 Netflix, Inc.

»Ich schüttete ihm mein ganzes Herz aus. Dann fragte er mich, ob ich mit ihm reisen wolle«, erzählt eine der Frauen im Trailer zur True-Crime-Doku Der Tinder-Schwindler, die seit Mittwoch bei Netflix zu sehen ist. »Der Mann, den ich geliebt habe, war niemals real«, heißt es kurz darauf in dem Trailer.

Im Zentrum der fast zweistündigen Dokumentation steht ein heute 31-jähriger Israeli, der sich laut Medienberichten auf der Dating-Plattform Tinder als Diamantenhändler Simon Leviev ausgab oder wahlweise als Michael Biton.

CHARME Offenbar verfügte der junge Mann über ungewöhnlichen Charme, der weibliche Singles auf der Suche nach Liebe völlig blendete: Mehreren Frauen, vor allem Skandinavierinnen, die er über Tinder kennenlernte, versprach der Israeli bei aufwendig inszenierten Dinners wohl das Blaue vom Himmel, lud sie in Fünf-Sterne-Hotels oder einen Privatjet ein.

https://www.youtube.com/watch?v=xY6DuRLPBzs

Doch irgendwann kam unweigerlich der Moment, in dem der reiche und erfolgreiche Geschäftsmann um Hilfe bat: Er werde verfolgt, müsse das Land verlassen und brauche dringend Geld.

Die Frauen (so erzählten sie es der Polizei und Net­flix) trieben Geld auf und zahlten Summen zwischen 10.000 und 160.000 US-Dollar, der Mann beendete die Beziehungen und machte sich mit dem Geld aus dem Staub. Der Geschäftsmann bestreitet die Vorwürfe: Die Frauen hätten vielmehr ihn benutzt und Interesse an teuren Geschenken gehabt, sagte er in einem Interview.

HAFT Der Israeli, der in seinem Heimatland bereits 2011 wegen Diebstahls, Betrugs und Fälschung angeklagt war und sich dann nach Europa abgesetzt hatte, wurde 2016 in Finnland wegen mehrfachen Betrugs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt – er hatte sich Frauen gegenüber auch als Waffenhändler Mordechay Tapiro ausgegeben und sie um Geld geprellt. 2017 wurde er nach Israel ausgeliefert. Dort kam er gegen Kaution frei.

Zwei Jahre später wurde er in einer gemeinsamen Aktion von Interpol und israelischen Behörden in Griechenland festgenommen und wiederum nach Israel ausgeliefert. Ende Dezember 2019 wurde er schließlich wegen Scheckbetrugs und Diebstahls zu 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt – allerdings wegen früherer Vergehen und nicht wegen der neueren »Tinder«-Vorwürfe.

Ein norwegisches Boulevardmagazin hatte die Tinder-»Karriere« des Israelis anhand von Chatprotokollen, Kreditkartenauszügen und Polizeiakten nachgezeichnet. Der Tinder-Schwindler will erzählen, wie die Norwegerin Cecilie Fjellhøy gemeinsam mit anderen Frauen die Identität des »Traumprinzen« aufdeckte. Sie wollen es ihm heimzahlen und erreichen, dass der Israeli erneut verurteilt wird.

NERV Die Doku trifft sicherlich den Nerv vieler Singles, die schon einmal beim Daten belogen wurden – und sei es nur über das Alter des potenziellen Partners. Ob Der Tinder-Schwindler, produziert vom Team, das auch Der Blender – The Imposter verantwortete, in der Gesamtlänge spannend oder doch eher deprimierend anzuschauen ist, wird im Auge der Betrachterin liegen.

Und ob den Israeli die Netflix-Produktion beeindruckt, bleibt ebenfalls abzuwarten. Israelische Medien berichteten, der Mann habe sich Ende 2020 in einem Impfzentrum in Israel als Rettungssanitäter ausgegeben, um früher an eine Corona-Immunisierung zu kommen (damals wurden zunächst Menschen über 60 geimpft). Dies bestritt er jedoch: »Ich bin ein Geschäftsmann. Ich habe Geld. Ich kann jeden und alles kaufen, was ich will«, sagte er laut der Zeitung »Times of Israel«.

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025

Zwischenruf

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken?

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Los Angeles

Schaffer »visionärer Architektur«: Trauer um Frank Gehry

Der jüdische Architekt war einer der berühmtesten weltweit und schuf ikonische Gebäude unter anderem in Los Angeles, Düsseldorf und Weil am Rhein. Nach dem Tod von Frank Gehry nehmen Bewunderer Abschied

 07.12.2025

Aufgegabelt

Plätzchen mit Halva

Rezepte und Leckeres

 05.12.2025

Kulturkolumne

Bestseller sind Zeitverschwendung

Meine Lektüre-Empfehlung: Lesen Sie lieber Thomas Mann als Florian Illies!

von Ayala Goldmann  05.12.2025

TV-Tipp

»Eigentlich besitzen sie eine Katzenfarm« - Arte-Doku blickt zurück auf das Filmschaffen von Joel und Ethan Coen

Die Coen-Brüder haben das US-Kino geprägt und mit vielen Stars zusammengearbeitet. Eine Dokumentation versucht nun, das Geheimnis ihres Erfolges zu entschlüsseln - und stößt vor allem auf interessante Frauen

von Manfred Riepe  05.12.2025

Köln

Andrea Kiewel fürchtete in Israel um ihr Leben

Während des Krieges zwischen dem Iran und Israel saß Andrea Kiewel in Tel Aviv fest und verpasste ihr 25. Jubiläum beim »ZDF-Fernsehgarten«. Nun sprach sie darüber, wie sie diese Zeit erlebte

 05.12.2025

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann schwieg bislang zur scharfen Kritik. Doch jetzt reagiert die ARD-Journalistin auf die Vorwürfe

 04.12.2025