Graphic Novel

Punk lebt

J ist tot. Sie war gerade mal 15 Jahre alt. Ein Mädchen mit pinkem Haar und einer Menge Wut gegen das Alltägliche im Bauch. Ihre Rebellion begann schon im Kindergarten, als sie sich weigerte, Mittagsschlaf zu halten. Und je älter sie wurde, desto mehr ertrug sie das Leben nur mit Kopfhörern, flüchtet sich in eine Welt aus Musik und Blogeinträgen. Ihr Freund B erinnert sich: »J war ein Punk. J war so fucking Punk, dass sie dir in jeder Menschenmenge sofort aufgefallen wäre.«

KONFLIKTE J ist die Hauptfigur in Gabriel S. Moses’ erster deutscher Graphic Novel Spunk. Spunk, das ist der englische Ausdruck für Courage, Chuzpe – und Punk. Das Thema für Moses, der 1982 in Jerusalem geboren wurde und vor fast zwei Jahren nach Berlin kam: »Israelischer Punk ist anders, er bedeutet, sich die Freiheit zu nehmen, zu sagen, was man will. Es ist nicht so wie in Deutschland, wo man Punks an ihrer Kleidung erkennt«, sagt der 28-jährige Künstler. Die Idee zu der Graphic Novel kam ihm vor fünf Jahren: »Spunk entstand aus einer fast absurden Beziehung zwischen dem Kampf eines Teenagers um Identität und der Erfahrung als Israeli.« In einem solchen Zustand fand sich Gabriel S. Moses selbst: »Ich war in einer Auseinandersetzung um Raum, Identität und Frieden.« Das war aber so hoffnungslos, dass er das Interesse an den ›wahren‹ politischen Themen verlor: »Ich habe keine Zeit, mich mit den besetzten Gebieten auseinanderzusetzen, wenn ich fühle, dass mein Privatleben von anderen besetzt wird.«

So wie Gabriel fühlten viele israelische Jugendliche – gerade in den Vororten. In solch einer Umgebung wuchs auch Moses auf. »Eigentlich ist dieser Ausdruck ›Vorort‹ gar nicht so bekannt in Israel.« Es gibt Städte und Kibbutzim, aber auch eben einen richtigen Vorort, so wie Macabim in der Nähe von Jerusalem mit rot gedeckten Dächern, Parkplätzen und Rasenflächen. Wer in dieser Umgebung Punk ist, wird schief angeschaut. Wer sich, wie Gabriel und seine Freunde, an einem langweiligen Tag an den Kreisverkehr setzt, Musik hört und Bier trinkt, ist Punk. Alle diese Eindrücke nahm der Künstler mit nach Berlin und verarbeitet sie in Spunk. Js Leben ist ein Blogeintrag, mit einem exakten Datum, einer Uhrzeit. Sie postet ihre Gedanken und Freunde antworten. Ein ewiger Chat über identitätssuchende Teenager zwischen Konzerten und dem bevorstehenden Armeedienst.

Zuflucht »Mit 18 wirst du einberufen, ob du willst oder nicht«, schreibt B in seinem Blog. Die Welt um ihn herum zwinge die Menschen, sich zu verändern. Manchmal hilft da nur noch Musik. So liegt der Graphic Novel Spunk eine CD mit israelischem Punk und Metal bei. Fernab von jedem Klischee über Klesmser und Dalia Lavi rocken sich Bands wie Va’adat Kishut die Lust nach Leben von der Seele. Das klingt erfrischend, das ist jung, muss gehört und gelesen werden.

Gabriel S. Moses: »Spunk – Eine Graphic Novel«. Mit CD. Archiv der Jugendkulturen, Berlin 2010, 96 S., 15 €

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Literatur

Deutsch-Hebräischer Übersetzerpreis für Helene Seidler

Die Schriftstellerin wurde für die Übersetzung des Romans »Unter Freunden stirbt man nicht« von Noa Yedlin ausgezeichnet

 12.12.2025

Zürich

Protest gegen ESC-Teilnahme Israels: Nemo gibt Pokal zurück

Mit der Zulassung Israels verrate der Gesangswettbewerb seine Werte von »Einheit, Inklusion und Würde für aller Menschen«, so Nemo

 12.12.2025

Meinung

Nemo unverbesserlich

Nemo gibt mit Rückgabe der ESC-Siegertrophäe auch Haltung ab. Statt Rückgrat zu zeigen, schwimmt das Schweizer Gesangswunder von 2024 im postkolonialen Strom mit

von Nicole Dreyfus  12.12.2025