Nachruf

Plötzlicher Tod von Alon Abutbul: Israel verliert bedeutenden Schauspieler

Alon Abutbul (1965 - 2025) Foto: Copyright (c) Flash 90 2008

Der israelische Schauspieler Alon Abutbul ist tot. Wie israelische Medien berichteten, wurde der 60-Jährige am Dienstag leblos am Strand von Habonim gefunden. Offenbar war er nach dem Schwimmen zusammengebrochen. Rettungskräfte konnten ihn nicht mehr wiederbeleben.

Der plötzliche Tod des Künstlers hat in Israel Bestürzung ausgelöst. Abutbul galt über Jahrzehnte hinweg als prägende Figur des israelischen Kinos, war zugleich fester Bestandteil der Theaterszene und immer wieder auch in internationalen Produktionen zu sehen. Kaum ein Schauspieler verkörperte die Vielschichtigkeit des israelischen Mannes so überzeugend wie er – vom verletzlichen Einzelgänger über den idealistischen Soldaten bis hin zum brutalen Machtmenschen.

Geboren wurde Alon Abutbul 1965 im nordisraelischen Kiryat Ata. Seine Familie stammte aus Ägypten und Algerien, gehörte zur Mizrahi-Community – eine Herkunft, die er nie versteckte und die auch in viele seiner Rollen mit einfloss. Nach seiner Ausbildung an der Thelma-Yellin-Schule für darstellende Künste begann er seine Karriere im israelischen Film der frühen Achtzigerjahre, in einer Zeit, in der sich das nationale Kino neu zu erfinden begann.

Weltbürger mit Haltung

Sein Durchbruch kam 1986 mit dem Antikriegsfilm Zwei Finger von Sidon, in dem er einen jungen Soldaten im Libanonkrieg spielt – eine Rolle, die ihn schlagartig landesweit bekannt machte. Es folgten prägende Auftritte in Filmen wie Bar 51, Nina’s Tragödien, Beaufort und A Place in Heaven, in dem er den radikalisierten General Gidi mimte – eine fiktive, aber unübersehbare Anspielung auf den ermordeten Minister Rehavam Ze’evi.

Lesen Sie auch

Auch international wurde man auf Abutbul aufmerksam. Er übernahm Rollen in großen US-Produktionen wie Rambo III, Munich, Body of Lies und The Dark Knight Rises. In letzterem spielte er einen russischen Atomphysiker – eine Nebenrolle, die dennoch viele Zuschauer im Gedächtnis behielten. Neben Filmarbeiten trat er regelmäßig im israelischen Fernsehen auf, etwa in Serien wie The German, wo er zuletzt als Mossad-Chef zu sehen war.

Trotz seiner Hollywood-Karriere blieb Abutbul Israel immer eng verbunden. Er spielte regelmäßig auf den großen Bühnen des Landes, unter anderem am Habima-Theater, und trat 2023 auch in London am West End auf – in der Bühnenversion von The Band’s Visit, gemeinsam mit der israelischen Sängerin Miri Mesika.

Ein Leben in Bewegung

Abutbul engagierte sich auch politisch: 2006 kandidierte er für die Arbeitspartei, konnte sich aber nicht durchsetzen. In Interviews äußerte er sich häufig zu gesellschaftlichen Fragen, etwa zur sozialen Ungleichheit in Israel, zur Rolle der Kultur oder zu den Spannungen zwischen Religion und Staat.

Abutbul lebte mit seiner langjährigen Partnerin, der Schauspielerin Shir Bilia, zusammen. Das Paar hatte vier gemeinsame Kinder. 2024 gewann es gemeinsam das israelische Promi-Kochduell My Kitchen Rules VIP. Bereits 2007 hatte Abutbul mit einem Auftritt bei Dancing with the Stars für Aufsehen gesorgt.

Auch familiär war er tief in der israelischen Kulturszene verwurzelt: Sein älterer Bruder, Avraham Abutbul, war ebenfalls als Musiker und Schauspieler bekannt, bevor er religiös wurde und 2012 starb.

Mit dem Tod Alon Abutbuls verliert Israel eine seiner facettenreichsten Künstlerpersönlichkeiten – einen Mann, der gleichermaßen Tiefgang und Präsenz mitbrachte, der nie auf bloße Popularität setzte und dessen Rollen oft einen doppelten Boden hatten. Sein letzter großer Auftritt: der stille Blick eines Geheimdienstchefs in einer düsteren Serie. Jetzt ist dieser Blick für immer verschwunden. im

Glosse

Der Rest der Welt

Was Bahnfahren, Depeche Mode und große Brüder verbindet

von Katrin Richter  31.07.2025

»Too Much«

London Calling

Lena Dunham macht der britischen Romantik eine Liebeserklärung. Ein Serien-Tipp – trotz vieler Klischees

von Katrin Richter  31.07.2025

Erbe

Nachlass von Jacob Taubes geht nach Marbach

Taubes korrespondierte mit bedeutenden Denkern und Künstlern des 20. Jahrhunderts, darunter Theodor W. Adorno, Hannah Arendt, Paul Celan, Jacques Derrida, Rudi Dutschke und Jürgen Habermas

 30.07.2025

Zürich

»Unschätzbarer Wert«: Jüdische Schriftensammlung wird restauriert

Teilweise stammen die Bücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Sie sind Relikte einer von den Nazis in weiten Teilen zerstörten Breslauer Bibliothek. Sie sollen auch digitalisiert werden

von Leticia Witte  30.07.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Drei Ziffern mit Geschichte: 825 – das jüdische Codewort

von Nicole Dreyfus  30.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 31. Juli bis zum 6. August

 30.07.2025

Aufgegabelt

Sabich-Croissant

Rezepte und Leckeres

von Sophia Giesecke, Uri Triest  29.07.2025

Plotkes

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  29.07.2025

Essay

Gaza, Israel und der Hunger

Jerusalem ist im Begriff, die Hamas militärisch zu besiegen. Den Krieg der Informationen und der Bilder aber hat die palästinensische Terrororganisation schon längst gewonnen – auch durch das Versagen westlicher Journalisten und Politiker

von Philipp Peyman Engel  31.07.2025 Aktualisiert