Buch

Paradoxe Konstellation

Geehrt: Charlotte Knobloch Foto: dpa

Am 5. September 2012 hatte Charlotte Knobloch in der Süddeutschen Zeitung angesichts der Beschneidungsdebatte und antisemitischer Übergriffe die Frage an die Deutschen gestellt: »Wollt ihr uns Juden noch?« Daraufhin haben 22 Stipendiatinnen und Stipendiaten des jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES) den 80. Geburtstag der früheren Zentralratspräsidentin am 29. Oktober zum Anlass genommen, sich über diese Frage Gedanken zu machen. Knobloch ist die Schirmherrin des Studienwerks. Die Texte sind gesammelt in dem Buch Ein Leben für Deutschland – Inspiration für kommende Generationen, das Charlotte Knobloch am heutigen Donnerstag überreicht wird.

Loyalitäten In den Briefen werden ganz verschiedenartige Beispiele heutiger Existenz junger Juden in Deutschland greifbar. Etwa in den Worten des Doktoranden Grigori Khislavski: »Als 16-jähriger Kontingentflüchtling und Mitglied der jüdischen Gemeinde in Frankfurt empfand ich es als ziemlich meschugge, in einem christlich-jüdischen Europa zu leben und in der Schule dafür gelobt zu werden, dass ich mich ja schon so gut integriert hätte.

Als ich dann angestrengt über diese von mir als paradox empfundene Konstellation nachdachte, fasste ich den Entschluss, durch das Studium der Geschichte mein Leben zu erleichtern.« Und die Anglistikstudentin Dilia Regnier schreibt: »Ich kann nicht sagen, dass ich Deutschland liebe. Aber ich liebe das bayerische Dorf, in dem ich groß geworden bin, und den See, an dem es liegt. Ich liebe meine deutschen Verwandten und viele gute, treue Freunde. (...) Und ich liebe es, unter Juden zu sein, egal wo. Solange es möglich ist, hier zu leben, ohne eine dieser Loyalitäten verleugnen zu müssen, will ich bleiben.« ja

Walter Homolka, Johannes CS Frank (Hrsg.): »Ein Leben für Deutschland – Inspiration für kommende Generationen. Geburtstagsbriefe von Stipendiatinnen und Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks an ihre Schirmherrin«. Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk, Berlin 2012, 108 S., 14,90 €

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

von Ulf Poschardt  29.06.2025