Terror

»Noch viele Fragen offen«

Der Historiker Michael Brenner Foto: Gregor Zielke

Terror

»Noch viele Fragen offen«

Der Historiker Michael Brenner über eine neue Kommission zur Aufarbeitung des Olympia-Attentats von 1972

von Lilly Wolter  14.05.2023 09:51 Uhr

Herr Brenner, jahrzehntelang haben Angehörige der Opfer des Olympia-Attentats um Entschädigung gekämpft und eine Kommission zur Aufarbeitung der Ereignisse gefordert. Das Innenministerium hat diese nun eingerichtet und Sie als Historiker einberufen. Wie bereiten Sie sich auf diese Aufgabe vor?
Die Kommission trifft sich Ende Mai zum ersten Mal. Wir werden dann gemeinsam beraten, wie wir vorgehen. Erst danach können wir konkrete Schritte benennen.

Welche wissenschaftlichen Disziplinen kommen in der Kommission zusammen?
In der Kommission sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Israel und England vertreten, die sich mit Sozialgeschichte, Kulturgeschichte, Sportgeschichte und vor allem mit den verschiedenen Formen des modernen Terrorismus beschäftigen.

Wie erklären Sie es, dass die Aufarbeitung des Attentats bis heute nicht erfolgte?
Genau das wird auch zu unseren Forschungsaufgaben gehören. Es wird ja nicht nur um das Olympia-Attentat gehen, sondern auch um die Geschichte des Terrors davor und danach und um die mangelhafte Aufarbeitung während eines halben Jahrhunderts. Aber ich denke, man kann jetzt schon sagen, dass man natürlich verstehen muss, wie München 1972 ein Gegenbeispiel zu Berlin 1936 sein wollte.

Inwiefern?
Man beabsichtigte lockere Spiele, wollte ein neues Deutschland zeigen und verzichtete daher auch auf notwendige Sicherheitsvorkehrungen. Scham und Schuld sind sicher Motive, die einer ehrlichen Aufarbeitung im Wege standen. Die Frage, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, ist, ob die Politik darüber hinaus auch bewusst eine Aufklärung verhindert hat und was es dabei zu verbergen galt.

Welche Fragen sind bis heute offen?
Bisher ist zur Vorgeschichte des Anschlags in München noch vieles offen. Das beginnt schon mit dem Anschlag auf das Jüdische Altersheim in München vom Februar 1970. Aber auch zur Nachgeschichte interessiert uns natürlich vieles, zum Beispiel die Umstände der Entführung des Lufthansa-Fluges 615 von Damaskus nach Frankfurt im Oktober 1972, durch die dann die drei verhafteten Terroristen freigepresst wurden.

Die Archive zur Erforschung des Falls sollen jetzt erstmalig zugänglich gemacht werden. Was genau beinhalten diese Archive?
Genau das werden wir erarbeiten müssen. Sicher ist, dass es zahlreiche Unterlagen gibt, die aufgrund geheimdienstlicher Interessen noch nicht zugänglich waren – und wir hoffen, darauf Zugriff zu erhalten.

Die Untersuchungen sollen innerhalb von drei Jahren abgeschlossen sein. Ist das ein realistischer Zeitrahmen?
Ich denke, ja. Die Kommission wirkt ja ehrenamtlich im Hintergrund. Es sollen drei hauptamtliche Historiker beauftragt werden, diese Geschichte zu erforschen. Wenn es nach drei Jahren noch nicht so weit sein sollte, mit den Ergebnissen an die Öffentlichkeit zu gehen, muss man noch einmal darüber sprechen. Als Ausgangspunkt halte ich dies aber für realistisch.

Mit dem Professor für Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München sprach Lilly Wolter.

Musik

1975: Das Jahr großer Alben jüdischer Musiker

Vor 50 Jahren erschienen zahlreiche tolle Schallplatten. Viele der Interpreten waren Juden. Um welche Aufnahmen geht es?

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Interview

»Eine Heldin wider Willen«

Maya Lasker-Wallfisch über den 100. Geburtstag ihrer Mutter Anita Lasker-Wallfisch, die als Cellistin das KZ Auschwitz überlebte, eine schwierige Beziehung und die Zukunft der Erinnerung

von Ayala Goldmann  17.07.2025 Aktualisiert

Interview

»A reluctant hero«

Maya Lasker-Wallfisch about the 100th birthday of her mother Anita Lasker-Wallfisch, musician and survivor of Auschwitz, a birthday concert and a private visit of the King of the United Kingdom

von Ayala Goldmann  17.07.2025

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

Meinung

Fereidoonis Leitfaden: Gut gemeint, schlecht gemacht

Der Didaktikprofessor Karim Fereidooni hat Empfehlungen für den Umgang mit dem Gazakrieg in Schulen vorgelegt. Trotz guter Absichten weist das Papier erhebliche Schwächen auf, wie ein Forschungsverbund zurecht kritisiert

von Marc Jacobsen, Patrick Viol  17.07.2025

Marbach

Israelische Soziologin Eva Illouz hält Schillerrede

Illouz widme sich dem Einfluss wirtschaftlichen Denkens und Handelns und greife damit Widersprüche kulturgeschichtlich auf, hieß es

 16.07.2025

Berlin

Mögliche Einigung über Raubkunst-Plastik?

Streit um den Tänzerinnenbrunnen: Anwälte von Erben und Georg Kolbe Museum kamen zu erstem Treffen zusammen

 17.07.2025 Aktualisiert

Aufgegabelt

Teiglach

Rezepte und Leckeres

 16.07.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 17. Juli bis zum 25. Juli

 16.07.2025