Glosse

Nisht keyn joke

Foto: Getty Images

In der »Zeit« bin ich auf eine interessante ganzseitige Werbung gestoßen. Die Japaner Itano, Kawakita und Miyoshi fordern die EU dazu auf, die englische Vorherrschaft zu beenden. Europa soll die Sprache Esperanto in seinen Mitgliedsländern einführen. Die Menschheit, so Itano, Kawakita und Miyoshi, wird dann »kein Englisch mehr lernen wollen«.

Itano und Kawakita sind die Schwiegersöhne von Miyoshi. Er hat übrigens den kleinsten Faltrollstuhl der Welt, den »Swany Mini«, erfunden. Damit ist er reich geworden.

esperanto Ich selbst spreche kein Wort Esperanto. Soviel ich weiß, handelt es sich um einen Mischmasch aus romanischen Sprachen und deutschen Einsprengseln. Ich hoffe, das ist einigermaßen richtig beschrieben.

Da ich nicht mehr schulpflichtig bin, ist es mir eigentlich egal, ob die EU nun Esperanto als Pflichtfach einführt. Als ich die drei kleingewachsenen Japaner auf der Seite sah, dachte ich mir aber: »Warum wollt ihr nicht, dass Jiddisch die englische Vorherrschaft beendet?« Denn Jiddisch ist ja auch ein Kunterbunt aus allen europäischen Kultursprachen. Und es ist sehr leicht zu lernen. Es gibt zwar immer noch Leute, die behaupten, es gebe eine Grammatik im Jiddischen. Gut möglich, aber wen interessiert’s?

Die Vorstellung, dass in zehn Jahren alle Europäer Jiddisch beherrschen, ist einzigartig. Olaf Scholz, wenn er dann noch Kanzler ist, würde den Haushaltsplan auf Jiddisch verteidigen, und Friedrich Merz würde am Rednerpult nur noch »Oj wawoj« schreien.

»schimpfedig« Das Schöne am Jiddischen ist, dass die Sprache enorm fluid ist. Ich selbst erfinde jede Woche ein neues Wort, das sich jiddisch anhört: »schimpfedig«, »schmeckedig«, »schleckedig« oder »schmerzedig«. Miyoshi, der Faltrollstuhl-Erfinder, will, dass Englisch seine Vorherrschaft in Europa verliert. Erstens denke ich nicht, dass Englisch die wichtigste Sprache in Europa ist. Und zweitens ergänzen sich Jiddisch und Englisch »very good«.

Nisht keyn joke: Wer in New York den Menschen zuhört, ist überrascht, wie auch Gojim jiddische Ausdrücke verwenden. Und zwar mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass Miyoshi seine Freude hätte.

Überhaupt finde ich es etwas seltsam, dass drei Japaner die Sprachenvielfalt in Europa umkrempeln wollen. Sobald ich zwei Schwiegersöhne habe, werden wir das Gleiche in Asien machen. Wir fordern dann, dass das Alpenjiddisch, also Schwyzertütsch, die japanische Vorherrschaft ablöst. Nicht in 20, sondern in zehn Jahren! Di host verstanen?

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  25.12.2025

ANU-Museum Tel Aviv

Jüdische Kultobjekte unterm Hammer

Stan Lees Autogramm, Herzls Foto, das Programm von Bernsteins erstem Israel-Konzert und viele andere Originale werden in diesen Tagen versteigert

von Sabine Brandes  25.12.2025

Menschenrechte

Die andere Geschichte Russlands

»Wir möchten, dass Menschen Zugang zu unseren Dokumenten bekommen«, sagt Irina Scherbakowa über das Archiv der von Moskau verbotenen Organisation Memorial

 25.12.2025

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025