Medien

»Neugierig und offen bleiben«

Richard C. Schneider Foto: dpa

Medien

»Neugierig und offen bleiben«

Richard C. Schneider über die Israel-Berichterstattung und antisemitische Leserbriefe

von Philipp Peyman Engel  21.10.2015 12:03 Uhr

Herr Schneider, es gibt nicht viele Themen die so stark polarisieren wie Israel. Ist es da als Journalist besonders schwierig, objektiv über den jüdischen Staat zu berichten?
Die Frage der Objektivität stellt sich bei jedem Thema und natürlich und gerade auch beim Thema Israel-Palästina. Man muss sich dessen bewusst sein, dass es hundertprozentige Objektivität nicht gibt. Man kann nur versuchen so ehrlich wie möglich zu berichten und die Fakten nicht zu verdrehen.

Nur wenige Medien in Deutschland haben in den ersten Tagen über die teils tödlichen Messer-Attacken in Israel berichtet. Erst als die israelischen Sicherheitskräfte dazu übergingen, die palästinensischen Attentäter auszuschalten, lief die Berichterstattung an. Weshalb?
Ich kann nur für mich und meinen Sender sprechen. Ich habe sofort angefangen zu berichten. Doch so zynisch es sich anhören mag: Mit der Flüchtlingsdebatte, Pegida und dem Syrienkonflikt gab es schlicht und einfach viele andere Themen in der Tagesschau und den Tagesthemen, die kaum Platz für mein Berichtsgebiet ließen.

In den Berichten deutscher Journalisten über die sogenannte Messer-Intifada verschwimmen Täter und Opfer oft bis zur Unkenntlichkeit. Was ist der Grund: Ahnungslosigkeit, Befangenheit, Schlampigkeit?
Dass viele Journalisten gerade beim israelisch-palästinensischen Konflikt Aktion und Reaktion vertauschen, ist leider nichts Neues. Ich denke, es gibt grundsätzlich drei Arten Journalisten. Die einen kommen mit einer vorgefassten Meinung in ein Krisengebiet und schreiben nur das, was ihre Meinung bestätigt. Dann gibt es jene, die sich irgendwann auf eine der beiden Seiten stellen und nur noch demgemäß berichten. Die dritte Gruppe versucht den Spagat, beide Seiten zu verstehen.

Zu welcher Gruppe zählen Sie sich?
Man muss als Journalist neugierig und offen bleiben. Die politische Situation hier ist besonders komplex. Es gibt kein schwarz und weiß, sondern sehr viele Grautöne. Diese Komplexität versuche ich als Journalist darzustellen und zu erklären. Ob mir das gelingt, muss der Zuschauer entscheiden

Welche Rückmeldungen zu Ihren Beiträgen bekommen Sie von den Zuschauern?
Bei den Zuschriften muss man immer vorsichtig sein, weil sie nicht repräsentativ sind. Die meisten melden sich ja nur, wenn sie etwas auszusetzen haben. Aber eine Tendenz der letzten Jahre ist, dass das Feedback zunehmend schriller, aggressiver und beleidigender wird. Das hat auch viel mit den social media zu tun.

Bekommen Sie antisemitische Leserpost?
Manche Zuschauer wissen, dass ich Jude bin. Wenn ich pro-israelisch berichte, heißt es: »Klar, Sie als Jude können ja nicht anders.« Wenn ich etwas Kritisches über Israel berichte, höre ich den Vorwurf: »Das tun Sie als Jude nur, um so zu tun als ob sie objektiv seien.« So etwas nehme ich nicht ernst. Worüber ich immer lachen muss, ist, wenn Zuschauer meinen Background nicht kennen und mich als Antisemiten beschimpfen. Das ist wirklich lustig.

Mit dem Leiter des ARD-Studios Tel Aviv sprach Philipp Peyman Engel.

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Films über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Berlin

»Stärker als die Angst ist das menschliche Herz«

Die Claims Conference präsentiert in einem Bildband 36 Männer und Frauen, die während der Schoa ihr Leben riskierten, um Juden zu retten

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Auszeichnung

Theodor-Wolff-Preis an Journalisten vergeben

Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den langjährigen Chefredakteur des »Berliner Tageblatts«, Theodor Wolff (1868-1943)

 17.09.2025

Los Angeles

Barbra Streisand über Dreh mit Robert Redford: »Pure Freude«

Mit dem Klassiker »The Way We Were« (»So wie wir waren«) brachen die beiden Stars in den 70er-Jahren Millionen Herzen. Nach dem Tod von Redford blickt Hollywood-Ikone Streisand zurück auf den Dreh

von Lukas Dubro  17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Für Toleranz, Demokratie: Margot Friedländer Preis vergeben

Es ist die erste Preisverleihung nach dem Tod der Stifterin. Ausgezeichnet wird der Einsatz für die Ideale der im Frühjahr gestorbenen Holocaust-Überlebenden

 17.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025

Literatur

Bestseller aus Frankreich: »Der Barmann des Ritz«

Philippe Collin hat ein packendes Porträt über einen jüdischen Barkeeper im Zweiten Weltkrieg geschrieben

von Sibylle Peine  16.09.2025