Sehen!

Max Liebermann in Darmstadt

Die Ausstellung im Hessischen Landesmuseum ist ambitioniert – und nimmt sich womöglich zu viel vor

von Eugen El  03.11.2021 10:18 Uhr

Max Liebermann: Selbstbildnis mit Pinsel, 1913 Foto: Stiftung Stadtmuseum Berlin / Reproduktion Michael Setzpfandt

Die Ausstellung im Hessischen Landesmuseum ist ambitioniert – und nimmt sich womöglich zu viel vor

von Eugen El  03.11.2021 10:18 Uhr

Es war ein handfester Skandal. Als Max Liebermann 1879 in München sein Gemälde »Der zwölfjährige Jesus im Tempel« präsentierte, erregten sich die antisemitisch gestimmten Gemüter. Hatte der aufstrebende Berliner Maler es doch gewagt, Jesus als einen jüdischen Jungen im Disput mit den Schriftgelehrten des Jerusalemer Tempels darzustellen. Das einstige Skandalbild, heute im Bestand der Hamburger Kunsthalle, ist derzeit in Darmstadt zu sehen.

Unter dem Titel Ich. Max Liebermann – Ein europäischer Künstler zeigt das dortige Hessische Landesmuseum zahlreiche Werke Liebermanns im Dialog mit Zeitgenossen wie Claude Monet und Camille Pissarro, aber auch Vorbildern wie Rembrandt sowie jüngeren Künstlern seiner Zeit wie Max Beckmann. Insgesamt 107 Gemälde sind zu sehen, darunter viele Leihgaben aus hochkarätigen europäischen Museumssammlungen.

IMPRESSIONISMUS Die Schau demonstriert Liebermanns künstlerische Entwicklung von einer an Hollands Alten Meistern geschulten Malerei in gedeckten Farbtönen hin zu einem französisch inspirierten, in Licht schwelgenden Impressionismus. Unzählige Reisen führten Max Liebermann in die Niederlande, wo er Museen ebenso wie die Nordseeküste besuchte und Künstlerfreundschaften unterhielt.

Liebermann malte Küstenlandschaften und Stadtszenen. So halten etwa mehrere Gemälde in flüchtiger Manier das Alltagsgeschehen in der Amsterdamer Judengasse fest. Einen fast schon lieblichen Kontrapunkt setzen Liebermanns Gartenbilder, die von 1914 bis zu seinem Tod 1935 rund um sein Sommerhaus am Wannsee entstanden.

Die Schau ist ambitioniert – und nimmt sich womöglich zu viel vor. Das »Ich« Max Liebermanns kommt anhand weniger Selbstporträts nur begrenzt zur Geltung. Als Mensch und Zeitgenosse wird der einstige Präsident der Preußischen Akademie der Künste erst gar nicht sichtbar. In Darmstadt begegnet der Besucher vor allem dem Maler Max Liebermann. Der Preis dieses Seherlebnisses ist eine viel zu dichte Hängung, die den Gemälden wenig Raum zur Entfaltung – man möchte fast sagen, zum Atmen – lässt.

USA

Daniel Kahneman ist tot

Der Wissenschaftler Daniel Kahneman kombinierte Erkenntnisse aus Psychologie und Ökonomie

 28.03.2024

Bildung

Kinderbuch gegen Antisemitismus für Bremer und Berliner Schulen

»Das Mädchen aus Harrys Straße« ist erstmals 1978 im Kinderbuchverlag Berlin (DDR) erschienen

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Kultur

Über die Strahlkraft von Europa

Doku-Essay über die Theater-Tour von Autor Bernard-Henri Levy

von Arne Koltermann  26.03.2024

Projekt

Kafka auf Friesisch

Schüler der »Eilun Feer Skuul« in Wyk auf Föhr haben ihre friesische Version des Romans »Der Verschollene« vorgestellt

 25.03.2024

Sachbuch

Persönliches Manifest

Michel Friedman richtet sich mit seinem neuen Buch »Judenhass« bewusst an die allgemeine Öffentlichkeit, er appelliert aber auch an den innerjüdischen Zusammenhalt

von Eugen El  25.03.2024

Berlin

Hetty Berg als Direktorin des Jüdischen Museums bestätigt

Ihr sei es gelungen, die Institution »als Leuchtturm für jüdisches Leben« weiterzuentwickeln, heißt es

 25.03.2024

Judenhass

Wie der Historikerstreit 2.0 die Schoa relativiert

Stephan Grigat: Der Angriff auf die »Singularität von Auschwitz« kommt nun von links

 25.03.2024

László Krasznahorkai

Geschichten am Rand eines Strudels

Jedes Jahr wird der Ungar als Literaturnobelpreisträger gehandelt. Drei neue Erzählungen zeigen seine Meisterschaft

von Maria Ossowski  24.03.2024