Innovation

Kühlende Strahlen

In der Sonne können sich Autos stark aufheizen. Foto: imago images/vckeng

Innovation

Kühlende Strahlen

Ein israelisches Start-up möchte Auto-Klimaanlagen mit Sonnenlicht betreiben – und konnte Volkswagen für die Idee gewinnen

von Ralf Balke  16.05.2022 08:00 Uhr

Im Sommer ist es wieder so weit: Man steigt ins Auto und bekommt beinahe einen Hitzschlag, weil das Fahrzeug einige Stunden ungeschützt in der prallen Sonne stand. Temperaturen von bis zu 60 Grad im Innenraum sind dann möglich. Gut, dass der Wagen über eine Klimaanlage verfügt, die schnell für kühle Luft sorgt.

Doch das hat seinen Preis: Manche dieser Geräte enthalten problematische Kältemittel, und auch die Nutzung belastet Umwelt und Geldbeutel. Denn je nach Ausführung und Temperatureinstellung schrauben Klimaanlagen den Spritverbrauch bis zu 15 Prozent in die Höhe, heißt es beim ADAC.

VERFAHREN An alternativen Techniken wird deshalb überall fieberhaft gearbeitet. Ein neues und vielversprechendes Verfahren kommt jetzt aus Israel und bringt die Sonne ins Spiel. Das 2016 in Ness Ziona gegründete Cleantech-Start-up »SolCold« konnte mithilfe von »Yissum«, dem Technologietransferunternehmen der Hebräischen Universität in Jerusalem, eine Folie entwickeln, die das natürliche Phänomen der Wärmeabsorption einfach umkehrt.

Die Folie besteht aus vier Schichten, wobei die äußere das gesamte Spektrum der UV-Strahlen und Infrarotstrahlen reflektiert, aber einige Lichtteilchen durchlässt, die dann wiederum eine Kühlreaktion auslösen. »Das bedeutet, dass wir die Absorption der Wärme und des Sonnenlichts fast vollständig eliminieren können, was es dem Kühlmaterial in der zweiten Schicht ermöglicht, die Temperatur im Bereich darunter zu senken«, erläutert Yaron Shenhav, Co-Gründer und Chef von SolCold.

Yaron Shenhav kam als Student auf die Idee, Sonnenlicht in Kälte zu verwandeln.

Shenhav kam schon als Student der Elektrotechnik auf die Idee, Sonnenlicht in Kälte zu verwandeln, weil er im Hochsommer in seiner Wohnung in Tel Aviv mit einer defekten Klimaanlage zu kämpfen hatte. Er erklärt, dass dieser Prozess die Atome dazu zwingt, ihr Energieniveau zu senken und so einen Temperaturabfall zu erzeugen. »Alles, was man braucht, sind die Sonne und der freie Himmel.« Wird eine solche Folie auf einem Autodach appliziert, kann sie den Innenraum eines weißen Fahrzeugs um 25 Grad kühler machen, eines schwarzen sogar um 34 Grad.

KOOPERATION Viele Unternehmen fanden das Konzept von SolCold so cool, dass sie mit dem Start-up eine Kooperation eingegangen sind – darunter die Volkswagen-Gruppe, die 2018 ihren Tel Aviv Campus »Konnect« ins Leben rief, um das kreative Potenzial der israelischen Start-up-Szene anzuzapfen. Schon seit 2019 arbeite man zusammen, so SolCold, öffentlich machte man diese Verbindung aber erst jetzt.

»Volkswagen hatte uns von Anfang an auf dem Radar«, berichtet Shenhav. »Als wir es erstmals schafften, den Innenraum eines Wagens um elf bis 14 Grad abzukühlen, traten sie an uns heran und sagten: Lasst euer altes Auto stehen und nehmt eines von unseren. Was immer ihr gerade entwickelt, testet es bitte an unseren Fahrzeugen. Und das genau haben wir dann getan.« SolCold bekam einen VW Polo, versah das Dach und den Frontscheiben-nahen Armaturenbereich mit seiner Folie, die ständig weiterentwickelt wird. Denn noch kostet ein Quadratmeter davon zwischen 80 und 120 Dollar.

VW ist nicht der einzige Autobauer, der in Israel auf der Suche nach neuen Technologien ist.

Aus mehreren Gründen ist die Technologie für die Autoindustrie interessant: Weil sich der Energieeinsatz zum Kühlen eines Fahrzeugs so um 60 Prozent senken ließe, würde das einen positiven Effekt auf die Reichweite von Elektroautos haben. Und auch Leben können gerettet werden: Jeden Sommer sterben Babys oder Haustiere, weil sie einfach in einem Wagen gelassen werden, der in der prallen Sonne geparkt wurde.

Volkswagen ist übrigens nicht der einzige Autobauer, der in Israel auf der Suche nach neuen Technologien ist. Die anderen Marken der Gruppe, Audi, Porsche, Seat und Skoda, zeigen dort ebenso Flagge wie BMW, Renault oder Ford. Und es sind nicht nur innovative Klimaanlagen, die das Who’s who der Branche ins Land locken – angefangen vom autonomen Fahren bis hin zu Connectivity und Datensicherheit haben israelische Unternehmen zum Thema Mobilität eine Menge im Angebot.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  01.05.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  01.05.2025

Donna Anna (Adela Zaharia) und Don Ottavio (Agustín Gómez) in »Don Giovanni/Requiem«

Oper

Requiem nach der Höllenfahrt

Der Exilrusse Kirill Serebrennikov erschüttert mit »Don Giovanni« in Berlin

von Maria Ossowski  01.05.2025

Sehen!

»Der Meister und Margarita«

In Russland war sie ein großer Erfolg – jetzt läuft Michael Lockshins Literaturverfllmung auch in Deutschland an

von Barbara Schweizerhof  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025