London

Keine Lust auf Ruhestand

Theater-Legende Peter Brook Foto: imago images/alterphotos

Er gilt als Theater-Legende, doch Peter Brook hat keine Lust auf Ruhestand: »Solange das, was ich tue, noch lebendig und nützlich ist«, sagte er dem »Evening Standard« anlässlich des Lebedev Award für sein Lebenswerk, »ist das besser, als nur auf die Vergangenheit zurückzublicken.« Am Samstag feiert Peter Brook seinen 95. Geburtstag.

Gerade hat er eine neue Sammlung von Essays veröffentlicht. Und ebenfalls in diesem Jahr wird Brook eine Deutschlandpremiere feiern: Why soll im Mai bei den Ruhrfestspielen in Recklinghausen zu sehen sein. Drei Darsteller eröffnen sein Stück mit den Fragen »Wieso machen wir Theater? Worum geht es eigentlich? Wofür ist es gut?« – Fragen, die sich durch sein gesamtes Leben ziehen.

Familie Geboren wurde Peter Brook am 21. März 1925 als Sohn jüdischer Einwanderer aus Lettland in London. Seine Eltern nahmen ihn häufig ins Theater mit. Als er zehn war, führte er Hamlet mit Pappfiguren auf. »Die Ärmsten saßen dort etwa zwei Stunden«, erinnerte er sich im Gespräch mit dem US-Sender »NPR«. »Diese winzige Stimme, die schlecht liest und sagt: ›Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage‹!«

Seine Eltern nahmen ihn häufig ins Theater mit. Als er zehn war, führte er Hamlet mit Pappfiguren auf.

1943 brachte Brook Dr. Faustus auf eine Londoner Kneipenbühne. Mit Anfang 20 galt er als Wunderkind, inszenierte Shakespeare in Stratford-upon-Avon, aber auch Salome von Richard Strauss an der Londoner Royal Opera. Salvador Dalí schuf dafür so gewagte Bühnenbilder, dass Brook danach gekündigt wurde.

Komödien und Musicals machten ihn zum Star des Londoner West Ends. Er arbeitete mit Theatertitanen wie Laurence Olivier, John Gielgud und Vivien Leigh und wurde mit Ehrungen überhäuft. Brook probierte alles aus – »Kultur, Sex, Drogen, Religionen« –, bevor er 1951 die Schauspielerin Natasha Parry heiratete, mit der er bis zu ihrem Tode 2015 zusammen war.

Schauspieler Seine experimentelle Inszenierung von Peter Weiss’ Marat/Sade (1964), in der sich die Schauspieler in Insassen eines Irrenhauses verwandelten, bot einen Vorgeschmack auf sein bahnbrechendes Werk Der leere Raum. Damit modernisierte Peter Brook das Nachkriegstheater radikal: »Ich kann jeden leeren Raum nehmen und ihn eine nackte Bühne nennen.«

Eine Kampfansage an bürgerliche Inszenierungen. Heute sieht Brooks das etwas gelassener: Theater verändere sich, sagte er kürzlich dem »Evening Standard«. »Wir haben die Verantwortung, die Flamme nicht ausgehen zu lassen.«

Ursprünglich wollte er eigentlich Filmregisseur werden. Doch nach seinem Erfolgsstreifen Herr der Fliegen 1961 war ihm klar, dass die Bühne mehr Freiheiten bot: Dort könne man »ein Universum in einem leeren Raum heraufbeschwören, indem ein Schauspieler nur einen Stock aufhebt.« Beim Film sei man dagegen immer dem Budget und Produzenten ausgeliefert.

Nachkriegsproduktionen Seine Ideen vom nackten Raum setzte er 1970 mit einer legendären akrobatischen Shakespeare-Inszenierung um. Der Sommernachtstraum in einem rein weißen, kubischen Raum mit Trapezen gilt bis heute als eine der prägenden Nachkriegsproduktionen.

Peter Brooks Werk ist in seiner Vielfalt und Bedeutung so einzigartig, dass man seinen Einfluss auf das zeitgenössische Theater kaum überbewerten kann.

Im darauffolgenden Jahr zog Brook dauerhaft nach Paris. Dort gründete er das Internationale Zentrum für Theaterforschung, um sowohl afrikanische wie auch östliche Traditionen zu erforschen. Die internationale Truppe fand eine Heimat in dem ehemaligen Varietétheater »Théâtre des Bouffes du Nord«.

Statt das abgebrühte Londoner Publikum mit aufwendigen Produktionen zu beeindrucken, tourte Brook zeitweise mit seiner Improvisationstruppe durch afrikanische Dörfer, mit einem Teppich als Bühne.

Uraufführung Seine Inszenierungen wurden in den folgenden Jahrzehnten internationaler und kleiner. Mit einer Ausnahme: 1985 adaptierte er das Sanskrit-Epos Mahabharata. Die neunstündige Uraufführung fand in einem Steinbruch bei Avignon statt und endete bei Morgengrauen.

Peter Brooks Werk ist in seiner Vielfalt und Bedeutung so einzigartig, dass man seinen Einfluss auf das zeitgenössische Theater kaum überbewerten kann. Auf seine über 70-jährige Karriere blickt er dankbar zurück – »dass ich mit einem solchen Erfahrungsreichtum gesegnet worden bin«.

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025

Literatur

Bestseller aus Frankreich: »Der Barmann des Ritz«

Philippe Collin hat ein packendes Porträt über einen jüdischen Barkeeper im Zweiten Weltkrieg geschrieben

von Sibylle Peine  16.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Nach Absage in Belgien

Lahav Shani in Berlin: Ein außergewöhnliches Konzert

Der Israeli hielt die Spannung mit den Händen – der Dirigent und die Münchner Philharmoniker wurden mit Standing Ovations gefeiert

von Maria Ossowksi  16.09.2025

Berlin

Kulturausschuss lädt Dirigenten Lahav Shani zu Gespräch ein

Die Konzert-Absage an den israelischen Dirigenten sorgt für Kritik - und für Gesten der Solidarität. Nach einem Konzert in Berlin macht auch der Kulturpolitiker Sven Lehmann eine Ansage

 16.09.2025

Nach Absage in Belgien

Dirigent Shani in Berlin gefeiert

Nach der Ausladung von einem Festival werden die Münchner Philharmoniker und ihr künftiger Chefdirigent Lahav Shani in Berlin gefeiert. Bundespräsident Steinmeier hat für den Fall klare Worte

von Julia Kilian  15.09.2025

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025