Meinung

Kaviar für alle! Auch für Juden!

Der kürzlich zu Geld gekommene Goldstein besucht zum ersten Mal in seinem Leben ein Sterne-Restaurant. Er studiert die Karte und ruft den Kellner: »Herr Ober, was ist bitte Kaviar?« »Das sind Eier vom Stör, der Herr.« »Gut, dann nehm› ich zwei, weich gekocht, bitte.«

Der Witz ist alt. Heute wissen Juden längst, was Kaviar ist. Israel produziert sogar, wie der »Spiegel« diese Woche meldet, den besten Störrogen der Welt, der, so das Magazin, unter Feinschmeckern mittlerweile begehrter ist als der aus dem Iran (Ätsch bätsch, Ahmadinedschad!). In alle Welt werden die Fischeier aus einem Kibbuz am Golan exportiert.

Hautevolee Nur die eigenen Landsleute haben nichts davon. Nicht, weil sie sich Kaviar nicht leisten könnten. Okay, die meisten Israelis wirklich nicht; die wissen kaum, wie sie normale Lebensmittel im Supermarkt bezahlen sollen. Aber auch der jüdische Staat hat dank Netanjahus Wirtschaftspolitik inzwischen seine genussorientierte, finanzkräftige Hautevolee, deren Angehörige als gute Patrioten gerne einheimischen Kaviar genießen würden. Wenn das Oberrabbinat sie bloß ließe.

Doch das legt sich quer: Da Stör keine Schuppen habe, sei er nicht koscher, dito seine Eier. Zwar gibt es das seriöse halachische Gegenargument, dass, weil junge Störe durchaus Schuppen haben, die sich erst später in eine Art Panzer verwandeln, dieser Fisch nicht treif ist. Deshalb erlaubt das in den USA majoritäre konservative Judentum den Genuss von Kaviar. Doch in Israel bestimmt die Orthodoxie.

Die Leidtragenden sind die orthodoxen jüdischen Gourmets, soweit sie sich an rabbinische Edikte halten. Fast alle hochklassigen Delikatessen sind ihnen untersagt: Hummer, Langusten und Austern fallen flach, saftige Wagyu-Filetsteaks nach englischer, sprich: blutiger Art sind auch nicht statthaft, ebenso wenig die Rohmilchkäseplatte nach dem Fleischgang. An exquisiten Genüssen bleiben dem frommen Feinschmecker gerade noch Trüffel, die als Pilze parve sind.

Rein theoretisch käme Foie gras hinzu. Die ist koscher. Doch die edle Gänsestopfleber ist in weiten Teilen der westlichen Welt inzwischen tabu, des Tierschutzes wegen. Versuchen Sie mal, in einem deutschen oder amerikanischen Restaurant heute Foie gras zu bestellen. Eher kriegt man in Mea Schearim Schweinskopfsülze serviert. Schwer zu sejn a jiddischer Gourmet!

Aufgegabelt

Couscous mit Gemüse

Rezept der Woche

von Katrin Richter  24.10.2025

Rezension

Kafkaeskes Kino: »Franz K.«

Die Regisseurin, die für Hitlerjunge Salomon eine Oscar-Nominierung erhielt, hat das Leben des Schriftstellers verfilmt. Der Zuschauer darf »Franz K.« nicht nur als gequältes Genie-Klischee, sondern als dreidimensionalen Menschen erleben

von Patrick Heidmann  24.10.2025

Talmudisches

Das Schicksal der Berurja

Die rätselhafte Geschichte einer Frau zwischen Märtyrertum und Missverständnis

von Yizhak Ahren  24.10.2025

Dresden

Jüdische Woche eröffnet

Das Event bietet bis Sonntag Tanz, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Gesprächsrunden

 24.10.2025

Malerei

Zwischen den Welten

Südafrikanerin, Deutsche, Jüdin: Das Berliner Brücke-Museum würdigt die vergessene Expressionistin Irma Stern mit einer großen Ausstellung

von Bettina Piper  23.10.2025

Shkoyach!

Der Belarusse ist einer, der Birkensaft liebt

Wenn man sich schon auf eine komplizierte Sprache, andere Umgangsformen und ein gewöhnungsbedürftiges Klima einlässt, dann soll einem wenigstens das heimische Essen Halt geben: Unser Autor kostet noch einmal das Lieblingsgetränk seiner Kindheit

von Eugen El  23.10.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 23. Oktober bis zum 31. Oktober

 23.10.2025

Netflix-Serie

»Nobody Wants This«: Zweite Staffel ab heute verfügbar

Keine Produktion seit »Srugim« habe Rabbiner und Synagogen so unterhaltsam dargestellt, heißt es in israelischen Medien. Ab heute geht es in die nächste Runde

 23.10.2025

Zahl der Woche

384 Betten

Fun Facts und Wissenswertes

 21.10.2025