Glosse

Immer wieder montags

Klingt doch schon fast nach Großraumbüro. Foto: Getty Images

Glosse

Immer wieder montags

Lästern, schmatzen, Pingpong – ich gebe zu: Ich vermisse das Büro

von Margalit Edelstein  17.01.2022 11:43 Uhr

Punkt halb elf an einem beliebigen Montagvormittag: Aus dem Nebenbüro dringen, wie jeden Tag, nervtötende Krack- und Knusperlaute – der Kollege mit dem Magenleiden beißt gerade genussvoll in seine Gesundheits-Reiswaffeln aus dem Reformhaus. Meine Zähne beginnen vor lauter Gereiztheit wie von selbst zu knirschen. Am liebsten würde ich den Kollegen erwürgen, denn das Geräusch macht mich wahnsinnig!

Schlimmer ist eigentlich nur noch das trompetenartige Nieskonzert, das ein paar Mal pro Tag aus dem Chefbüro dringt, das nervöse Hüsteln und Räuspern der Kollegin im Büro gegenüber oder das schmatzende Kaugummikaugeräusch des neuen Praktikanten.

Wahnsinn Aber, wer hätte das gedacht: Alle diese Geräusche, die mich bis vor Kurzem noch beinahe in den Wahnsinn getrieben haben, sind jetzt schon seit Langem verstummt. Und ich vermisse sie! Seit Monaten umgibt mich nur noch erdrückende Stille, denn ich bin ganz allein zu Hause im Homeoffice. Ich fühle mich irgendwie einsam. Nie hätte ich gedacht, dass ich die nervige Büro-Geräuschkulisse mal vermissen würde.

Und ich bin anscheinend nicht die Einzige! Als ich neulich »I miss the office« googelte, stieß ich auf »imisstheoffice.eu«, die Webseite für akustische Großraumbüro-Nostalgie. Dort kann man sich den vollständigen, schmerzlich entbehrten Büro-Soundteppich online selbst zusammenstellen: Die Webseite zeigt den Grundriss eines Großraumbüros, mit kleinen bunten kugelförmigen Kollegen, die an Schreibtischen sitzen, vor dem Drucker stehen oder auf dem Weg in die Teeküche sind.

Klickt man die Kugeln an, ertönen die verschiedensten vertrauten Bürogeräusche: ein ratterndes Druckergeräusch, eine vor sich hin gluckernde Kaffeemaschine mitsamt heimeligem Kaffeetassenklappern, verschiedene muntere Tippgeräusche und – da hinten in der Ecke spielt doch tatsächlich jemand Bürotisch-Pingpong!

Eine andere Webseite ist »soundsofcolleagues.com«, die ebenfalls bei akuter Bürosehnsucht hilft. Hier kann man sich seine eigene kleine Bürokomposition arrangieren, es gibt mehrere Regler, die man nach Wunsch hoch- und runterziehen kann, zum Beispiel für »Telefon«, »Klimaanlage«, »Plausch in der Mittagspause« oder sogar »Bürohund«. Alles zusammen ergibt dann die ganz persönliche Office-Symphonie. Ach, wäre man doch bloß wieder im Büro!

Facebook Wem die Soundkulisse nicht ausreicht, um sich für ein paar glückliche Momente zurück ins Büro zu beamen, der kann es auch noch weitertreiben und sich einer Büro-Rollenspiel-Gruppe anschließen, zum Beispiel auf Facebook: »Wir arbeiten alle im selben Büro«.

Das Motto der Gruppe: genussvolles Lästern, Nölen und Klagen über den eigenen Job! Eben Büro-Drama pur. In der Gruppe gibt es frustrierte IT-Helpdesk-Mitarbeiter, gelangweilte Buchhalter, überforderte Sekretärinnen und planlose Praktikanten – insgesamt haben sich bereits 150.000 Bürofans bei der Gruppe eingeschrieben. Gleich morgen trete auch ich bei!

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Nach zwölf Jahren kommt nun die Fortsetzung des Weltbestsellers ins Kino

von Peter Claus  25.12.2025

ANU-Museum Tel Aviv

Jüdische Kultobjekte unterm Hammer

Stan Lees Autogramm, Herzls Foto, das Programm von Bernsteins erstem Israel-Konzert und viele andere Originale werden in diesen Tagen versteigert

von Sabine Brandes  25.12.2025

Menschenrechte

Die andere Geschichte Russlands

»Wir möchten, dass Menschen Zugang zu unseren Dokumenten bekommen«, sagt Irina Scherbakowa über das Archiv der von Moskau verbotenen Organisation Memorial

 25.12.2025

Rezension

Großer Stilist und streitbarer Linker

Hermann L. Gremliza gehört zu den Publizisten, die Irrtümer einräumen konnten. Seine gesammelten Schriften sind höchst lesenswert

von Martin Krauß  25.12.2025

Glastonbury-Skandal

Keine Anklage gegen Bob-Vylan-Musiker

Es lägen »unzureichende« Beweise für eine »realistische Aussicht auf eine Verurteilung« vor, so die Polizei

 24.12.2025

Israel

Pe’er Tasi führt die Song-Jahrescharts an

Zum Jahresende wurde die Liste der meistgespielten Songs 2025 veröffentlicht. Eyal Golan ist wieder der meistgespielte Interpret

 23.12.2025

Israelischer Punk

»Edith Piaf hat allen den Stinkefinger gezeigt«

Yifat Balassiano und Talia Ishai von der israelischen Band »HaZeevot« über Musik und Feminismus

von Katrin Richter  23.12.2025

Los Angeles

Barry Manilow teilt Lungenkrebs-Diagnose

Nach wochenlanger Bronchitis finden Ärzte einen »krebsartigen Fleck« in seiner Lunge, erzählt der jüdische Sänger, Pianist, Komponist und Produzent

 23.12.2025

Hollywood

Ist Timothée Chalamet der neue Leonardo DiCaprio?

Er gilt aktuell als einer der gefragtesten Schauspieler. Seine Karriere weckt Erinnerungen an den Durchbruch des berühmten Hollywood-Stars - der ihm einen wegweisenden Rat mitgab

von Sabrina Szameitat  22.12.2025