Nachruf

»Hollywood verändert alles«

Luise Rainer (1910–2014) Foto: dpa

Sie galt als »Deutschlands unberühmtester Hollywood-Star«. Als bislang einzige deutsche Schauspielerin wurde sie mit einem Oscar bedacht. Und sie war auch die erste Darstellerin, die die begehrte Auszeichnung zweimal in Folge gewann. Am Dienstag ist Luise Rainer gestorben, knapp zwei Wochen vor ihrem 105. Geburtstag. Im Londoner Nobelviertel Belgravia, wo sie seit vielen Jahrzehnten gelebt hatte.

Als vor ein paar Jahren bei einem Umzug ein Möbelpacker die Oscar-Statuette sehnsuchtsvoll beäugte, schenkte Luise Rainer sie ihm kurzerhand. Doch die Reue folgte auf dem Fuße, erzählte sie in einem Interview: »Ich habe in Hollywood angerufen. Die Academy hat sofort einen neuen Oscar geschickt.«

Theater Eigenwillig war Rainer schon als Jugendliche. In Düsseldorf am 12. Januar 1910 in eine großbürgerliche jüdische Familie geboren, erkämpfte sie sich gegen den Willen des Vaters eine Theaterausbildung. Mit 16 Jahren sprach sie bei Max Reinhardt vor – vergeblich. Aber schon wenige Jahre später holte der Theatermann sie in sein Ensemble. Die elfenhafte Brünette mit den träumerischem Augen und dem sinnlichem Mund hatte das Zeug zum Star.

Ein Hollywoodscout entdeckte Luise Rainer 1935 auf der Bühne des Wiener Volkstheaters und bot ihr einen Siebenjahresvertrag bei MGM an, jenem Studio, das im Hollywood der 30er-Jahre der Inbegriff für Glanz und Glamour war. Rainer hatte zwar schon beim deutschen Film Fuß gefasst. Doch die Bedrohung durch das Hitlerregime bestärkte sie in ihrem Entschluss, Europa zu verlassen.

Ihr Hollywood-Debüt gab Luise Rainer in Escapade – einem Film, von dem die New York Times schrieb, das einzig Bemerkenswerte an ihm sei der gelungene Auftritt von »Miss Rainer«. Der große Ziegfeld brachte 1936 den Durchbruch und den ersten Oscar. Der Film porträtiert den legendären New Yorker Show-Produzenten Florenz Ziegfeld jr., der mit opulenten Shows Broadway-Geschichte schrieb.

Oscar Luise Rainer spielte Ziegfelds geschiedene Ehefrau Anna. Den Oscar, so heißt es, verdankte sie einer Szene: In Nahaufnahme gefilmt, gratuliert Rainer ihrem Ex-Mann zur erneuten Hochzeit, todtraurig und lächelnd. Eine mimische Glanzleistung. Im Jahr darauf folgte dann der zweite Oscar für die Verfilmung von Pearls S. Bucks Bestseller Die gute Erde. Rainer spielte eine einfache chinesische Bäuerin, die mit ihrem Mann (Paul Muni) um eine bescheidene Existenz kämpft.

Mit Der große Walzer 1938 begann Rainers Auseinandersetzung mit dem Studio. Der Theaterschauspielerin war die Rolle als Johann Strauss‘ Ehefrau zu schlicht, wie alles, was MGM für sie nach der Guten Erde plante. Rainer hätte gern die Nora in einer Ibsen-Verfilmung gespielt oder neben Gary Cooper die Maria in Wem die Stunde schlägt, aber der allmächtige Studioboss Louis B. Mayer lehnte alles ab.

Mit ihrer Aufmüpfigkeit und ihren Ansprüchen passte die Schauspielerin nicht in das rigide Schema der Traumfabrik. Mayer habe ihr gedroht, sagt sie: »Wir haben Sie berühmt gemacht, Miss Rainer, und wir werden Sie vernichten.«

faschismus Da ist Luise Rainer gegangen. Ihr Vertrag wurde aufgelöst, sie spielte Theater in New York, und noch in zwei Filmen, nicht mehr bei MGM. Vor allem aber engagierte sie sich gegen den Faschismus in Europa. Luise Rainer half etwa Albert Einstein, europäischen Juden die Flucht in die USA zu ermöglichen. Sie schaffte es dank ihrer Prominenz sogar, ihren Vater aus dem KZ in die USA zu holen. Bei alledem bezeichnet sie sich selbst als unpolitisch: »Um gegen Hitler zu sein, muss man doch nicht politisch sein.«

Seit 1945 war Luise Rainer in zweiter Ehe mit dem britisch-schweizerischen Verleger Robert Knittel verheiratet. Das Paar lebte in der Schweiz und England, bekam eine Tochter, Francesca. Bis ins hohe Alter ist Rainer sporadisch in Fernsehserien und Filmen aufgetreten, so 1984 in einer Episode von Loveboat und 1997 in der Dostojewski-Verfilmung The Gambler.

Die wenigen Jahre in Hollywood, die Erfahrungen in der
Traumfabrik, aber waren prägend für Luise Rainer. Sie sagte einmal: »Hollywood verändert alles. Ich bekomme täglich wieder Fanpost. Und warum? Weil sich junge Leute Ausschnitte meiner alten Filme auf YouTube ansehen. Hollywood hält ewig.«

Fernsehen

»Scrubs«-Neuauflage hat ersten Teaser

Die Krankenhaus-Comedy kommt in den Vereinigten Staaten Ende Februar zurück. Nun gibt es einen ersten kleinen Vorgeschmack

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

Imanuels Interpreten (15)

Elvis Presley: Unser »King«

Fast ein halbes Jahrhundert nach Elvis’ Tod deutet viel darauf hin, dass er Jude war. Unabhängig von diesem Aspekt war er zugleich ein bewunderns- und bemitleidenswerter Künstler

von Imanuel Marcus  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Fernsehen

Zieht Gil Ofarim ins Dschungelcamp? 

RTL kommentiert noch keine Namen - doch die Kandidaten-Gerüchte um Gil Ofarim und Simone Ballack sorgen schon jetzt für reichlich Gesprächsstoff

von Jonas-Erik Schmidt  27.11.2025

Rezension

Ein Feel-Good-Film voller kleiner Wunder

Ein Junge, der nicht laufen kann, Ärzte, die aufgeben, eine Mutter, die unbeirrt kämpft. »Mit Liebe und Chansons« erzählt mit Herz und Humor, wie Liebe jede Prognose überwindet

 27.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  27.11.2025