Fotografie

Herlinde Koelbl wird 80 Jahre alt

In ihren Arbeiten steht der Mensch stets im Mittelpunkt: Herlinde Koelbl in einer Ausstellung ihrer Werke in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, 2015 Foto: imago/epd

Porträts von Mächtigen oder Bilder aus Flüchtlingsunterkünften – Nähe, ohne Voyeurismus. Die Fotografin Herlinde Koelbl spiegelt in ihren Bildern die Gesellschaft wider. Oder noch genauer: den Menschen in seiner Gesamtheit. Das ist es, was in allen Arbeiten der berühmten deutschen Fotografin auftaucht.

Herlinde Koelbl fing mit 37 Jahren an zu fotografieren. Damals bekam sie von einem Freund ein paar Filmrollen geschenkt. Sie machte Fotos von ihren Kindern beim Gummihüpfen. Sie habe sie allerdings nicht von oben herab fotografiert, wie Erwachsene auf Kinder schauen, erzählt Koelbl. Sie habe sich zu den Kindern ins Gras gesetzt und sei damit ein Teil von ihnen geworden.

distanz Keine Distanz, stattdessen Nähe und Vertrauen. Das ist es, was die Arbeiten von Herlinde Koelbl ausmacht. Wie sie das schafft? »Grundsätzlich gibt es kein Rezept. Man kann Kuchen backen nach Rezept, aber Nähe zu Menschen zu erzeugen, ist ganz individuell«, sagt die Künstlerin. Entscheidend sei es, sich völlig auf den anderen einzulassen und das eigene Ego zurückzunehmen.

Ein Projekt ist der Fotografin besonders wichtig: die »Jüdischen Porträts«.

Ihre Handschrift zeigt sich in ihrem Projekt Das Deutsche Wohnzimmer. Das von ihr 1980 publizierte Buch gehört heute zu den Klassikern der deutschen Fotografiegeschichte. Dabei hat sie Menschen aus ganz verschiedenen Gesellschaftsschichten in ihren Wohnzimmern fotografiert.

Einige Jahre später folgte der Blick in die Schlafzimmer. »Das Wohnzimmer ist eigentlich ein Spiegel nach außen, während das Schlafzimmer ein Spiegel nach innen ist.« Dabei habe sie den Menschen nicht vorgegeben, was sie machen sollen. Sie hat nicht inszeniert.

dialog Herausgekommen ist ein intimer, aber nicht entblößender Blick in die privaten Räume der Menschen. Auch ein Eindringling ist Koelbl nicht. Sie gebe den Menschen Zeit, sich entfalten und öffnen zu können. »Jemanden zu fotografieren, ist immer ein Dialog«, erklärt sie.

Weltweit wurde Herlinde Koelbl mit ihren Porträts mächtiger Menschen bekannt. Zwischen 1991 und 1998 fotografierte sie Jahr für Jahr Personen aus Politik und Wirtschaft. Darunter Gerhard Schröder (SPD), Joschka Fischer (Grüne) und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Bilder sind eine Studie, die zeigt, wie Macht die Menschen verändert. Mit Merkel verabredet sich Koelbl noch immer jedes Jahr zu einem Fototermin.

Ein Projekt ist der Fotografin besonders wichtig: die »Jüdischen Porträts«. Auch sie sind ein Langzeitprojekt – über fünf Jahre entstanden. Sie wollte den Menschen, die den Holocaust überlebt hatten, ein Gesicht geben.

Koelbl sagt, sie habe es nicht für möglich gehalten, dass Attentate auf Juden jemals wieder möglich wären.

zeitzeugenberichte Die »Jüdischen Porträts« sind aber noch mehr. Es sind Zeitzeugenberichte, die von Antisemitismus und Hass gegenüber Juden sprechen. Koelbl sagt, sie habe es nicht für möglich gehalten, dass Attentate auf Juden jemals wieder möglich wären. Die Geschichte solle in Deutschland für immer präsent sein, sagt sie. »Aber jetzt ist es wieder möglich.« Und gerade deshalb seien die »Jüdischen Porträts«, diese Gesichter der Menschen, aber auch ihre Aussagen, so besonders wichtig.

Herlinde Koelbl hat in ihren 80 Jahren viele bekannte Persönlichkeiten getroffen und ist dabei selbst zu einer Ikone der deutschen Fotografie geworden. Und dennoch denkt sie gar nicht daran aufzuhören. »Als Künstler denkt man nicht an den Ruhestand«, sagt sie, »man lebt in dieser Erfüllung.«

Aktuell arbeite sie an einem großen, internationalen Projekt. Mit Text und Foto und auch Video. Viel verrät Koelbl aber noch nicht. »Meine Haltung ist: Man muss immer erst tun, und dann kann man darüber reden.« Darüber reden kann sie im Herbst kommenden Jahres – denn dann soll das Projekt ausgestellt und publiziert werden.

USA

Facebook-Gründer Zuckerberg zum dritten Mal Vater geworden 

Lange wurde über den Namen des Babys gerätselt. Jetzt wurde er bekannt. Das Paar Zuckerberg bleibt seinen besonderen Namensvorlieben treu

 24.03.2023

Berlin

Joachim Gauck und Herta Müller fordern Unterstützung für Exilmuseum

In der Hauptstadt entsteht ein Museum über die Vertreibung aus Deutschland während der NS-Zeit und heutige Fluchtbewegungen

von Bettina Gabbe  24.03.2023

Legenden

Reporter und Revolutionär

Vor 75 Jahren starb Egon Erwin Kisch: Seine Reportagebände haben bis heute nichts an ihrer Faszination verloren

von Michael Heitmann  24.03.2023

Ausstellung

Liebermann-Villa zeigt Fotoporträts des Künstlers

Zu sehen sind 16 Aufnahmen von Liebermann und seiner Familie aus den Jahren 1905 bis 1932

 24.03.2023

NS-Geschichte

»Flashes of Memory« im Land der Täter

Im Berliner Museum für Fotografie wird eine Ausstellung mit Holocaust-Bildern aus der Sammlung Yad Vashems gezeigt

von Imanuel Marcus  23.03.2023

Medizin

»Wir sind Weltmeister im Operieren«

Der Orthopäde Martin Marianowicz fordert ein Umdenken bei der Behandlung von Rückenschmerzen

von Lilly Wolter  23.03.2023

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  23.03.2023

Klassik

Daniel Barenboim ist zurück

Orchester der Barenboim-Said Akademie gibt Debüt

 22.03.2023

arte

TV-Tipp: »Der Pantomime Marcel Marceau«

Er war ein Künstler, der Unsagbares ohne Worte vermittelte. Zu seinem heutigen 100. Geburtstag wird nun eine ganz besondere Doku ausgestrahlt

von Ulrike Cordes  22.03.2023