Informatik

Handwerkszeug der Spötter

Wie immer ihrer Zeit voraus: Die Simpsons haben bereits einen Sarkasmus-Detektor. Foto: youtube.com

Das ist ja mal eine nützliche Erfindung. Zwei Doktoranden der Hebräischen Universität Jerusalem haben einen Sarkasmus-Detektor entwickelt. Die Informatiker Oren Tsur und Dmitry Davidov stellten ihren »SASI« genannten Computer-Algorithmus in diesen Tagen auf einer Konferenz der »Association for the Advancement of Artificial Intelligence« in Washington vor. Seit Jahren würden Linguisten und Informatiker weltweit versuchen, Programme zu entwickeln, die Sarkasmus in Texten erkennen könnten, doch seine Mitarbeiter seien die Ersten, denen das gelungen sei, verkündet der Doktorvater der beiden, Ari Rappoport, stolz.

Analyse Tsur und Davidov haben das Projekt innerhalb von nur neun Monaten entwickelt, indem sie zunächst Kundenrezensionen auf der Website des Online-Buchhändlers Amazon.com haben auswerten lassen. Die Mitarbeiter wählten aus den Rezensionen Sätze aus, die sie für sarkastisch hielten, etwa »Ein tolles Buch – wenn Sie unter Schlaflosigkeit leiden« oder »Dafür wurden Bäume gefällt?«. Übrig blieb ein Sample von 80 Beispielsätzen, die Tsur und Davidov in ihr Computerprogramm einspeisten, welches daraufhin immer wiederkehrende sprachliche Muster in den Sätzen analysierte.

Anschließend wurde das Programm auf 66.000 Amazon-Kundenrezensionen angewandt. Der letzte Schritt bestand darin, die auf diese Weise automatisch als »sarkastisch« eingestuften Formulierungen wiederum von 15 menschlichen Probanden begutachten zu lassen. Und siehe da: In 77 Prozent der Fälle gab es eine Übereinstimmung von Mensch und Maschine. SASI (die Abkürzung von »Semi-supervised Algorithm for Sarcasm Identification«) scheint zielmlich smart zu sein.

Wirtschaft Die Hebräische Universität will das von ihren Doktoranden entwickelte Programm nun kommerziell vermarkten und sucht derzeit nach Kooperationspartnern aus der Wirtschaft. Doch was kann man eigentlich damit anfangen? Mittels dieses Programms, schreiben Tsur, Davidov und Rappoport, könne jeder Internet-Nutzer Texte vor der Lektüre daraufhin überpfüfen, ob sie Sarkasmus enthalten – und dann entscheiden, ob er weiterlesen will, je nachdem, ob er Sarkasmus schätzt oder nicht.

Klingt nach einer Erfindung, auf die die Welt lange gewartet hat. Nur: Wird sie sich auch in Israel durchsetzen? Auf Englisch, Deutsch und Chinesisch funktioniert SASI zwar. »Aber im Arabischen ist Sarkasmus wesentlich schwerer zu erkennen«, so Rappoport. »Für das Hebräische gilt das noch viel mehr.«

Neuerscheinung

Albert Speer als Meister der Inszenierung

Wer war Albert Speer wirklich? Der französische Autor Jean-Noël Orengo entlarvt den gefeierten Architekten als Meister der Täuschung – und blickt hinter das Image vom »guten Nazi«

von Sibylle Peine  10.12.2025

Interview

»Mascha Kaléko hätte für Deutschland eine Brücke sein können«

In seinem neuen Buch widmet sich der Literaturkritiker Volker Weidermann Mascha Kalékos erster Deutschlandreise nach dem Krieg. Ein Gespräch über verlorene Heimat und die blinden Flecken der deutschen Nachkriegsliteratur

von Nicole Dreyfus  09.12.2025

Zahl der Woche

2 Jahre

Fun Facts und Wissenswertes

 09.12.2025

Sehen!

»Golden Girls«

Die visionäre Serie rückte schon in den jugendwahnhaftigen 80er-Jahren ältere, selbstbestimmt männerlos lebende Frauen in den Fokus

von Katharina Cichosch  09.12.2025

Film

Woody Allen glaubt nicht an sein Kino-Comeback

Woody Allen hält ein Leinwand-Comeback mit 90 für unwahrscheinlich. Nur ein wirklich passendes und interessantes Rollenangebot könnte ihn zurück vor die Kamera locken.

 09.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Von Kaffee-Helden, Underdogs und Magenproblemen

von Margalit Edelstein  08.12.2025

Eurovision Song Contest

»Ihr wollt nicht mehr, dass wir mit Euch singen?«

Dana International, die Siegerin von 1998, über den angekündigten Boykott mehrerer Länder wegen der Teilnahme Israels

 08.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  08.12.2025

Vortrag

Über die antizionistische Dominanz in der Nahostforschung

Der amerikanische Historiker Jeffrey Herf hat im Rahmen der Herbstakademie des Tikvah-Instituts über die Situation der Universitäten nach dem 7. Oktober 2023 referiert. Eine Dokumentation seines Vortrags

 07.12.2025