Fundstück

Haben Beschnittene schlechteren Sex?

Was ist das? Antwort erhalten Sie auf www.wassieschonimmerueberjudenwissenwollten.at Foto: Jüdisches Museum Hohenems

Seit dem 27. März und noch bis zum 7. Oktober zeigt das Jüdische Museum Hohenems im österreichischen Vorarlberg eine Ausstellung mit dem Woody Allen entlehnten Titel »Was Sie schon immer über Juden wissen wollten ... aber nie zu fragen wagten.« Zur Schau gehört auch ein Blog, auf dem Besucher Fragen stellen können, die das Expertenteam Melissa Dettling, Hanno Loewy und Hannes Sulzbacher versucht zu beantworten. Das Fragenspektrum reicht vom Nahostkonflikt (»Israel als Auffanglager der Juden aus aller Welt. Was ist mit Palästina? Wo ist das Heimatrecht?«) über die Schoa (»Definieren sich die Juden heute vor allem über den Holocaust?«), halachische Bestimmungen (»Muss ein Rabbiner verheiratet sein?«) und Statistik (»Wo leben wie viele Juden auf der Welt?«) bis zur Physiognomie (»Haben Juden wirklich oft krumme Nasen?«) – sozusagen die Klassiker. Daneben gibt es aber auch Fragen, die so leicht nicht zu beantworten sind.

Warum sind Juden so schnell beleidigt?
Die meisten beleidigten Leberwürste, die ich im Leben kennengelernt habe, waren keine Juden, daher kann ich Ihre Frage nicht gut beantworten. Ich habe bisher nicht einmal herausgefunden, warum Nichtjuden so schnell beleidigt sind. Möglicherweise liegt das eher daran, was man selbst als »schnell« empfindet. Und was man als »beleidigt« ansieht. Wenn Juden etwas sind, dann wohl eher »hart im Nehmen«, zumindest glauben viele Juden das inzwischen. Man ist ja einiges gewohnt … Die Blasiertheit, die sich manche dabei zulegen (weil man ja eh »einiges gewohnt ist«), ist freilich auch nicht immer hilfreich. Aber schnell beleidigt sind eher Nichtjuden, denen man antisemitische Ressentiments unterstellt. Manchmal zu Recht, manchmal zu Unrecht …

Wie schaffen es 15 Millionen Juden, dauernd so präsent in den Medien zu sein?
Das ist eine gute Frage. Am besten können das wahrscheinlich nichtjüdische Journalisten beantworten, die ja in der Regel in den Medien das Sagen haben, gemeinsam mit dem Publikum, das in der Regel das bekommt, was es will. Diese Frage ist wahrscheinlich am Ende genauso leicht und schwer zu beantworten, wie die Frage nach der überwältigenden Präsenz jüdischer Figuren in christlichen Kirchen. Überall sind dort beispielsweise Darstellungen eines jüdischen Wanderpredigers und Rabbiners verbreitet, der in Nazareth geboren wurde. Irgendetwas an Juden und Jüdischem beschäftigt offenbar viele Menschen.

Befriedigung, beschnittene, ist nur zur Hälfte möglich. Warum tut man sich dies an?
Ich kann Ihnen versichern, das tut man sich nicht selbst an. (Das Verletzungsrisko ist zu groß.) In meinem Fall geschah das – mit einem kleinen Schluck Wein betäubt – im zarten Alter von acht Tagen. Über eine traumatisierende Wirkung dieses Ereignisses weiß ich nichts zu berichten. Ich vermute aber, dass eine solche eventuelle Traumatisierung durch die Schmerzen des Zahnens als Baby oder das eine oder andere aufgeschlagene Knie in meiner Kindheit bei Weitem übertroffen wurde. Zur Frage der beschnittenen Befriedigung kann ich aus persönlicher Erfahrung nichts sagen, da mir die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Es gibt Sexualwissenschaftler, die behaupten, man hätte mehr – da länger – davon. Aber zum Glück traf ich vorgestern jemanden, der mir genauer Auskunft geben konnte, da in seinem Fall erst im Erwachsenenalter eine Beschneidung notwendig wurde. Wenn ich ihm glauben darf, dann hat sich durch seinen neuen Zustand – auf dem Befriedigungssektor – nichts geändert. Weder zum Besseren noch zum Schlechteren.

Welche spezielle jüdische Eigenschaft mögen Sie/mögen Sie nicht?
Ich fürchte, die Beantwortung dieser Frage muss scheitern. »Speziell« jüdische Eigenschaften existieren allenfalls in der Fantasie. Manchmal sogar in der Fantasie von Juden. Das gilt wahrscheinlich sogar für das alte jüdische Sprichwort: »Juden sind wie alle anderen Menschen. Nur manchmal ein bisschen mehr.«

Sind Juden wirklich reicher?
Reicher an Erfahrungen (nicht immer positiver) allemal.

Was macht ein orthodoxer Jude am Süd- oder Nordpol, wenn die Polarnacht an einem Freitagabend anbricht? Dauert der Schabbat dann ein halbes Jahr?
Ja, Ihre Schlussfolgerung ist richtig. Und tatsächlich hat dieser Umstand den jüdischen Gemeinden an Nord- bzw. Südpol seit Jahrhunderten Schwierigkeiten und Kopfzerbrechen bereitet. Für die Einhaltung zahlreicher Schabbat-Gebote mussten kreative Lösungen gefunden werden, so bereiten die jüdischen Mütter dort enorme Mengen eines ganz besonderen Tscholent vor, der fast bis Schabbatende genießbar und in vielen Fällen gesundheitlich völlig unbedenklich bleibt. Ein großes Problem für die dort lebenden Juden stellt die Langeweile dar, die sich im Lauf der Zeit unvermeidlich einstellt. Jedoch, so wird berichtet, ist das noch gar nichts im Vergleich zu dem halben Jahr Arbeit ohne freien Tag, eine Zeit in der Burnouts, Familientragödien und Entkräftungserscheinungen zum Alltag gehören. Wenn Sie mir nicht glauben: Ask your Rabbi.

Herzklappen vom Schwein als Transplantat. Für einen Juden unmöglich?
Was es nicht alles gibt! Igitt! Aber vom Standpunkt der jüdischen Orthodoxie her kein Problem. Ja, das ist auch dem strenggläubigsten Juden ohne Weiteres erlaubt. Auch wenn die US-amerikanische Krankenhausserie »Grey’s Anatomy« in der Folge »Save me« (1. Staffel, 8. Episode) das Gegenteil suggerierte. Dort wurde ein orthodox lebendes jüdisches Mädchen eingeliefert, das eine lebensrettende Operation verweigerte, in der ihr eine schweinische Herzklappe eingesetzt werden sollte. Alles Unsinn. Schweine soll man nicht essen, sonst darf man so einiges mit ihnen tun. Man darf sogar mit schweinsledernen Bällen Fußball spielen. Aber diese Zeiten sind aus anderen Gründen vorbei.

Wer war der erste Jude?
1. Wenn, dann seine Mutter.
2. Das ist eine gute Frage, denn
3. Abraham (hebräisch für: Vater der vielen Völker) gilt als Stammvater (der Juden, Muslime und Christen), konnte selbst – falls es ihn je gegeben hat – aber natürlich kein Jude sein. Der Erzählung nach stammte er aus dem Süden des heutigen Irak, zog später in die heutige Türkei und am Ende nach Kanaan. Seine Nachfahren lebten, möglicherweise nicht freiwillig, später in Ägypten, ohne etwas davon zu wissen, dass es jemals monotheistische Religionen geben könnte. Erst Moses (der möglicherweise ein Ägypter war) hat lange danach ein Volk aus Ägypten geführt (also einige Familien – möglicherweise Nachfahren des Abraham), die wiederum Hunderte Jahre später begannen, ihre eigene Geschichte zu erfinden, die zunächst von namentlich nicht bekannten Autoren in Babylon zusammengetragen wurde und in verschiedenen Textfassungen überliefert wurde, die den Gelehrten bis heute Rätsel aufgeben. Man nennt diese Textsammlung die hebräische Bibel. Mehr über Abraham ist zu finden, wo sonst, auf wikipedia: wikipedia.org/wiki/Abraham

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  28.03.2024

Sachbuch

Persönliches Manifest

Michel Friedman richtet sich mit seinem neuen Buch »Judenhass« bewusst an die allgemeine Öffentlichkeit, er appelliert aber auch an den innerjüdischen Zusammenhalt

von Eugen El  28.03.2024

USA

Daniel Kahneman ist tot

Der Wissenschaftler Daniel Kahneman kombinierte Erkenntnisse aus Psychologie und Ökonomie

 28.03.2024

Bildung

Kinderbuch gegen Antisemitismus für Bremer und Berliner Schulen

»Das Mädchen aus Harrys Straße« ist erstmals 1978 im Kinderbuchverlag Berlin (DDR) erschienen

 27.03.2024

Bundesregierung

Charlotte Knobloch fordert Rauswurf von Kulturstaatsministerin Roth

IKG-Chefin und Schoa-Überlebende: »Was passiert ist, war einfach zu viel«

 26.03.2024

Kultur

Über die Strahlkraft von Europa

Doku-Essay über die Theater-Tour von Autor Bernard-Henri Levy

von Arne Koltermann  26.03.2024

Projekt

Kafka auf Friesisch

Schüler der »Eilun Feer Skuul« in Wyk auf Föhr haben ihre friesische Version des Romans »Der Verschollene« vorgestellt

 25.03.2024

Berlin

Hetty Berg als Direktorin des Jüdischen Museums bestätigt

Ihr sei es gelungen, die Institution »als Leuchtturm für jüdisches Leben« weiterzuentwickeln, heißt es

 25.03.2024

Judenhass

Wie der Historikerstreit 2.0 die Schoa relativiert

Stephan Grigat: Der Angriff auf die »Singularität von Auschwitz« kommt nun von links

 25.03.2024