Archäologie

Grüße vom Gouverneur

Etwa so groß wie ein Daumennagel: der Fund aus der Altstadt Foto: IAA

Archäologie

Grüße vom Gouverneur

Bei Ausgrabungen in Jerusalem ist ein Tonsiegel aus der Zeit des Ersten Tempels aufgetaucht

von Ingo Way  08.01.2018 15:53 Uhr

Bei Grabungsarbeiten in der Nähe der Kotel haben israelische Archäologen in der Jerusalemer Altstadt ein erstaunlich gut erhaltenes Tonsiegel gefunden, dessen Alter die Experten auf etwa 2700 Jahre schätzen. Auf dem münzgroßen Tonstück findet sich eine Prägung in antikem Hebräisch, die übersetzt lautet: »Dem Gouverneur der Stadt«, wie die israelische Antikenbehörde in der vergangenen Woche mitteilte. Es handele sich, so die Behörde, um eine »einzigartige und wichtige Entdeckung«.

Der Fund soll aus der Zeit des ersten jüdischen Tempels stammen, der vor etwa 3000 Jahren erbaut und im Jahr 586 v.d.Z. von den Babyloniern zerstört wurde. Die Archäologen Tallay Ornan von der Hebräischen Universität Jerusalem und Benjamin Sass von der Universität Tel Aviv beschreiben die Prägung der Münze folgendermaßen: »Über einer doppelten Linie stehen sich zwei Männer spiegelbildlich gegenüber. Die Köpfe sind wie zwei große Flecken, ohne jegliche Details. Die nach außen gerichteten Hände zeigen nach unten, die inneren sind erhoben. Beide Figuren tragen gestreifte, knielange Gewänder.«

Politik Die Archäologin Schlomit Weksler-
Bdolach von der Antikenbehörde, die die Ausgrabung leitete, erklärte in der Tageszeitung »Haaretz« die Bedeutung des Fundes: »Die Bibel erwähnt zwei Gouverneure von Jerusalem, und dieser Fund zeigt, dass es dieses Amt in der Stadt vor rund 2700 Jahren wirklich gegeben hat.«

In der Tat werden vom König eingesetzte Gouverneure in Jerusalem in der Bibel zweimal erwähnt: einmal im Buch der Könige und einmal im Buch der Chronik. Damit ist das Tonsiegel ein weiterer Beweis für jüdische Präsenz in der Stadt vor drei Jahrtausenden – ein Umstand, der von Wissenschaftlern in der Regel nicht angezweifelt, von palästinensischen Offiziellen jedoch immer wieder infrage gestellt wird. Dies zeigt, dass Archäologie im Heiligen Land immer politisch ist – beziehungsweise politisiert wird.

Vitrine Wozu das Siegel seinerzeit verwendet wurde, ist nicht bekannt. Weksler-Bdolach nimmt jedoch an, dass das Tonstück als eine Art Wappen oder als winziges Souvenir diente. Das Haus, in dessen Überresten das Artefakt gefunden wurde, soll nach Ansicht der Archäologen einst einem hochrangigen Beamten gehört haben. In der Eisenzeit wurden Siegel für offizielle Schriftstücke nicht aus Wachs, sondern aus Ton angefertigt. Die Eisenzeit wird für den Nahen Osten auf die Jahre zwischen 1200 und 332 v.d.Z. datiert.

Die Münze wurde dem Bürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat, Anfang Januar während eines Festakts überreicht. »Es ist überwältigend, gleichsam einen Gruß aus der Zeit des ersten Jerusalemer Tempels zu erhalten«, sagte Barkat daraufhin. Der Bürgermeister will die Münze künftig in einer Vitrine im Rathaus ausstellen.

Kino

Düstere Dinosaurier, frisches Starfutter

Neuer »Jurassic World«-Film mit Scarlett Johansson läuft in Deutschland an

von Ronny Thorau  01.07.2025

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

München

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gegen Antisemitismus erstmals verliehen

Als Anwalt stand Fritz Neuland in der NS-Zeit anderen Juden bei. In München wird ein nach ihm benannter Preis erstmals verliehen: an Polizisten und Juristen, die sich gegen Antisemitismus einsetzen

von Barbara Just  30.06.2025

Forschung

Digitales Archiv zu jüdischen Autoren in der NS-Zeit

Das Portal umfasst den Angaben zufolge derzeit rund eine Million gespeicherte Informationen

 30.06.2025

Medien

»Ostküsten-Geldadel«: Kontroverse um Holger Friedrich

Der Verleger der »Berliner Zeitung« irritiert mit seiner Wortwahl in Bezug auf den jüdischen Weltbühne-Gründer-Enkel Nicholas Jacobsohn. Kritiker sehen darin einen antisemitischen Code

von Ralf Balke  30.06.2025

Berlin

Mehr Bundesmittel für Jüdisches Museum

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer betonte, sichtbares jüdisches Leben gehöre zur Mitte der Gesellschaft

 30.06.2025

Großbritannien

Nach Anti-Israel-Eklat bei Glastonbury: BBC gibt Fehler zu

Ein Musiker wünscht während einer BBC-Übertragung dem israelischen Militär von der Festival-Bühne aus den Tod. Die Sendung läuft weiter. Erst auf wachsenden Druck hin entschuldigt sich die BBC

 30.06.2025

Glastonbury-Festival

Anti-Israel-Parolen: Britischer Premier fordert Erklärung

Ein Musiker beim Glastonbury-Festival in England fordert die Menge dazu auf, Israels Militär den Tod zu wünschen. Der Vorfall zieht weite Kreise

 30.06.2025

Essay

Die nützlichen Idioten der Hamas

Maxim Biller und der Eklat um seinen gelöschten Text bei der »ZEIT«: Ein Gast-Kommentar von »WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt

von Ulf Poschardt  29.06.2025