Justiz

Gil Ofarim: »Ich habe wirklich gedacht, ich werde freigesprochen«

Gil Ofarim Foto: picture alliance / AAPimages

Justiz

Gil Ofarim: »Ich habe wirklich gedacht, ich werde freigesprochen«

Sänger Gil Ofarim hatte vor Gericht zugegeben, einen antisemitischen Vorfall in einem Leipziger Hotel erfunden zu haben. Jetzt hat er zum ersten Mal ein ausführliches Interview gegeben

 21.03.2025 11:24 Uhr

Der Musiker Gil Ofarim (42) bedauert sein Skandalvideo. Das Video sei »der größte Fehler meines Lebens« gewesen, sagte er dem »Stern« in seinem ersten Interview nach seinem Prozess wegen Verleumdung. »Ich habe völlig unterschätzt, was das Video auslösen würde.« Er habe acht Monate in einer psychiatrischen Tagesklinik verbracht - und zu viel getrunken. »Ich habe nicht mehr geschlafen«, sagte Ofarim. »Ich hatte Panikattacken. Also habe ich getrunken, jeden Tag.« Dem Sender RTL sagte er: »Mich hat es sehr krank gemacht.«

Ofarim hatte im Oktober 2021 in einem Video Antisemitismus-Vorwürfe gegen ein Leipziger Hotel erhoben. Der Musiker hatte erzählt, dass ein Hotelmitarbeiter ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Das Video verbreitete sich stark in den sozialen Netzwerken.

Lesen Sie auch

Ofarim erstattete später Anzeige, aber auch der Hotelmanager wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an. Ein Gutachten zu den Videoaufnahmen legte nahe, dass die Kette gar nicht sichtbar war, als Ofarim im Hotel einchecken wollte. »Damit war ich öffentlich erledigt«, sagte Ofarim dem »Stern«.

Vor dem Landgericht Leipzig gestand Ofarim, der Sohn des 2018 gestorbenen 60er-Jahre-Stars Abi Ofarim, schließlich in knappen Sätzen und entschuldigte sich. Das Verfahren wurde eingestellt. Der Musiker musste als Auflage einen Geldbetrag von 10.000 Euro zahlen. 

»Ich habe wirklich gedacht, ich werde freigesprochen«, sagte er dem »Stern«. Seine Anwälte hätten aber auf ihn eingeredet, die Sätze zu sagen, damit das Verfahren gegen ihn eingestellt wird. »Ich habe die Schuld auf mich genommen, um dem ein Ende zu setzen«, sagte er im RTL-Interview.

»Es war Teil der Verfahrensabsprache, dass Gil Verantwortung übernimmt und es ist häufig von taktischen Erwägungen geleitet, sich für eine Einstellung des Verfahrens zu entscheiden«, sagte sein Anwalt Alexander Stevens der Deutschen Presse-Agentur. 

Heute lebt Ofarim nach Angaben des »Stern«, der ihn daheim besucht hat, mit seiner Verlobten in einer Wohnung in einer schwäbischen Kleinstadt. Seine Wohnung in München habe er aufgegeben, weil er sich die Miete nicht mehr leisten konnte, nachdem Auftritte und Engagements nach dem Skandal geplatzt waren.

»Ich will einfach wieder auftreten dürfen, damit ich mir eine Wohnung in München bei meinen Kindern leisten kann«, sagte er dem »Stern«. Er hat inzwischen eine neue Single mit dem Titel »Korrektur der Zeit« herausgebracht und plant für den 17. April sein erstes Konzert in Bochum. Laut »Stern« läuft der Vorverkauf schleppend. Sein aktueller Manager habe zu dem Interview geraten, heißt es in dem Artikel auch. Aber Ofarim habe Zweifel gehabt: »Ich habe Angst, dass ich alles noch schlimmer mache, als es schon ist.« dpa

Interview

»Die Zeit der Exzesse ist vorbei«

In ihrem neuen Buch »Glamour« setzt sich die Berliner Autorin Ute Cohen mit Schönheit und Eleganz auseinander. Dabei spielt auch Magie eine Rolle - und der Mut, sich selbst in einer »Zwischenwelt« inszenieren zu wollen

von Stefan Meetschen  17.12.2025 Aktualisiert

Potsdam

Kontroverse um Anne-Frank-Bild mit Kufiya

Ein Porträt von Anne Frank mit Palästinensertuch in einem Potsdamer Museum entfacht Streit. Während Kritiker darin antisemitische Tendenzen sehen, verteidigt das Museum das Bild. Die Hintergründe

von Monika Wendel  17.12.2025

Meinung

Der Missbrauch von Anne Frank und die Liebe zu toten Juden

In einem Potsdamer Museum stellt der Maler Costantino Ciervo das jüdische Mädchen mit einer Kufiya dar. So wird aus einem Schoa-Opfer eine universelle Mahnfigur, die vor allem eines leisten soll: die moralische Anklage Israels

von Daniel Neumann  17.12.2025

Nachruf

Albtraum in der Traumfabrik

Eine Familientragödie hat den Hollywood-Riesen und seine Frau aus dem Leben gerissen. An Rob Reiners Filmen voller Menschenliebe wie »Harry und Sally« ist eine ganze Generation mitgewachsen

von Sophie Albers Ben Chamo  17.12.2025

Theater

Die Krise des Schlemihl

»Sabotage« von Yael Ronen ist ein witziger Abend über einen Juden, der sich ständig für den Gaza-Krieg rechtfertigen muss

von Stephen Tree  17.12.2025

Forum

Leserbriefe

Kommentare und Meinungen zu aktuellen Themen der Jüdischen Allgemeinen

 17.12.2025

Zahl der Woche

30 Minuten

Fun Facts und Wissenswertes

 17.12.2025

Musik

Großes Konzert: Xavier Naidoo startete Tournee

Die Synagogen-Gemeinde Köln kritisiert: »Gerade in einer Zeit zunehmender antisemitischer Vorfälle ist es problematisch, Herrn Naidoo eine Bühne zu bieten«

 17.12.2025

"Imanuels Interpreten" (16)

Ethel Lindsey: Queer und funky

Die Französin mit israelischen Wurzeln bringt mit ihrem Debütalbum die 70er-Jahre zurück

von Imanuel Marcus  18.12.2025 Aktualisiert