»Landgericht«

Geschichte eines jüdischen Richters

Richard (Ronald Zehrfeld, l.) und Claire Kornitzer (Johanna Wokalek, r.) sind entschlossen, ihre Kinder Georg (Moritz Hoyer, 2.v.l.) und Selma (Lisa Marie Trense, 2.v.r.) in Sicherheit zu bringen. Foto: ZDF / Walter Wehner

Es war eine der großen Überraschungen im Literaturbetrieb der vergangenen Jahre. Denn als die Schriftstellerin Ursula Krechel 2012 für ihren Roman Landgericht mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, mussten selbst viele ansonsten stets gut informierte Kritiker mit den Achseln zucken.

Ursula wer? Vor der Bekanntgabe des Preises hatte sich ihr Roman gerade einmal 3000-mal verkauft. Mittlerweile liegt die Gesamtauflage über das Schicksal des jüdischen Juristen Richard Kornitzer bei rund 70.000 Exemplaren.

exil Der 1903 in Breslau geborene Kornitzer und seine Frau Claire sind nun die Protagonisten des zweiteiligen Spielfilms Landgericht, den das ZDF am Montag- und Mittwochabend um 20.15 Uhr zeigt. Sowohl Roman als auch Verfilmung erzählen die Geschichte des Landgerichtsdirektors Kornitzer (Ronald Zehrfeld) und seiner – nichtjüdischen – Frau Claire (Johanna Wokalek). Als Jude musste Kornitzer vor den Nazis flüchten, überlebte im Exil auf Kuba und kehrte 1947 nach Deutschland zurück. Claire selbst durfte nicht ausreisen. Ihre Kinder schickte das Paar nach England.

Im Nachkriegsdeutschland wurde Kornitzer wieder Richter und saß einer Kammer im Landgericht Mainz vor. In dieser Funktion wollte er die NS-Zeit aufarbeiten – und scheiterte an seinen Kollegen mit brauner Vergangenheit. Mit hoher Sachlichkeit und emotionaler Diskretion erzählt der Spielfilm von diesem Leben nach der Rückkehr, von den Verletzungen, die Kornitzer in der jungen Bundesrepublik erfahren musste, und von seinem Leben im Exil.

Der Film thematisiert auch Kornitzers wiederaufgenommene Ehe und die Unerbittlichkeit, mit der der glänzende Jurist eine dem katholisch-protestantischen Proporz geschuldete Neubesetzung der Position des Landgerichtspräsidenten kommentiert, indem er in einer öffentlichen Sitzung zwei einschlägige Grundgesetzartikel verliest, die er dabei für verletzt hält.

Antisemitismus »Mit meiner Neugier, dem Respekt, ja der Liebe zu dieser Figur wuchs der Entschluss, Ursula Krechels Roman zu adaptieren«, sagt die Drehbuchautorin Heide Schwochow.

Geradlinig und ohne jede Effekthascherei erzählt sie vom Schicksal der Exilanten, vom alltäglichen Antisemitismus, von der Schuldabwehr der Täter nach dem Ende des Krieges. Details, die heute keinen Deut weniger wütend machen als früher. ja

»Landgericht«. ZDF, Montag, 30. Januar, und Mittwoch, 1. Februar, 20.15 Uhr. Im Anschluss an den ersten Teil des Spielfilms sendet das ZDF »Landgericht – Die Dokumentation«.

München

Filmemacher Michael Verhoeven ist tot

Mit kritischen Filmen über den Vietnamkrieg oder den Nationalsozialismus setzte der Filmemacher Akzente

 26.04.2024

Glosse

Ständig wird gestört

In Berlin stürmten erneut propalästinensische Kräfte in Anwesenheit der Kulturstaatsministerin die Bühne

von Michael Thaidigsmann  26.04.2024

Immanuel Kant

Aufklärer mit Ressentiments

Obwohl sein Antisemitismus bekannt war, hat in der jüdischen Religionsphilosophie der Moderne kein Autor mehr Wirkung entfaltet

von Christoph Schulte  26.04.2024

Karl Kraus

»Als ob man zum ersten und zum letzten Mal schriebe«

Zum 150. Geburtstag des großen Literaten und Satirikers

von Vladimir Vertlib  26.04.2024

Bonn

Beethoven-Haus zeigt Ausstellung zu Leonard Bernstein

Die lebenslange Beschäftigung des Ausnahmetalents mit Beethoven wird dokumentiert

 25.04.2024

Potsdam

Chronist der neuen Weiblichkeit

Das Museum Barberini zeigt Modiglianis Menschenbilder in neuem Licht

von Sigrid Hoff  25.04.2024

München

Ausstellung zeigt Münchner Juden im Porträt

Bilder von Franz von Lenbach und anderen sind zu sehen

 25.04.2024

Wien

Spätwerk von Gustav Klimt für 30 Millionen Euro versteigert

Der Künstler malte das »Bildnis Fräulein Lieser« kurz vor seinem Tod

 25.04.2024

Los Angeles

Barbra Streisand: Lovesong als Zeichen gegen Antisemitismus

Für die Serie »The Tattooist of Auschwitz« singt sie das Lied »Love Will Survive«

 25.04.2024