Redezeit

»Geld, Schampus, Frauen – zack, schon feuern die Neuronen«

Rolf Eden Foto: Gregor Zielke

Redezeit

»Geld, Schampus, Frauen – zack, schon feuern die Neuronen«

Rolf Eden über Puffs, seine Vorliebe für blonde Damen und seinen Freund Yoram Kaniuk

von Philipp Peyman Engel  24.10.2011 10:58 Uhr

Herr Eden, lassen Sie uns über Frauen, Liebe, das Leben und den Tod reden.
Dann schießen Sie mal los, auch wenn ich beim Thema Tod passen muss. Ich lebe seit den 50ern jeden Tag so, als wäre es mein letzter. Frauen, Sex, Partys – der Rest interessiert mich nicht.

Gut, klammern wir den Tod so gut es geht aus. Über den Schriftsteller Georges Simenon heißt es, er habe in seinem Leben mit über 6000 Frauen geschlafen, um …
Eine maßlose Übertreibung. Diese Zahl stimmt auf keinen Fall.

Simenon galt als manischer Womanizer. Zudem hatte er, nun ja, mehr Zeit zur Verfügung als andere. Er ist fast 90 Jahre alt geworden.
Aber selbst ich, der ich nichts ausgelassen habe und fast so alt bin wie Simenon bei seinem Tod, komme auf gerade mal knapp über 1500 Damen. Ich habe das kürzlich nachrechnen lassen – ausgehend von rund 20 Damen pro Jahr und 70 sexuell aktiven Lebensjahren. Viel mehr ist beim besten Willen nicht machbar.

Sie sind 81. Heißt das, Sie haben mit elf Ihre Unschuld verloren?
Ich habe früh angefangen, ja (lacht).

Zurück zu Simenon. Er wollte über die Sexualität die Wahrheit über die Frauen erfahren. Welche Antwort haben Sie auf diese Frage gefunden?
Diese Frage habe ich mir nie gestellt, sorry. Ich betreibe keine Charakterforschung. Mich interessiert nur der Körper.

Sie waren mit über 1500 Frauen zusammen und wollen rein gar nichts über sie erfahren haben?
Was soll ich anderes sagen? So ist es nun mal. Meine Damen sind für mich immer austauschbar gewesen. In der Rückschau fällt mir höchstens auf, dass sie durch die Bank blond waren. Und wenn ich in den Puff gehe, liebe ich doch nicht die Dame, die mich beglückt, sondern ausschließlich ihren Körper.

Sie haben vier Freundinnen und gehen zusätzlich noch ins Bordell?
Nicht mehr so regelmäßig wie früher. Nur, wenn eine Freundin krank ist, die andere verreist, die dritte abgesprungen und die vierte keine Lust hat auf Sex.

Haben Sie kein Problem damit, dass die Prostituierten, wie wohl auch Ihre Freundinnen, allein wegen Ihres Geldes mit Ihnen Sex haben?
Kein bisschen. Warum sollte ich?

Weil diese Frauen ohne Ihr Geld nicht mit Ihnen schlafen würden. Weil sie sich prostituieren.
Sorry, aber das ist nicht mein Problem.

Kann es sein, dass Sie ein gefühlloser Egomane sind?
Gefühllos nein, Egomane durchaus. Aber ich spiele immer mit offenen Karten. Jeder weiß, woran er bei mir ist. Das Einzige, was mich interessiert, bin ich. Und ich bin jeden Tag aufs Neue maximal glücklich.

Hat es eigentlich einen Grund, warum Sie in Interviews fast nie über Ihr Judesein und Ihr Leben in Israel sprechen wollen?
Ja, weil es unwichtig ist. Ich bin Jude, das war’s dann auch schon. Es spielt in meinem Leben keine Rolle.

Ihre Eltern sind bereits 1933 aus Deutschland nach Israel emigriert, weil sie sehr früh die Zeichen der Zeit erkannt hatten. Wie haben sie sich in Israel zurechtgefunden?
Anfangs sehr schlecht. Mein Vater war in Berlin ein erfolgreicher Container-Fabrikant. In Israel hingegen hat er sich erst nach und nach akklimatisiert. 1936 ist sein Restaurant pleitegegangen, weil die Leute während der ersten Unruhen mit den Arabern nicht mehr ausgingen. Dann ist mein Vater Taxichauffeur geworden. Erst später wurde er ein erfolgreicher Hotelmanager.

Wie fanden Ihre Eltern es, dass Sie 1957 zurück in die noch junge Bundesrepublik gingen?
Weiß ich nicht mehr. Ich nehme an, in Ordnung. Wir waren von der Schoa ja nicht betroffen, unsere gesamte Familie war nach Israel ausgewandert. Für mich war Deutschland weder gut noch schlecht. Ausschlaggebend waren die 6000 D-Mark, die man damals als Jude in der Bundesrepublik als »Entschädigung« oder so erhielt. Die habe ich mir geschnappt und das Beste daraus gemacht.

Hat bei Ihrem Entschluss, Israel zu verlassen, auch die damalige große Unsicherheit im Land eine Rolle gespielt?
Nein. Der Unabhängigkeitskrieg 1948 war zwar wirklich fürchterlich, rechts und links von mir sind meine Kameraden von den Arabern ermordet worden, als seien sie Fliegen. Ich wollte aber raus aus dem Land, weil es mir schlicht und einfach zu klein war. Ich wollte in die weite Welt hinaus und eine große Karriere starten. Ich sah mich schon in Hollywood oder New York – Rolf Eden, a star is born (lacht). Tja, Berlin ist ja auch nicht so schlecht. Millionär ist Millionär.

Welches Verhältnis zu Israel haben Sie heute?
Verhältnisse habe ich nur zu Frauen (lacht). Spaß beiseite, ich komme jedes Jahr dorthin zurück, gerade erst war ich über Rosch Haschana da. Das ist für mich der schönste Urlaub des Jahres. Ich fahre immer im September oder Oktober hin, dann ist es schön warm, aber nicht mehr so heiß wie im Juli. Ich wohne immer im Hilton in Tel Aviv, gehe am Meer spazieren, treffe meinen Bruder in Haifa und Freunde von früher wie Yoram Kaniuk …

… den israelischen Schriftsteller …
Ja. In Deutschland habe ich keine Freunde, außer meine Damen natürlich, aber das ist etwas anderes. Yoram ist einer der ganz wenigen Freunde, die ich habe.

Dennoch haben Sie ihn nicht besucht oder mit ihm sprechen wollen, als er vor einiger Zeit im Krankenhaus lag und sein Leben auf Messers Schneide stand.
Ich halte alles Negative von mir fern. Ich will keine Misere sehen. Das weiß er auch, und er akzeptiert es. Ich habe ihm Geld geschickt und damit fertig. Ins Krankenhaus oder zu unglücklichen Menschen bringen mich keine zehn Pferde.

Als Sie 2009 mit einer Gehirnblutung im Krankenhaus lagen, hat Sie da jemand besucht?
Gott sei Dank, ja. Brigitte, diese treue Seele, war Tag und Nacht an meinem Bett. Ohne sie hätte ich diese Zeit nicht überlebt. Sie hat mich gerettet.

Bedauern Sie es, dass Sie irgendwann sterben müssen?
Und wie, mein Leben ist ja ein Traum. Aber ich glaube, ich habe noch mindestens anderthalb Jahrzehnte hier auf Erden. Ich glaube, ich werde hundert Jahre alt. Erst dann heißt es: Vorhang runter, Ende der Vorstellung, und Tschüss, Amigo.

Was soll dann auf Ihrem Grabstein stehen, Herr Eden?
Hier liegt Rolf Eden – der größte Filou aller Zeiten.

 Das Gespräch führte Philipp Peyman Engel.


Rolf Shimon Eden, geboren 1930 in Berlin, schlug sich nach der Schule zunächst als Jazzpianist durch, arbeitete später im Berliner US-Offizierskasino und gründete mit 27 Jahren seinen ersten Nachtclub am Ku’damm. Später kamen weitere Clubs, ein Theater und ein Kabarett hinzu. Eden wurde zum Nachtclub-
König von West-Berlin, war einer der Pioniere der Diskotheken und des Striptease im Deutschland der 50er- und 60er-Jahre. 2002 verkaufte Eden mit dem »Big Eden« seinen letzten Club. Er lebt in Berlin-Dahlem.

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