PEN Berlin

»Gebot der geistigen und moralischen Hygiene«

Susan Neiman leitet das Einstein Forum in Postdam. Foto: picture alliance / Karlheinz Schindler/dpa-Zentralbild/ZB

PEN Berlin

»Gebot der geistigen und moralischen Hygiene«

Aus Protest gegen Nahost-Resolution: Susan Neiman, Per Leo, Deborah Feldman und andere verlassen den Schriftstellerverein

 11.12.2024 11:21 Uhr

Die Historiker Per Leo und Marion Detjen, die Philosophin Susan Neiman, die Autorin Deborah Feldman sowie weitere Autoren haben nach der Online-Versammlung des PEN Berlin, bei der mit äußerst knapper Mehrheit eine Nahost-Resolution verabschiedet wurde, ihren Austritt aus der Schriftstellervereinigung erklärt. Die Trennung sei für sie gegenwärtig »ein Gebot der geistigen und moralischen Hygiene. Es geht auseinander, was nicht mehr zusammengehört. Möge der Verein daran genesen!« hieß es in einem Offenen Brief, der am Dienstag in der »Frankfurter Rundschau« veröffentlicht wurde.

Zuvor sagte PEN-Gründungsmitglied Lorenz Beckhardt, der auch Co-Vorsitzender des Verbands jüdischer Journalistinnen und Journalisten (JJJ) ist, zu der am Wochenende beschlossenen Nahost-Resolution des PEN Berlin: »Am Ende erhielt ein Antrag von Leuten, die ich mindestens in Teilen als Sympathisanten der BDS-Bewegung einordne, 82 Stimmen; der moderatere Kompromissantrag nur eine Stimme mehr. Das hat mich schon erschreckt.« Mit dem Kompromisstext habe er auch Probleme gehabt, »denn auch er enthält die Namen von Terroristen. Aber immerhin erwähnt er den 7. Oktober als Ausgangspunkt des Krieges und die Mitverantwortung der Hamas und er nennt die ermordeten israelischen Journalisten namentlich«.

Für die jetzt ausgetretenen PEN-Mitglieder dagegen war der Kompromiss inakzeptabel. »Statt eines Resolutionsentwurfs, der sich auf Grundlage der PEN-Charta unzweideutig zu den getöteten Autorinnen und Autoren und zur Zerstörung der kulturellen Infrastruktur in Gaza äußert, wurde ein ausweichender ‚Kompromissantrag‘ angenommen. Damit war für viele eine rote Linie überschritten. Die aktive Nichtbefassung mit Kriegsverbrechen löste eine Austrittswelle aus«, schrieben sie.

Weiter hieß es im Offenen Brief: »Im Sturm einer Öffentlichkeit, die in moralische Panik um den sog. israelbezogenen Antisemitismus verfallen ist, hat sich der Verein in die Geiselhaft einer kleinen Gruppe begeben, deren Daseinszweck im Erschnüffeln antisemitischer Verdachtsmomente besteht.«

Lesen Sie auch

Der von Leo, Feldman, Neiman, Detjen und anderen Autoren wie Fadi Abdelnour, Ramy al-Asheq, Mohammad Al Attar , Dima al-Bitar Kalaji, Diedrich Diederichsen, Tomer Dotan-Dreyfus und Mati Shemoelof unterzeichnete Offene Brief endet mit »Hasta la vista, Krauts. Shalom, Freunde.«

PEN steht für »Poets, Essayists, Novellists«. Die Vereinigung PEN Berlin war 2022 gegründet worden. Vorsitzende sind Deniz Yücel und Thea Dorn. ag

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Stefan Wimmer  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025