Alzheimer

Fortschritte bei Früherkennung

Foto: Getty Images

Es geht um Prävention. Vor zwei Jahren entdeckte ein Team aus dem Labor der Professorin Inna Slutsky von der medizinischen Fakultät der Tel Aviver Universität (TAU) bei Tierversuchen ein pathologisches Gehirnphänomen, das dem ersten Auftreten von Alzheimer-Symptomen viele Jahre vorausgeht. Die Forscher hoffen nun, dass ihre Erkenntnisse den Beginn klinischer Studien am Menschen beschleunigen können und zu Fortschritten auf den Gebieten der Früherkennung des Auftretens von Demenz bei der Alzheimer-Krankheit führen.

Gefunden wurde eine erhöhte Aktivität im Hippocampus während Narkose- und Schlafzuständen. Dies sei auf eine Schädigung des Mechanismus zurückzuführen, der das neuronale Netzwerk stabilisiert. In der aktuellen Studie stellte das Laborteam in Zusammenarbeit mit dem Safra Center for Neuroscience der Hebräischen Universität an Tieren fest, dass die Unterdrückung der neuronalen Aktivität in einem kleinen Kern eines bestimmten Bereichs des Thalamus (Nucleus reuniens) zu einer Reduzierung der pathologischen Aktivität im Hippocampus führte. Dadurch wurde der Verschlechterung des Gedächtnisses bei Alzheimer vorgebeugt.

Die Doktorandin Shiri Shoob, die die Studie leitete, die in »Nature Communications« veröffentlicht wurde, erläutert: »Bereits zehn bis 20 Jahre vor dem Auftreten der bekannten Symptome wie Erinnerungsverlust und kognitivem Verfall entstehen allmählich physiologische Veränderungen im Gehirn der Patienten.« Die Forschung der Universität konzentrierte sich darauf, die Schutzmechanismen des Gehirns gegen die Schäden der Krankheit zu finden.

Das Team entdeckte, dass im Schlaf, und insbesondere während einer Vollnarkose, die frühen Symptome der Alzheimer-Krankheit leichter erkannt werden können. »An Tieren haben wir bei einer Anästhesie eine Funktionsstörung in der Gehirnaktivität festgestellt. Und wir gehen davon aus, dass es Mechanismen gibt, die dieselbe Pathologie im Wachzustand kompensieren und so die Phase der Krankheit, bevor Symptome auftreten, verlängern«, so Slutsky.

Auch Hyperaktivität im Hippocampus, genannt »stille Anfälle«, die hinsichtlich der Gehirnaktivität wie ein epileptischer Anfall aussehen, aber äußerlich nicht in Erscheinung treten, wurden identifiziert. Im Gegensatz dazu stehe die verringerte Aktivität in einem gesunden Hippocampus während des Schlafs und der Narkose.

Nach der Identifizierung hätten die Forscher verschiedene Methoden ausprobiert, sich jedoch hauptsächlich auf die tiefe Hirnstimulation mithilfe elektrischer Signale konzentriert. »Als wir versuchten, mit hohen Frequenzen zu stimulieren, wie es beispielsweise bei der Behandlung von Parkinson geschieht, stellten wir fest, dass sich die Schädigung des Hippocampus und die stummen epileptischen Anfälle verschlimmerten«, erläutert Shoob. Erst nach der Änderung auf eine niedrigere Frequenz habe man die Anfälle unterdrücken und kognitive Beeinträchtigungen verhindern können.

Die Erkenntnisse sollen auch auf dem Gebiet der Behandlung kognitiver Beeinträchtigungen durch chirurgische Eingriffe eingesetzt werden (POCD – Postoperative kognitive Dysfunktion). »Epidemiologische Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen Alterung und Problemen hin, die nach einer Operation und Anästhesie auftreten«, weiß Slutsky. Bei jungen Menschen verschwänden die Symptome normalerweise sehr schnell, bei älteren steige jedoch die Wahrscheinlichkeit einer kognitiven Beeinträchtigung, die lange anhalten könne. »Unsere Forschung hat einen möglichen Mechanismus gefunden, der dem Phänomen zugrunde liegt.«

Der Zusammenhang zwischen bestimmten pathologischen Aktivitäten im Hippocampus während der Anästhesie in der präsymptomatischen Phase der Alzheimer-Krankheit und Gedächtnisproblemen in einem fortgeschritteneren Stadium zeige, dass die Krankheit im Ruhezustand vorhergesagt werden kann, fasst Slutsky zusammen, »vor dem Einsetzen eines kognitiven Verfalls«.

Sehen!

»Der Meister und Margarita«

In Russland war sie ein großer Erfolg – jetzt läuft Michael Lockshins Literaturverfllmung auch in Deutschland an

von Barbara Schweizerhof  30.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

 30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025