Lesen!

»Fenster in der Nacht«

Lesen!

»Fenster in der Nacht«

Eine Graphic Novel von Neal Shusterman und dem amerikanischen Comiczeichner Andrés Vera Martínez

von Katrin Diehl  20.09.2024 12:40 Uhr

Gibt es eine vernünftige Alternative zur Hoffnung? Wahrscheinlich nicht. Und obwohl uns dieses Wort so leicht wie unverbindlich über die Lippen kommt: Sie, die Hoffnung, bleibt existenziell.

Der amerikanische Erfolgsautor Neal Shusterman (Träger des Deutschen Jugendliteraturpreises) und der amerikanische Comiczeichner Andrés Vera Martínez kündigen ihre Graphic Novel Fenster in der Nacht als eine Sammlung von »Geschichten über den Holocaust« an, die »Hoffnung« machten. Das irritiert. Auch, dass in dem Band »reale Beispiele für Widerstand und Rettung« mit »Fantasy verwebt« würden, weckt Zweifel.

Das Experiment von Shusterman und Martínez gelingt.

Andererseits macht ja gerade das die Hoffnung aus, dass sie Realitäten wie Wahrscheinlichkeiten für einen (magischen) Augenblick lang zur Seite schieben kann – übrigens eine Fähigkeit, die auch Superhelden des Marvel-Universums, an dem sich Martínez durchaus orientierte, auszeichnet (so versetzte »Captain America« 1941 auf der Titelseite der gleichnamigen US-Comicreihe Hitler einen spektakulären Kinnhaken). Das Experiment von Shusterman und Martínez gelingt, weil es sich nicht wirklich von der Realität entfernt, es die Rettungen, die es ja gab – allesamt auf ihre Art Wunder, Ausnahmen, Heldentaten –, zum Glänzen bringt, den Vorgang sozusagen »verzaubert«.

In fünf Abschnitten (von Alef bis Heh), fünf losen, aufeinander bezogenen Geschichten, die sich verdichtet an tatsächlichen Ereignissen orientieren und die von kurzen Sachkapiteln voneinander getrennt sind, bekommen Retter und Retterinnen ihren Auftritt.

Drei jüdische Mädchen, versteckt in einer Berliner Wohnung, können mithilfe mutiger Menschen und eines magischen Fensters überleben. Golem rettet einige Gefangene in Auschwitz-Birkenau. Die Hexe Baba Jaga, begleitet von Wesen aus jüdischen Sagen und Geschichten, unterstützt in den tiefen Wäldern Widerstandskämpfer und Juden, die sich dort versteckt halten. In »ExØdus« schafft es der dänische Junge Jory mithilfe einer Vorhangstange, deutsche SS-Männer, die die Flucht der dänischen Juden auf Booten über den Öresund verhindern wollen, in Schach zu halten. Das letzte Kapitel spielt in der amerikanischen Gegenwart. Ein Mädchen, dem die Großmutter eine Zaubermuschel vermacht hat, bekommt die Möglichkeit, die Verwandten, die es nie hatte, kennenzulernen. Wenigstens für eine kurze Zeit.

Neal Shusterman: »Fenster in der Nacht. Geschichten der Hoffnung«. Farbig illustriert von Andrés Vera Martínez. Übersetzt von Alexandra Ernst. Ab zwölf Jahren. Loewe, Bindlach 2024, 256 S., 16,99 €

Interview

Susan Sideropoulos über Styling-Shows und Schabbat

GZSZ-Star Susan Sideropoulos hat im ZDF die neue Makeover-Show »That’s My Style«. Nur wenige wissen jedoch, wie engagiert die Enkelin jüdischer NS-Opfer gesellschaftspolitisch ist

von Jan Freitag  13.06.2025

Aufgegabelt

Pastrami-Sandwich

Rezepte und Leckeres

 12.06.2025

Streaming

Doppelte Portion Zucker

Mit »Kugel« ist den Machern der Kultserie »Shtisel« ein vielschichtiges Prequel gelungen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025

TV-Tipp

Das Schweigen hinter dem Schweinderl

»Robert Lembke - Wer bin ich« ist ein kluger Film über Verdrängung, Volksbildung und das Schweigen einer TV-Legende über die eigene Vergangenheit. Nur Günther Jauch stört ein wenig

von Steffen Grimberg  12.06.2025

Kulturkolumne

Annemarie, Napoleon und ich

Gute Bücher wachsen mit, hat mein Großvater immer gesagt. Warum »Desirée« von Annemarie Selinko uns alle überleben wird

von Sophie Albers Ben Chamo  12.06.2025

Aufgegabelt

Himbeer-Sorbet mit Zaatar

Rezepte und Leckeres

 12.06.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  12.06.2025

Imanuels Interpreten (10)

Kenny Gorelick: Das Enfant Terrible

Er ist der erfolgreichste Jazz-Musiker – und der meistgehasste. Warum eigentlich?

von Imanuel Marcus  12.06.2025

Medien

Deutschlands Oberlehrer

Wer will noch mal, wer hat noch nicht? In diesen Tagen scheint die Diffamierung Israels oberste Bürgerpflicht zu sein. Ein Kommentar

von Michael Thaidigsmann  11.06.2025 Aktualisiert