Rachel Salamander

»Ermöglicherin des deutschen Geisteslebens«

Die Publizistin Rachel Salamander Foto: picture alliance/dpa

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Trägerin des Heine-Preises, Rachel Salamander, gewürdigt. Sie »war und ist eine der bedeutendsten Ermöglicherinnen des deutschen Geisteslebens der letzten Jahrzehnte«, betonte Steinmeier bei der Preisverleihung am Sonntag in Düsseldorf.

Salamander habe den Menschen, die am kulturellen und geistigen Leben interessiert seien, »Zugänge zur literarischen Welt, Zugänge zu Autoren und Büchern, Zugänge zu Denk- und Empfindungswelten« geschenkt, die sie ohne die Journalistin und Literaturwissenschaftlerin nicht gefunden hätten.

Die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung zählt zu den bedeutendsten Literaturpreisen in Deutschland. Seit 1972 verleiht die Stadt Düsseldorf den Heine-Preis in Gedenken an den Schriftsteller Heinrich Heine (1797-1856), der in der Stadt geboren wurde.

Intellektuelles Leben Couragiert und maßgeblich habe Salamander (72) zum Wiederaufbau des jüdischen intellektuellen Lebens nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland beigetragen, hatte die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt im Vorfeld mitgeteilt. Über ihre Buchhandlungen habe sie die Werke jüdischer Autoren, die von den Nationalsozialisten verbrannt wurden, wieder in den Kanon deutscher Literatur zurückgeholt. Zudem habe sie sich im Sinne des Dichters Heinrich Heine für Völkerverständigung und gegen Antisemitismus eingesetzt.

»Nie hätte ich mir 1970 vorstellen können, ein Deutschland mit täglichem Antisemitismus erleben zu müssen«, sagte die Preisträgerin in ihrer Dankesrede. »Wegen Auschwitz« seien die Juden in der Nachkriegszeit geschont worden - »ist die Schonzeit vorbei?«, fragte sie. »Heute sind wir Juden befangen, wir sind in der Defensive«, sagte Salamander.

Salamander war 1949 in einem Lager für Überlebende des Holocaust, sogenannte Displaced Persons, geboren worden. Ab 1956 lebte die Familie in München. Dort studierte sie Germanistik, Philosophie und Romanistik. Sie promovierte und eröffnete 1982 in der bayerischen Landeshauptstadt eine Fachbuchhandlung für Literatur zum Judentum. Heute gibt es weitere Filialen. Von 2001 bis 2013 gab die Journalistin die Literaturbeilage der »Welt«, die »Literarische Welt«, heraus. Anschließend leitete sie kurzzeitig das »Literaturforum« der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«. Salamander schrieb zudem mehrere Bücher.

Kultur Steinmeier erinnerte daran, wie die »bedeutenden Repräsentanten jüdischer Kultur verfolgt und vertrieben wurden und wie auf diese Weise Deutschland insgesamt ein nie wiedergutzumachender Verlust zugefügt wurde«. Dabei hätten Juden einen unersetzlichen Beitrag zur deutschen Kultur geleistet. Steinmeier prangerte in dem Zusammenhang auch gegenwärtigen Antisemitismus an. Salamander habe ihr Leben »der immer neuen Vergegenwärtigung jüdischer Kultur, der Literatur vor allem, gewidmet«. Sie erkenne keine Grenzen zwischen Kulturen an.

»Ausgerechnet sie also, Rachel Salamander, heimatlose Ausländerin, die nur Jiddisch und kein Wort Deutsch sprach, als sie in die Volksschule kam, ausgerechnet sie hat uns in Deutschland Türen geöffnet in die Welt der deutschen jüdischen Kultur - die wir als einen Teil unserer verlorenen Heimat, unserer gemeinsamen geistigen und kulturellen Herkunft erkennen und wiederentdecken konnten«, sagte das Staatsoberhaupt. kna

Lesen Sie mehr zu der Ehrung in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert