Fernsehen

Einer gegen alle

Kraftvoll: Ulrich Noethen als Fritz Bauer (1903–1968) Foto: SWR/UFA FICTION/Hardy Brackmann

Erst im Herbst kam mit Lars Kraumes Der Staat gegen Fritz Bauer ein überzeugender und höchst sehenswerter Spielfilm über den ebenso mutigen wie einsamen Staatsanwalt Fritz Bauer in die Kinos. Bauer war Jude, KZ-Gefangener, Emigrant, SPD-Mitglied und homosexuell.

Er kooperierte heimlich mit dem Mossad, um Eichmann in Argentinien aufzuspüren. Aber Fritz Bauer kämpfte als Staatsanwalt auch gegen die vielen Alt-Nazis in der jungen Bundesrepublik wie den Adenauer-Berater Hans Globke. Damit machte sich »der Jude« im deutschen Geheimdienst und unter vielen CDU-Politikern einflussreiche Feinde.

spannung Genau an diesem Punkt setzt der Spannungsbogen des ARD-Fernsehfilms Die Akte General ein. Bauers Gegenspieler platzieren in seiner Nähe den jungen Juristen Joachim Hell, der die »Akte General« anlegt und den Bonner Geheimdienst samt Hans Globke über die nächsten Schritte des Generalstaatsanwalts informieren soll. Hell gerät so in einen Interessenkonflikt: Er verehrt Bauer, befürchtet jedoch auch, dass die Adenauer-Republik ihn fallen lässt.

Vieles in diesem Fernsehfilm spricht für eine weitere Beschäftigung mit Fritz Bauer. Da sind zum einen vor allem die Darsteller. Ulrich Noethen, der durch die Maske optisch kaum wiederzuerkennen ist, spielt Fritz Bauer kraftvoll, energisch, manchmal auch resigniert – eine darstellerische Glanzleistung. Aber auch David Kross als junger Anwalt zwischen den Fronten vermag zu überzeugen, ebenso wie Bernhard Schütz in der Rolle von Globke.

Aber auch die politische Atmosphäre in Deutschland zwischen 1959 und 1962 wird prägnant eingefangen. So wird deutlich, wie schwer es Idealisten und Einzelkämpfer haben, wenn sich Politik und Geheimdienste aus »weltpolitischen Erwägungen«, wie es an einer Stelle des Films heißt, gegen die Aufklärung stellen. Im Kalten Krieg sah man die Feinde in Ost-Berlin und Moskau, Adenauers Vertrauensmann wurde als effizienter Bürokrat geschätzt und gebraucht. Dabei spielte es auch keine Rolle, dass er als Alt-Nazi und Schreibtischtäter am infamen »Rassenschande«-Paragrafen mitgeschrieben hatte und für die Verfolgung von Juden mitverantwortlich war.

Mossad Allein die doch sehr betuliche Machart dieser TV-Produktion drückt ein wenig auf den ansonsten positiven Gesamteindruck. Gefilmt ist alles sehr konventionell mit der typischen Fernsehauflösung: Schuss-Gegenschuss-Anschnitt. Gerade in Zeiten, wo Filme zwischen großer Leinwand und großem Flachbildfernseher immer hybrider werden, sich durch Netflix oder Amazon ganz anders, auch weltweit verbreiten lassen, verharrt das deutsche Fernsehen hier visuell und dramaturgisch wieder einmal beim Altbewährten.

Und bei einigen Szenen, gerade wenn es um die Treffen mit Mossad-Mitarbeitern geht, greift Regisseur Stephan Wagner arg in die Klischeekiste. Bauers durchaus zwiespältiges Verhältnis zum Judentum traut sich diese Produktion dann nicht näher zu beleuchten. Auch hier geht der Film zumeist auf Nummer sicher und thematisiert nur die bekannten und historisch verbürgten antisemitischen Anfeindungen, denen Bauer ausgesetzt war.

exil Mit einer Ausnahme: Fritz Bauer, der im Exil lange Jahre in Dänemark gelebt hatte, gab in Israel dem dänischen Fernsehen ein brisantes Interview auf Dänisch, dass den Antisemitismus in der jungen BRD anprangert. Ulrich Noethen darf in dieser deutsch untertitelten Szene sogar Dänisch sprechen. Im deutschen Fernsehen ist Mehrsprachigkeit ja immer noch eine Seltenheit. Nur schade, dass die Israelis im Film dann alle nur Hochdeutsch sprechen.

Dennoch ist Die Akte General über den mutigen Querdenker Bauer eine Bereicherung und vor allem ein bestens gespieltes Drama um einen aufrechten Demokraten, der nun endlich, lange nach seinem Tod, gebührend gewürdigt wird.

»Die Akte General«. Das Erste, Mittwoch, 24. Februar, 20.15 Uhr

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