EILMELDUNG! Friedrich Merz im zweiten Versuch zum Bundeskanzler gewählt

Literaturgeschichte

Eine Liebe in Klagenfurt

Entrückt: Bachmann-Büste in Klagenfurt Foto: JA

Vorweg: Den Ingeborg-Bachmann-Preis hätte dieser Band nicht erhalten. Dafür ist die in der Geburtsstadt der Namensgeberin vergebene literarische Auszeichnung bei allen Anfechtungen im Einzelnen doch zu anspruchsvoll. Das jetzt erstmals veröffentlichte Kriegstagebuch von Ingeborg Bachmann ist als Typoskript auf sechs Schreibmaschinenseiten überliefert und wahrscheinlich von der Autorin aus umfangreicheren Eintragungen ausgewählt und überarbeitet worden. Es enthält einige Erlebnisaufzeichnungen aus den letzten Kriegstagen und die romantischen Empfindungen der damals Achtzehnjährigen zu Jack Hamesh, einem britischen Besatzungssoldaten österreichisch-jüdischer Herkunft: eine frühe Liebesbeziehung, in sehr persönlichen und schönen Worten aufgeschrieben. Das umfangreiche Nachwort des Bachmann-Forschers Hans Höller ordnet diese frühen Erlebnisse der Autorin in ihr Werk und auch in ihre spätere Beziehung zu Paul Celan ein.

einsamkeit Der Band, der aus diesen sechseinhalb Druckseiten des eigentlichen Tagebuchs entstand, wird durch die Briefe, die Jack Hamesh zwischen Ostern 1946 und Juli 1947 zunächst aus Österreich und Italien, später aus Israel an seine geliebte Ingeborg schrieb, zu einem ergreifenden Dokument der Einsamkeit und Entwurzelung. Hamesh war 1938, achtzehn Jahre alt, mit einem Kindertransport nach England gekommen. Seine Familie überlebte die Schoa nicht. In Klagenfurt lernte er die junge Ös-terreicherin kennen, als sie einen Ausweis bei der britischen Besatzungsmacht beantragte. Der Vater von Ingeborg Bachmann war schon lange vor dem »Anschluss» 1938 Mitglied der NSDAP geworden. In diese Familie wurde der «Jude», wie die Umgebung Hamesh abfällig verkürzte, aufgenommen.

Seine in den Briefen fast hilflos erklärte Liebe zu der jungen Abiturientin wurde zwar momentan erwidert, aber Ingeborg Bachmann gab dem Heimatlosen kein Signal, dass diese Liebe eine längere Perspektive haben könnte. Hamesh, von dem es außer dieser Korrespondenz keine weiteren Lebenszeugnisse oder Spuren gibt, der also fast wie ein anonymer Schreiber jetzt einem breiten Publikum vorgestellt wird, ging nach Israel und arbeitete dort am Aufbau des neuen Staates mit. Zwei seiner längeren Briefe aus dem Jahre 1947 sind intensive Zeitzeugnisse der damaligen Aufbruchsstimmung in dem Land. Sie zeigen auch, dass seine von Verfolgung und Einsamkeit schwer verwundete Seele allein in der Mitarbeit an dem werdenden Staat Israel wenn schon nicht Trost, so doch einen neuen Lebenssinn gewinnen konnte.

Es bleibt ein Unbehagen, persönliche Zeugnisse von einem Menschen in großer seelischer Not und Einsamkeit zu lesen, von dem man außer diesen Briefen nichts weiß. Rechtfertigt die Prominenz der Empfängerin eine Veröffentlichung, für die die Korrespondenz mit Sicherheit nicht vorgesehen war? Das Interesse an solcher Indiskretion hat etwas Fragwürdiges. Aber so etwas passiert, wenn man auch noch die letzten der von der reich gedeckten literarischen Tafel der Ingeborg Bachmann gefallenen Brosamen aufliest.

Ingeborg Bachmann: Kriegstagebuch. Mit Briefen von Jack Hamesh. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2010, 107 S., 15,80 €

Eurovision Song Contest

Israelische Sängerin Yuval Raphael wird von der Schweiz nicht extra geschützt

Die Basler Sicherheitsbehörden wissen um die angespannte Lage, das Sicherheitsrisiko in der Schweiz ist hoch

von Nicole Dreyfus  06.05.2025

Fernsehen

Ungeschminkte Innenansichten in den NS-Alltag

Lange lag der Fokus der NS-Aufarbeitung auf den Intensivtätern in Staat und Militär. Doch auch viele einfache Menschen folgten der Nazi-Ideologie teils begeistert, wie eine vierteilige ARD-Dokureihe eindrucksvoll zeigt

von Manfred Riepe  05.05.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  05.05.2025

Bergen-Belsen

»Der Holocaust wird als Kulisse benutzt, um Israel anzugreifen«

Menachem Rosensaft ist verstört über ein Theaterstück, in dem die Lage von jüdischen Schoa-Überlebenden in Displaced-Persons-Camps mit der von Palästinensern verglichen wird

von Michael Thaidigsmann  05.05.2025

Potsdam

31. Jüdisches Filmfestival Berlin Brandenburg wird eröffnet

Der Spielfilmwettbewerb präsentiert internationale Produktionen, vom ersten in Israel produzierten Film eines beduinischen Regisseurs bis hin zu einem Neo-Western mit einem Rabbi als Actionheld

 05.05.2025

Interview

»Die ganze Bandbreite«

Programmdirektorin Lea Wohl von Haselberg über das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg und israelisches Kino nach dem 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  05.05.2025

Weltenbummler

Luca Pferdmenges ist der »German Travel Guy« mit gutem Geschmack

Er kennt 195 Länder und weitaus mehr Städte. Welche ist wohl seine Lieblingsstadt auf diesem Planeten?

von Frank Christiansen  05.05.2025

Fernsehen

Rache für den Holocaust? »Plan A« in der ARD

In dem Drama sinnt eine Gruppe Juden auf Rache für die deutschen Holocaust-Verbrechen

von Ute Wessels  04.05.2025 Aktualisiert

Ausstellung

G*tt in Blau

Das Jüdische Museum Wien geht sieben großen Fragen nach – von der Bibel bis in die Gegenwart

von Tobias Kühn  04.05.2025