Schoa

Die Täter benennen

Gedenkstättenleiter Hans-Christian Jasch Foto: Gregor Zielke

Gleich zwei Jahrestage begeht die Gedenk-und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in diesen Tagen: Am 20. Januar jährt sich die berüchtigte Konferenz, bei der in der Villa am Wannsee die Vernichtung der europäischen Juden beschlossen wurde, zum 75. Mal. Die Einrichtung feiert in diesem Jahr zudem ihr 25-jähriges Bestehen.

Diese Daten nimmt die Gedenk- und Bildungsstätte zum Anlass, um Interessierte mit einer Veranstaltungsreihe vom 19. bis zum 25. Januar an den historischen NS-Täterort am Großen Wannsee 56–58 im Südwesten Berlins einzuladen.

20. Januar 1942 Vergangene Woche stellte Gedenkstättenleiter Hans-Christian Jasch das Programm vor und erinnerte an das historische Datum: »Vor 75 Jahren, am 20. Januar 1942, berieten in dieser Villa am Wannsee auf Einladung von Reinhard Heydrich, dem Chef des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei, 15 hochrangige Polizei- und Ministerialbeamte über einen einzigen Tagesordnungspunkt, die sogenannte Endlösung der Judenfrage.«

Der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz komme als authentischem Schauplatz von NS-Verbrechen und als Ort der Information und Namhaftmachung der Täter eine besondere Rolle in der Berliner Erinnerungslandschaft zu, so der Direktor.

Das Veranstaltungsprogramm startet am heutigen Donnerstag. Mit einer großen Gedenkzeremonie, an der Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) teilnehmen werden, soll am Nachmittag der Opfer des Nationalsozialismus gedacht werden. Rabbiner Andreas Nachama wird gemeinsam mit Pfarrern einen christlich-jüdischen Gedenkgottesdienst abhalten. Am Freitag eröffnet die Gedenk- und Bildungsstätte dann die Sonderausstellung Ausgeblendet – Repressed Memory, in der der schwierige Umgang mit NS-Täterorten in West-Berlin thematisiert wird.

Schulklassen »Mit unserer Bildungsarbeit richten wir uns sowohl an Jugendliche als auch an Erwachsene aus allen Berufsgruppen. Die in unserem Konzept verankerte Prämisse des selbstständigen Lernens ist seit dem Bestehen die große Chance unseres Hauses«, so Elke Gryglewski, Leiterin der Bildungsabteilung im Haus der Wannsee-Konferenz. Das Interesse an Führungen und Workshops sei besonders von Schulklassen und Jugendgruppen so groß, dass sie gar nicht alle Anfragen beantworten könne, so Gryglewski.

Aus Anlass des 75. Jahrestags der Konferenz gibt die Gedenk- und Bildungsstätte in diesem Jahr einen neuen Sammelband heraus. Das 300 Seiten umfassende Buch widmet sich den Biografien aller 15 an der Konferenz beteiligten Männer. Der prägnante Titel: Die Teilnehmer. Gestützt auf Primärquellen aus in- und ausländischen Archiven, schildern renommierte NS-Forscher Werdegang, Funktion im Nationalsozialismus und späteres Schicksal der Täter in jeweils einem Beitrag.

»Die Teilnehmer der Wannsee-Konferenz waren ganz gewöhnliche Männer. Es handelt sich um keine amorphe Gruppe, die wie aus dem Nichts zum ersten und einzigen Mal in der Villa zusammenkommt. Vielmehr trafen sich hier NS-Größen, die sich schon lange vorher persönlich kannten und die gemeinschaftlich auf den Massenmord an den europäischen Juden hingearbeitet haben«, erklärt Christoph Kreutzmüller, Kurator am Jüdischen Museum.

Zusammen mit Gedenkstättendirektor Jasch gibt der Historiker das Buch heraus. »Mit unserem Sammelband wollen wir die häufigsten Fragen beantworten, die uns die jährlich 100.000 Besucher der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz stellen«, erklärt Jasch. Das Buch richte sich an alle, die mehr über eine der zentralen Tätergruppen der Schoa erfahren möchten.

Hans-Christian Jasch, Christoph Kreutzmüller: »Die Teilnehmer«. Metropol, Berlin 2017, 300 S., 20 €

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert