Kino

Die musikalische Vielfalt vor der Schoa

Jüdische Flüchtlinge aus Deutschland machen im August 1938 im schweizerischen Flüchtlingslager Diepoldsau Musik. Foto: picture alliance/KEYSTONE

Der 9. November 1938 - das war die Nacht, als die Synagogen brannten, Tausende jüdische Geschäfte geplündert wurden und mit der Verhaftung von mehr als 30.000 der Terror gegen Juden im nationalsozialistischen Deutschland eine zu diesem Zeitpunkt neue Dimension bekam.

Unmittelbar vor dem Jahrestag läuft nun ein Film in ausgewählten deutschen Kinos an, der eine mit der Schoa verlorene Welt in Erinnerung bringt und buchstäblich hörbar macht: »I Dance, But My Heart is Crying« (Ich tanze, aber mein Herz weint). Der Musikfilm von Christoph Weinert lässt die Musik jüdischer Künstler der 1920er und 1930er Jahre wieder aufleben.

Kein typischer Musikfilm

Der Film erzählt von den beiden Plattenlabels »Semer« und »Lukraphon«, die im nationalsozialistischen Berlin noch bis 1938 Musik jüdischer Künstler produzierten. Der 9. November 1938 brachte die Zäsur: Texte, Noten und Originalmatrizen wurden teils komplett zerstört, teils blieben sie nach dem Zweiten Weltkrieg verschollen.

Die Musik überdauerte dennoch - etwa auf Schellack-Platten jüdischer Emigranten. Mehr als 70 Jahre später trugen zwei Plattensammler sie aus den entlegensten Winkeln der Welt in akribischer Kleinarbeit wieder zusammen. Der Film erzählt die Geschichte dieser Arbeit - und stellt zwölf Lieder beispielhaft in der Interpretation zeitgenössischer Sänger und Musiker jüdischer Musik vor.

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Die Lieder und die unterschiedlichen Musikstile stehen auch für die Vielfalt jüdischen Lebens im Berlin der Weimarer Republik: Mondäne Chansonsängerinnen sind ebenso vertreten wie die religiöse Inbrunst chassidischer Lieder der frommen Ultraorthodoxen oder die Klänge jiddischen Liedguts aus dem Scheunentorviertel mit seiner ostjüdischen Bevölkerung, die die Welt galizischer Stetl verkörpern.

Zum Filmstart sind nach Angaben des Verleihs unter anderem Kooperationen mit Schulen geplant. »Filme oder journalistische Formate sind kein Schulunterricht mit einer pädagogischen Implikation«, betont Koproduzent Yves Kugelmann. »Sie sind ein Angebot im Sinne der Aufklärung, für Meinungsbildung, Vermittlung. Gute Geschichten und gut erzählte Geschichten sind zugleich immer mehr als das. Sie öffnen Perspektiven im Jetzt.«

Teil ihrer Geschichte

Der Film erzähle die Geschichte von Künstlern, deren Werk und Geschichte nicht aus der Perspektive des tragischen Schicksals und der Vernichtung, sagt Kugelmann der Deutschen Presse-Agentur. Vielmehr feiere er »Menschen, Werk und Leben«.

Der Film zeige, was war, ohne dass er es vom tragischen Ende her erzähle. »Das ist wichtig. Diese Menschen waren keine Opfer, sondern Künstler. Sie wurden Opfer, und zugleich sollte dies nicht von uns zu deren Identität, sondern Teil ihrer Geschichte gemacht werden.«

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