Kino

Die Frau, die Nein sagt

Hanna (Julia Garner) und Liv (Jessica Henwick) als Touristinnen in Australien Foto: See Saw Films

Gerade noch haben Hanna (Julia Garner) und ihre Freundin Liv (Jessica Henwick) auf einem Partyschiff in der Bucht von Sydney getanzt, da verschlägt es sie ins australische Nirgendwo. Ein Zug rattert durch das Outback, der Bus lässt die kanadischen Backpackerinnen mitten im Wüstenstaub heraus, von wo aus sie per Auto zur Gaststätte »The Royal Hotel« gebracht werden.

Ein Name wie ein schlechter Witz, denn der alte Glanz ist vom Zahn der Zeit angefressen: die Lettern kaum zu lesen, der Gastraum runtergerockt und die oben darüber gelegenen Wohnräume samt knatternder Duschen in desolatem Zustand.

Julia Garner gehört zu den vielseitigsten Schauspielerinnen ihrer Generation.

»Sie müssen mit ein wenig männlicher Aufmerksamkeit klarkommen.« Die Worte der Jobvermittlerin, die den finanziell gestrandeten Urlauberinnen den Kneipen­job vermittelt hat, entpuppen sich in Kitty Greens zweitem Spielfilm The Royal Hotel als völlige Untertreibung. Nachdem Kneipenbesitzer Billy (Hugo Weaving) sie eingewiesen hat, sehen sich die Frauen bei allabendlichen Besäufnissen der Minenarbeiter sexistischen Sprüchen und Witzen und später auch mehr ausgesetzt. Liv spielt das Verhalten als »kulturelles Ding« herunter, Hanna hingegen würde am liebsten die Flucht ergreifen.

Julia Garner gibt die junge Frau mit ihrem hellen Teint und blonden Locken in einer Mischung aus Verletzlichkeit und Biss. Es ist nach Greens Debüt The Assistant die zweite Zusammenarbeit zwischen den beiden. Bereits dort ging es um toxische Strukturen. Garner spielte in dem dichten Kammerspiel eine Assistentin in einer Filmproduktionsfirma, die sich strukturell geduldetem Machtmissbrauch ausgesetzt sah. Die Bedrohung ging von dem Boss der Firma aus, der in dem #MeToo-Drama auf den Fall Harvey Weinstein rekurrierte, allerdings bewusst nicht zu sehen war.
Dass die Regisseurin erneut mit Garner zusammenarbeitet, wundert nicht.

Die 29-jährige Schauspielerin, die im Viertel Riverdale in der New Yorker Bronx als Tochter einer aus Israel stammenden jüdischen Therapeutin und eines Malers und Kunstlehrers geboren wurde, gehört zu den vielseitigsten und erfolgreichsten ihrer Generation. Um ihre Schüchternheit zu überwinden, beginnt sie mit 15 Jahren, Schauspielunterricht zu nehmen.

Auch wenn »The Royal Hotel« charakterliche Schattierungen bei den Männern zulässt, geht der Film anders als der subtilere »The Assistant« mit dem Kopf durch die Wand.

Mit 17 Jahren gibt sie ihr Filmdebüt in Sean Durkins gefeiertem Independent-Psychothriller Martha Marcy May Marlene und startet mit kleineren und größeren Rollen in Kinoproduktionen und Serien durch. Sie ist in der Dramaserie The Americans zu sehen, spielt in der vielschichtigen Serie Ozark die Kleinkriminelle Ruth Langmore, eine Rolle, für die sie drei Emmys und einen Golden Globe als beste Nebendarstellerin gewinnt. Spätestens mit der Netflix-Mini­serie Inventing Anna über die Hochstaplerin Anna Sorokin, für die sie für einen Golden Globe als beste Hauptdarstellerin nominiert wird, gelangt sie zu Weltruhm.

Auch in ihrer Rolle in The Royal Hotel überzeugt sie neben der ebenfalls fantastischen Henwick. Sie ist es, die Nein sagt in dem toxischen Haifischbecken zwischen Typen wie Teeth (James Frecheville) oder Dolly (Daniel Henshall). Ersterer mag ganz nett wirken, glaubt aber fest daran, dass ein Mädchen ihm gehört, wenn er nur lange genug auf seinem Barhocker kleben bleibt, und Letzterer ist ein waschechter Soziopath. »Wir albern nur rum«, sagt Matty (Toby Wallace), ein nicht unsympathischer Kylie-Minogue-Fan und Meteorologie-Absolvent. Seinen Spruch glaubt Hanna nur in jenen kurzen Momenten, in denen die beiden sich näherkommen.

Auch wenn The Royal Hotel charakterliche Schattierungen bei den Männern zulässt, geht der Film im Gegensatz zum wesentlich subtileren The Assistant mit dem Kopf durch die Wand. Green dreht die realen Ereignisse aus Pete Gleesons Dokumentarfilm Hotel Coolgardie, auf dem ihr Outback-Thriller basiert, durch einen Genrefilm-affizierten kinematografischen Fleischwolf und lässt ihn mit einem überdrehten Knall enden.

Der Film läuft ab dem 11. Januar im Kino.

Berlin

Mut im Angesicht des Grauens: »Gerechte unter den Völkern« im Porträt

Das Buch sei »eine Lektion, die uns lehrt, dass es selbst in den dunkelsten Zeiten Menschen gab, die das Gute dem Bösen vorzogen«, heißt es im Vorwort

 17.09.2025

Israel

»The Sea« erhält wichtigsten israelischen Filmpreis

In Reaktion auf die Prämierung des Spielfilms über einen palästinensischen Jungen strich das Kulturministerium das Budget für künftige »Ophir«-Verleihungen

von Ayala Goldmann  17.09.2025

Berlin

»Stärker als die Angst ist das menschliche Herz«

Die Claims Conference präsentiert in einem Bildband 36 Männer und Frauen, die während der Schoa ihr Leben riskierten, um Juden zu retten

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Auszeichnung

Theodor-Wolff-Preis an Journalisten vergeben

Der Theodor-Wolff-Preis erinnert an den langjährigen Chefredakteur des »Berliner Tageblatts«, Theodor Wolff (1868-1943)

 17.09.2025

Los Angeles

Barbra Streisand über Dreh mit Robert Redford: »Pure Freude«

Mit dem Klassiker »The Way We Were« (»So wie wir waren«) brachen die beiden Stars in den 70er-Jahren Millionen Herzen. Nach dem Tod von Redford blickt Hollywood-Ikone Streisand zurück auf den Dreh

von Lukas Dubro  17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Für Toleranz, Demokratie: Margot Friedländer Preis vergeben

Es ist die erste Preisverleihung nach dem Tod der Stifterin. Ausgezeichnet wird der Einsatz für die Ideale der im Frühjahr gestorbenen Holocaust-Überlebenden

 17.09.2025

Hochstapler

»Tinder Swindler« in Georgien verhaftet

Der aus der Netflix-Doku bekannte Shimon Hayut wurde auf Antrag von Interpol am Flughafen festgenommen

 16.09.2025

Eurovision Song Contest

Streit um Israel: ESC könnte wichtigen Geldgeber verlieren

RTVE ist einer der fünf größten Geldgeber des Eurovision Song Contest. Umso schwerer wiegt der Beschluss, den der spanische Sender verkündet

 16.09.2025