Berlin

Die drei Konzerte des Kirill Petrenko

Kirill Petrenko hat für seine drei Konzerte in Berlin ein gewagtes Programm: Paul Dukas, Franz Schmidt und Sergej Prokofjew Foto: dpa

Am Ende war alles so überraschend, dass selbst diejenigen, die für die Überraschung gesorgt hatten, etwas hilflos wirkten. Allerhand Kameras, aufgeregte Pressesprecher und verwirrende Antworten auf der Pressekonferenz in der Berliner Philharmonie.

Die vielen Nachfragen, wann Kirill Petrenko denn nun antrete, ob 2018 oder doch erst 2020, schienen Intendant Martin Hoffmann und seine Musiker zu irritieren, als sie 2015 bekannt gaben, dass Petrenko neuer Chefdirigent und somit Nachfolger von Simon Rattle wird.

Phantom Drei Jahre ist diese Szene nun her. Und mittlerweile steht fest: Petrenko wird im August 2019 sein Amt als Chefdirigent der Berliner Philharmonie antreten. Die Auftritte des amtierenden Generalmusikdirektors der Bayerischen Staatsoper werden mit großer Spannung erwartet, denn seine Gastspiele in Berlin sind rar.

Selbiges gilt für Aussagen des 46-Jährigen darüber, was er musikalisch mit den Philharmonikern erreichen möchte. Interviews lehnt Petrenko seit einigen Jahren kategorisch ab. Mit Petrenko, den die Tageszeitung »Die Welt« einmal das »Phantom der Oper« nannte, wird das Orchester endgültig zu einem Orakel.

Ab Donnerstagabend wird der Dirigent an drei Abenden hintereinander einen Vorgeschmack darauf geben, wohin die Reise mit ihm – musikalisch gesehen – gehen wird.

Entschieden hat sich Petrenko für ein ebenso anspruchsvolles wie ungewöhnliches Programm: Paul Dukas’ La Péri, in der es um Verführung, Tod und die Sehnsucht nach Unsterblichkeit geht, und Franz Schmidts 4. Symphonie, die in der Tradition des österreichischen Komponisten Anton Bruckners steht und in einem Trauermarsch mündet. Dazwischen erklingt Sergej Prokofjews klassizistisches 3. Klavierkonzert mit der chinesischen Pianistin Yuja Wang als Solistin.

Herausforderung Für die schillernden Berliner Philharmoniker ist der sanfte Maestro Kirill Petrenko eine Herausforderung. Unter Simon Rattle haben sie die Abkehr von der eigenen Vergangenheit eingeleitet. Sie haben dem sogenannten deutschen Klang, der von Wilhelm Furtwängler erfunden, von Herbert von Karajan gepflegt und von Claudio Abbado entschlackt wurde, einen postmodernen, vielfältigen und globalisierten Sound entgegengesetzt.

Rattles Nachfolge zu bestimmen, war auch eine Antwort auf die Frage: Zurück in die Neudeutung der Vergangenheit oder ein Schlussstrich und ein kompromissloser Aufbruch ins Neue? Mit Christian Thielemann und Daniel Barenboim wäre das Orchester vielleicht zu seinen emotionalen Wurzeln, zum Rauschhaften zurückgekehrt.

Mit Kirill Petrenko wird womöglich das Gegenteil passieren: eine eklektizistische Zukunft und die Emanzipation vom alten Sound. Es wird spannend, zu sehen, ob dieser Weg in Willkür endet oder in wirklich neuen Visionen. Am Donnerstagabend weiß man mehr. ab/ja

Musik

»Piano Man« verlässt die Bühne: Letztes Billy-Joel-Konzert

Eine Ära geht zuende: Billy Joel spielt nach zehn Jahren vorerst das letzte Mal »Piano Man« im New Yorker Madison Square Garden. Zum Abschied kam ein Überraschungsgast.

von Benno Schwinghammer  26.07.2024

Zahl der Woche

16 Sportarten

Fun Facts und Wissenswertes

 26.07.2024

Lesen!

Ein gehörloser Junge und die Soldaten

Ilya Kaminsky wurde in Odessa geboren. In »Republik der Taubheit« erzählt er von einem Aufstand der Puppenspieler

von Katrin Diehl  25.07.2024

Ruth Weiss

»Meine Gedanken sind im Nahen Osten«

Am 26. Juli wird die Schriftstellerin und Journalistin 100 Jahre alt. Ein Gespräch über ihre Kindheit in Südafrika, Israel und den Einsatz für Frauenrechte

von Katrin Richter  25.07.2024

Streaming

In geheimer Mission gegen deutsche U-Boote

Die neue Action-Spionagekomödie von Guy Ritchie erinnert an »Inglourious Basterds«

von Patrick Heidmann  25.07.2024

Bayreuth

Das Haus in der Wahnfriedstraße

Die Debatten um Richard Wagners Judenhass gehen in eine neue Runde. Nun steht sein antisemitischer Schwiegersohn Houston Stewart Chamberlain im Fokus

von Axel Brüggemann  25.07.2024

Sehen!

»Die Ermittlung«

Der Kinofilm stellt den Aussagen der Zeugen die Ausflüchte der Angeklagten gegenüber

von Ayala Goldmann  25.07.2024

Kommentar

Der »Spiegel« schreibt am eigentlichen Thema vorbei

In seiner Berichterstattung über das Abraham-Geiger-Kolleg konstruiert das Magazin eine Konfliktlinie

von Rebecca Seidler  25.07.2024 Aktualisiert

Literatur

Dieses Buch ist miserabel. Lesen Sie dieses Buch!

Eine etwas andere Kurzrezension von Ferdinand von Schirachs Erzählband »Nachmittage«

von Philipp Peyman Engel  24.07.2024 Aktualisiert