Finale

Der Rest der Welt

Es kommt selten vor, dass mein Mann Verständnis für die Ansichten eines Rabbiners zeigt. Auch weigert er sich beharrlich, mich und meinen Sohn am Schabbat in die Synagoge zu begleiten, mit der Begründung, er habe in seiner christlich geprägten Jugend mehr als genug gebetet.

Doch als Rabbi Amnon Yitzchak – in Israel mit seiner Liste zur Knessetwahl gescheitert – unlängst erklärte, Frauen gehörten nicht ans Steuer und ich meinem Mann empört davon berichtete, lächelte er süffisant, anstatt sich aufzuregen.

»Wir würden eine Menge Geld sparen, wenn du S-Bahn statt Auto fahren würdest«, behauptete er und rechnete mir die angeblich vierstelligen Kosten vor, die ich durch Umsetzen wegen Falschparkens und eine Schramme an einem anderen Wagen verursacht hätte. Das Einzige, was ich an dieser Stelle einräume, ist die Geschichte mit dem Kratzer. Gebüßt habe ich auch schon: Die Versicherung hat mich empfindlich hochgestuft.

Parkplatz Allerdings ist mir das Malheur einzig und allein im Dienst der jüdischen Sache passiert. Auf einem Parkplatz habe ich im Dezember 2012 ausschließlich an den Radiokommentar zum Beschneidungsgesetz gedacht, dessen Deadline näherrückte, statt an den Abstand zu der Karre, die neben mir parkte. Wer, außer dem Besitzer des geschrammten Wagens, sollte mir das vorwerfen dürfen? Bestimmt nicht Amnon Yitzchak, dessen Rechte – ich nehme an, er hat diverse beschnittene Söhne – ich mitverteidigt habe!

Aber setzt sich der Rabbi im Gegenzug für meine Rechte als Frau ein? Nichts da, Yitzchak behauptet, Auto fahrende Frauen benähmen sich »unzüchtig«, und »nur viert- und fünfklassige Rabbiner« würden weiblichen Personen erlauben, einen Wagen zu steuern. Und was ist Yitzchaks Begründung?

In alten jüdischen Quellen sei kein Hinweis darauf zu finden, dass Frauen in alten Zeiten Pferdekarren gezogen hätten – nur Männern sei diese Tätigkeit vorbehalten gewesen. Was damals galt, könne heute nicht falsch sein, schließt der Rav aus den Schriften der Weisen: Das Weib fahre also mit der S-Bahn. Am besten wahrscheinlich in einem per Mega-Mechitze abgetrennten hinteren Abteil des Wagens, um bei Männern keine unzüchtigen Gedanken aufkommen zu lassen.

Hardcore-Weise Leider steht Yitzchak mit seinen Ansichten in Israel, der einzigen Demokratie des Nahen Ostens, nicht allein. Auch den Gerer Chassidim sind Frauen am Steuer ein Gräuel. Fehlte nur, dass unsere Hardcore-Weisen so weit gehen wie der saudi-arabische Kleriker Sheich Saleh al-Lohaid, der unlängst erklärte, autofahrende Frauen gefährdeten durch Einquetschen ihres Beckens hinter dem Steuer die Funktion ihrer Eierstöcke – und brächten daher missgebildete Kinder zur Welt.

Aber mein Mann winkte nur ab, als ich ihm von dieser erschütternden Äußerung berichtete: »Was interessieren mich diese orientalischen Spinner? Ich habe gerade deinen neuesten Strafzettel bezahlt«, meinte er lakonisch.

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

 12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Literatur

Deutsch-Hebräischer Übersetzerpreis für Helene Seidler

Die Schriftstellerin wurde für die Übersetzung des Romans »Unter Freunden stirbt man nicht« von Noa Yedlin ausgezeichnet

 12.12.2025

Zürich

Protest gegen ESC-Teilnahme Israels: Nemo gibt Pokal zurück

Mit der Zulassung Israels verrate der Gesangswettbewerb seine Werte von »Einheit, Inklusion und Würde für aller Menschen«, so Nemo

 12.12.2025