Glosse

Der Rest der Welt

Welche Nummer ist das denn? Foto: Getty Images

Wie klingt eigentlich die Zahl 45 für Sie? Geht so? Oder eher alt? Haben Sie vielleicht keine Meinung zu dieser Zahl? Mir geht es genauso. Fünfundvierzig. Hmm. Ausgeschrieben sieht die Zahl irgendwie auch nicht viel besser aus, oder? Was ist das, dieses 45? Ist das etwas Erwachsenes? Muss es denn überhaupt etwas sagen?

Na jedenfalls bin ich jetzt auf den Tag genau 45 und frage mich, was ich damit anfangen soll. Früher – o weh, sehen Sie, damit fängt es schon an, dieses Altwerden, indem man altdamenmäßig »früher« sagt –, also früher habe ich Geburtstage groß gefeiert. Als Kind lud ich alle meine Freunde ein, es gab Schneewittchentorte, große Tafeln, viele Geschenke, viel Trubel: Leider war ich zu meinen eigenen Festen regelmäßig krank und ließ dann die anderen feiern (damals – nein, ein Synonym von früher – war das noch nicht so, dass alle Kinder ausgeladen wurden, nur weil das Geburtagskind eine kleine Angina hatte). Im Februar sind eh alle malade, von daher war das dann auch egal.

Als Gruftie-Teenager fand ich das alles blöd und aufgesetzt

An meine Geburtstage in der Schule kann ich mich gar nicht mehr so doll erinnern, als ich dann ein schwarz gekleideter Teenager war, fand ich das eh alles zu blöd und aufgesetzt und so.

So richtig gefeiert wurde eigentlich erst wieder zum 18. Alle Februarkinder, die nicht krank waren, feierten gemeinsam in einer Gartenkolonie bei den Hochhäusern. Das einzige Essen, das es gab, waren Eierkuchen und Chips, der Rest war flüssig, so wie die Aspririn-Zubereitungen am folgenden Tag. Aber 18, das musste schließlich gefeiert werden. Wir waren volljährig, durften zum ersten Mal wählen, das Abi war in Sichtweite, die Welt auch.

Die Jahre an der Uni waren geburtstagstechnisch ziemlich cool. Aus kleinen Partys in meiner Küche wurde irgendwann ein 35-Menschen-Happening. Dass meine Hinterhofwohnung so viele Leute schlucken konnte, war mir nicht klar. Es war ungefähr der Effekt: Wie viele Menschen passen in einen Trabant?

Bekannte Fotografen dieser Zeitung surften auf meinem Bügelbrett.

Es gab legandäre Szenen. Bekannte Fotografen dieses Blattes surften in meiner Küche auf meinem Bügelbrett, bekannte Autoren dieser Zeitung hielten es und damit sie fest. Ach, damals … ah –, nein, schon wieder dieses Damals, dieses Früher. Nix da, schluss mit den ollen Kamellen.

Was plane ich also zu meinem Jubeltag? Um es kurz zu machen: nix. Keine Party, keine Exzesse, keine Blumen. Ich will einfach meine Ruhe haben. Falls das zickig klingt – soll es gar nicht. Meine Ruhe heißt: Ich will mit meinen Lieben zusammensein, möchte mit ihnen was Gutes essen, mit etwas Gutem anstoßen und am Abend vielleicht ins Kino gehen und diese Nick-Cave-Doku sehen über seine Band »The Birthday Party«. Ich frage mich jetzt nur ganz stark: Ist das minimalistisch oder schon altersgerecht? Ach, egal. Ich werde ja schließlich nur einmal dieses seltsame Fünfundvierzig.

Sommerferien

Tut endlich nichts!

Therapeuten geben Tipps, wie Urlaub mit Kindern auch für Eltern entspannend sein kann

von Nicole Dreyfus  27.07.2025

Erinnerungskultur

Wolfram Weimer will neues Gedenkstättenkonzept vorlegen

In der vergangenen Legislaturperiode war ein Gedenkstättenkonzept gescheitert. Der Kulturstaatsminister nimmt nun einen neuen Anlauf

 25.07.2025

Literatur

»What’s with Baum?«: Woody Allens erster Roman

Das Erstlingswerk soll wenige Monate vor Allens 90. Geburtstag erscheinen

von Imanuel Marcus  24.07.2025

Zahl der Woche

932.097

Fun Facts und Wissenswertes

 24.07.2025

Gaming

Zocken gegen Juden

Wie Rechtsextremisten und Islamisten Onlinespiele nutzen, um Anhänger zu rekrutieren

von Ralf Fischer  24.07.2025

Kolumne

Der »gute jüdische Junge«: Zeit, über ihn hinwegzukommen!

Abschied von einer Filmlegende, die mir im echten Leben noch nie begegnet ist

von Laura Cazés  24.07.2025

Zürich

»Unschätzbarer Wert«: Jüdische Schriftensammlung wird restauriert

Teilweise stammen die Bücher aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Sie sind Relikte einer von den Nazis in weiten Teilen zerstörten Breslauer Bibliothek. Sie sollen auch digitalisiert werden

von Leticia Witte  24.07.2025

Meinung

Rothenburgs jüdische Geschichte ist in Gefahr

In dem bayerischen Ort wurde die mittelalterliche Synagoge freigelegt – und soll nun wieder zugeschüttet werden. Ein skandalöser Umgang mit dem historisch bedeutenden Ort

von Johannes Heil  24.07.2025

Zahl der Woche

1004

Funfacts & Wissenswertes

 24.07.2025