Glosse

Der Rest der Welt

Noa und ihr Vater in Washington Foto: picture alliance / newscom

Und? Wie war Ihr Wochenende so? Mit Freunden brunchen im Café? Auf Radtour und dann rein in den Badesee? Okay, genug mit den Klischees. Man kann ruhig zugeben, dass man erschöpft im Bett gelegen und die ganze Zeit an die Decke gestarrt hat, um wieder neue Energie zu finden, um kreativ zu sein und um sowieso alles besser zu machen als die Woche davor. Diese Kraft brauchen wir ja auch alle, denn die Nachrichten sind, wie sie sind. Angriffe, Attacken, alles nur schwer zu ertragen.

Eine Nachricht vom Wochenende aber war so schön, dass alle darüber berichtet haben, oder? Ach nein, pardon. Niemand berichtete darüber. Also machen wir es.

Auf dem Instagram-Kanal des Klatschportals »Erev tov« – das ist so ein Format, das gekörnte und unscharfe Fotos von Promis veröffentlicht, die einfach mal ungestört abends essen gehen wollen, oder das C-Promis fragt, was sie über D- und F-Promis denken –, auf diesem Kanal also war ein Video von Noa Argamani zu sehen. Der jungen Frau, die am 7. Oktober 2023 von Terroristen gemeinsam mit ihrem Freund Avinatan Or vom Nova-Festival entführt wurde.

Viele erinnern sich sicherlich noch an die Szene auf dem Motorrad der Entführer, in der Noa und ihrem Partner die Todesangst ins Gesicht geschrieben stand. Seit dem 8. Juni ist Noa frei. Sie lag in den Armen ihres Vaters, sie musste ihre Mutter begraben, die kurze Zeit nach der Befreiung ihrer Tochter an Krebs gestorben war. Sie war in Washington. Sie war in Japan, sie sprach über Todesangst, jede Nacht.

Und am Wochenende tanzte Noa. Gemeinsam mit ihrem Vater, auf den Schultern anderer Gäste bei der Party mit dem Motto »Return to Life«, bei der ein Graffiti ihren Freund zeigt. Darunter stand: »We will dance again.« Es war laut, es war heiß, sie war einfach – in genau diesem Moment – nur glücklich und vielleicht richtig befreit. Es war die wohl beste Nachricht des vergangenen Wochenendes. Wenn da nicht die Kommentare unter den Posts gewesen wären, die sich darüber ausließen, wie sie nur könne, sie solle doch in Trauer sein, um ihre Mutter, um ihren Freund. Wie sie sich zeige, so im knappen Bikini, tanzend. Ob sie gar kein Mitgefühl habe. All so ein – pardon – höhnischer Mist.

Glücklicherweise war die Mehrzahl der Kommentare positiv und auf der Seite der 26-Jährigen aus Beer Sheva. Noa Argamani hielt eine kurze und sehr berührende Ansprache: Sie wisse, dass der Zeitpunkt für die Party nicht ideal sei, während der Krieg noch in vollem Gange sei, während Soldaten noch kämpften und mehr als 100 Geiseln, darunter auch ihr Freund, den sie so furchtbar vermisse, noch in Gaza festgehalten würden. Sie umklammerte das Mikrofon fest, als sie sagte: »Ich bin glücklich, das Leben an sich mit euch zusammen zu feiern. Wir müssen jeden Tag unseres Lebens zu schätzen wissen, wir sollten jeden Moment feiern, den wir hier sind.«

Hat da jetzt noch jemand was zu meckern? Möchte jemand noch moralisieren? Na also! Hashtag Was Noa sagt.

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025