Glosse

Der Rest der Welt

Foto: Getty Images/iStockphoto

So, die Fußball-EM hätten wir ja hinter uns, Frankreich hat bekanntlich nicht gewonnen, die Three Lions bleiben »On the Shirt«, da bahnt sich auch schon das nächste sportliche Großereignis an: die Olympischen Sommerspiele in Paris.

Da – außer Schwimmen – irgendwie nichts wesentlich Interessantes geboten wird, was einen Sportmuffel wie mich vom Bürostuhl hochreißen könnte, nutze ich die Zeit bis zum Entzünden des Olympischen Feuers, um mich über die Dummheit zu ärgern. Aber nicht über die alltägliche, die kleinliche, die mitmenschliche wie sonst. Nein, über meine ganz eigene. So oft mache ich das nicht, also lohnt sich das Weiterlesen.

Die »New York Times«, die olle Tante, hat nämlich eine Liste der besten 100 Bücher des 21. Jahrhunderts veröffentlicht. Und nun posten zahlreiche meiner Bekannten, wie viele dieser 100 Bücher der vergangenen 25 Jahre sie gelesen haben. 29, so schreibt der eine, 38 die andere und beachtliche 40 der dritte.

Ich hingegen habe nach langem Ansehen, Wiederansehen und nochmaligem genauen Hinsehen läppische, also, räusper, na, nicht mehr als, okay, ich schreibe es jetzt einfach mal: fünf gelesen. Fünf von 100. Fünf Prozent oder anders ausgedrückt: so gut wie nichts. Ich fühle mich jetzt unbelesen, alt und doof. Suche nach Ausreden, um mir meine fünf Bücher irgendwie schönzureden.

Ist mir doch egal, wie viele meiner Bekannten nur noch 20 lesen müssen oder nur noch 40.

Ausrede eins: Die, die ich gelesen habe, die habe ich richtig gelesen. Mit nachhaltigem Auskennen und möglichen Anflügen der Zitiererei. The Goldfinch von Donna Tart zum Beispiel. Was war das für ein tolles Buch. Oder auch My Brilliant Friend von Elena Ferrante las sich ziemlich gut. Die Party, auf der ich die zitieren könnte, gibt es aber glücklicherweise nicht.

Ausrede zwei: Ich lese lieber Sachen aus dem 20. und späten 19. Jahrhundert. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber der Buchtisch des vergangenen Jahrhunderts ist so reich gedeckt, da muss ich mich auch erst einmal durchlesen.

Was mich zu Ausrede Nummer drei bringt: Ich habe ja echt wenig Zeit, und die Straßenbahnfahrt ins Büro ist nun einmal zeitlich übersichtlich – außer bei Verspätungen, aber dann steht mir der Sinn nicht nach Lesen, dann muss ich mich aufregen und in meine Berliner Elegie verfallen. So, das wären so meine Lieblingsausreden.

Da Ausreden aber eigentlich nur ein billiges Vertuschen der Wahrheit sind, beschließe ich, die 95 Bücher einfach als Ansporn für die kommenden 25 Jahre zu sehen. Ist mir doch egal, wie viele meiner Bekannten nur noch 20 lesen müssen oder nur noch 40. Ich pfeifʼ drauf – Lesen ist ja keine olympische Disziplin mit Rekorden und Zeiten, sondern was mit Seiten.

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  11.12.2025

Israel

Ausstellung zu Bachs Klaviermusik in Jerusalem

Das Bachhaus Eisenach zeigt in Israel Dokumente zur frühen Verbreitung von Johann Sebastian Bachs Musik in Europa. Die Ausstellung begleitet das »12. Piano Festival« im Jerusalem Theatre

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Fotografie

Über die Würde des Unangepassten

Der Berliner Gropius Bau widmet Diane Arbus eine umfangreiche Retrospektive

von Bettina Piper  11.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 11.12.2025

Reykjavik

Auch Island boykottiert jetzt den ESC

Der isländische Rundfunksenders RÚV hat beschlossen, sich Spanien, Irland, Slowenien und der Niederlande anzuschließen

 11.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  10.12.2025

Kalender

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. Dezember bis zum 17. Dezember

 10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025