Glosse

Der Rest der Welt

Glosse

Der Rest der Welt

Polyester, Holz und Silikon: Online-Shoppen zum Lichterfest

von Katrin Richter  12.12.2023 15:08 Uhr

Erinnern Sie sich noch an den »Shlock Shop«? Jene kongeniale Rubrik von Michael Wuliger in der Jüdischen Allgemeinen, die abwechselnd zum Stirnrunzeln, Fremdschämen oder einem ordentlichen Lachanfall beitrug? Klassiker wie der Troll mit Tallit, die Plüschtora oder Matzeschmuck kann wohl niemand vergessen. Es gab sogar ein kleines Büchlein und eine Ausstellung.

Ein Fest schien den Kitsch immer schon besonders stark anzuziehen, nämlich Chanukka. High-Heels-Chanukkia, Plüsch-Dreidel, Latkes-Ohrringe und sogar aufklebbare Fingernägel. Kurzum: Es gab nichts, was es nicht gab zum achttägigen Lichterfest.

Und dieser Trend hat nicht nachgelassen. Einmal vom »Ugly Sweater« – und er ist wirklich ugly – im Manischewitz-Online-Shop abgesehen, ist der Online-Handel Etsy eine wahre Fundgrube für ebenso peinliche wie lustige Chanukka-Produkte.

Da wäre zum Beispiel das Latkes-Bodenkissen. Ein rundes, bedrucktes Etwas, und zwar »Latkes mit einem leckeren Klecks Sauerrahm – so wie es Bubby früher gemacht hat!«, wie es in der Selbstbeschreibung heißt. Handgefertigt in den USA, 100 Prozent Polyester. Mit Rabatt ist die runde Schönheit für derzeit 78,76 Euro zu erhalten.

Auch cool im wahrsten Sinne des Wortes: der Chanukka-Eiswürfelbehälter mit vier Motiven – einer Chanukkia, einem Davidstern, einem »LʼChaim«-Schriftzug und natürlich einem Dreidel. Kunden, die das kauften, hätten auch den Biker-Eiswürfelbehälter oder den Luftfahrt-Eiswürfelbehälter bestellen können. Alle sind aus Silikon und kosten 26,56 Euro.

Wer es dann doch lieber klassisch mag, dem öffnet sich die Welt der Chanukkiot. Beim Modell Israel aus Holz mit neun senkrecht angeordneten Kerzenhaltern müssen Sie allerdings schnell zugreifen, heißt es im Shop, da nur noch zwei übrig seien. Für 114,37 Euro gehört es Ihnen.

Günstiger sind einfache Modelle mit acht Armen zu erstehen, und wer den Leuchter lieber auf einer Tasse sieht, auch für den gibt es etwas: die 500 oder 340 Milliliter umfassende »Lighting the Menorah. Igniting the Spirit«-Tasse. »Genießen Sie Chanukka mit jedem Schluck«, wirbt der Hersteller, der die Tasse in mehreren Farbkombinationen für 25,76 Euro aufwärts verkauft.

Ein besonders schmuckes Teil ist allerdings das 50er-Jahre inspirierte Chanukka-Kleid mit Sufganiot, Dreidel und Chanukkiot bedruckt. Es passt vom Stil her eher zum Sommer, aber Kundinnen aus Deutschland haben bei diesem Produkt sowieso das Nachsehen: Aufgrund der hiesigen Verpackungsbestimmungen könne dieses Kleid nicht von Großbritannien aus geschickt werden, erklärt der Verkäufer.

Eines meiner Lieblingsobjekte aus dem »Shlock Shop« war übrigens die Dino-Chanukkia. Wer kommt auf so etwas, habe ich mich immer schon gefragt. Aber auch dazu gibt es ein Update: den »Menorah Saurus Rex«-Hoodie. Bestellbar aus den USA auch als Shirt, in vielen Farben mit immer dem gleichen Dino – ein Wunder, was alles so hergestellt wird. Chag Sameach!

Genetik

Liegt es in der Familie?

Eierstockkrebs ist schwer zu erkennen. Warum ein Blick auf den Stammbaum nützen kann

von Nicole Dreyfus  23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Stefan Wimmer  23.11.2025

Aufgegabelt

Linsenpfannkuchen von König David

Rezept der Woche

von Jalil Dabit, Oz Ben David  22.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025