Glosse

Der Rest der Welt

Gute Stimmung statt starker Husten Foto: Getty Images

Glosse

Der Rest der Welt

Mission Impossible: Bis Purim gesund bleiben

von Joshua Schultheis  14.02.2023 13:53 Uhr

Bis Purim ist es zwar noch eine Weile hin, mit den Vorbereitungen für das Fest habe ich aber schon längst begonnen. Nicht etwa, weil ich eine große Party schmeißen und dafür alles organisieren müsste. Nein, meine Mission für die nächsten zwei Wochen lautet: nicht noch einmal an Purim krank werden.

Während meine Freunde letztes Jahr nämlich die Zeit ihres Lebens hatten, lag ich schniefend und krächzend im Bett. Während ich Hustensaft löffelte, schlürften sie Cocktails, ich trug Jogginghose und extra dicke Socken, sie waren als Matrose, Wonder Woman oder, ganz klassisch, als Hamantasche verkleidet.

Fiebertraum Und zu dem Zeitpunkt, als ich in einen unruhigen Schlaf voller Fieberträume fiel, ging es bei ihnen auf der Tanzfläche erst so richtig los. Das wird mir nicht noch einmal passieren!

Maßnahme 1: Um mein Immunsystem zu stärken, nehme ich seit einer Weile eine Reihe an Nahrungsergänzungsmitteln ein. Grundlage sind die Vitamine D, C und E. Dazu die Spurenelemente Zink, Eisen sowie Selen. Um die Sache abzurunden, schlucke ich zudem Kurkumin-Extrakt, verschiedene Antioxidantien und Fischöl. Das sind zwar täglich insgesamt zwei Dutzend Kapseln und Pillen, die ein halbes Vermögen gekostet haben. Für eine Infekt-freie Purim-Party nehme ich das aber gern in Kauf.

Während meine Freunde letztes Jahr die Zeit ihres Lebens hatten, lag ich schniefend und krächzend im Bett.

Maßnahme 2: Ich vermeide Stress um jeden Preis. Dafür gucke ich seit zwei Wochen keine Nachrichten oder Talkshows mehr und wehre alle Versuche, mich in ein Gespräch über den Nahostkonflikt, die documenta oder die Frage nach dem besten Hummus der Stadt zu verwickeln, rigoros ab. Zudem folge ich einem strengen Meditations- und Achtsamkeitsregime, das es mir in meiner freien Zeit unmöglich machen soll, einen unangenehmen Gedanken zu haben. Bin ich doch einmal wegen irgendetwas aufgebracht, beschalle ich meine Ohren sofort mit Wal-Gesängen und mache mir einen Ashwagandha-Tee.

Maßnahme 3: Nähe zu anderen Menschen vermeide ich, so gut es geht. Das bedeutet, ich gehe nicht in Kinos, in Bars und auch nicht auf Geburtstage. Kein Umarmen, kein Händeschütteln und Blickkontakt vermeide ich vorsichtshalber auch gleich. Große Menschenmengen sind natürlich tabu, was bedeutet, dass ich auf den öffentlichen Nahverkehr seit einer Weile verzichte. Zur Arbeit laufe ich stattdessen, und während des etwa anderthalbstündigen Fußwegs höre ich mir Podcasts über gesunde Lebensführung und Ernährung an.

Zitronen Zugegeben, diese letzte Maßnahme war eventuell nicht die beste Idee. Seit heute Morgen spüre ich ein leichtes Kratzen im Hals. Habe ich mich eventuell gestern auf dem Nachhauseweg unterkühlt? Muss jetzt Purim für mich schon wieder ausfallen? Doch vielleicht ist es nur falscher Alarm, und morgen fühle ich mich wieder topfit, spreche ich mir Mut zu, während ich ein Dutzend Zitronen entsafte.

Beim Anblick der gelben Frucht kommt mir eine Kostüm-Idee: Ich werde als Zitrone gehen! Doch sofort beschleichen mich Zweifel: Ist das jetzt tatsächlich ein genialer Einfall oder doch bereits das Fieber, das mir den Verstand trübt?

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Rache

»Trigger-Thema« für Juden

Ein Filmseminar der Jüdischen Akademie untersuchte das Thema Vergeltung als kulturelle Inszenierung

von Raquel Erdtmann  01.12.2025

Wuppertal

Schmidt-Rottluff-Gemälde bleibt in Von der Heydt-Museum

»Zwei Frauen (Frauen im Grünen)« von Karl Schmidt-Rottluff kann im Von der Heydt Museum in Wuppertal bleiben. Nach Rückgabe an die Erbin erwarb die Stadt das Bild von ihr. Vorausgegangen waren intensive Recherchen zur Herkunft

 01.12.2025

Dorset

»Shakespeare In Love« - Dramatiker Tom Stoppard gestorben

Der jüdische Oscar-Preisträger war ein Meister der intellektuellen Komödie. Er wurde 88 Jahre alt

von Patricia Bartos  01.12.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 30.11.2025 Aktualisiert

Gerechtigkeit

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz 

Jüdische Verbände dringen auf Rückgabegesetz Jahrzehnte nach Ende des NS-Regimes hoffen Erben der Opfer immer noch auf Rückgabe von damals geraubten Kunstwerken. Zum 1. Dezember starten Schiedsgerichte. Aber ein angekündigter Schritt fehlt noch

von Verena Schmitt-Roschmann  30.11.2025

Berlin

Späte Gerechtigkeit? Neue Schiedsgerichte zur NS-Raubkunst

Jahrzehnte nach Ende der Nazi-Zeit kämpfen Erben jüdischer Opfer immer noch um die Rückgabe geraubter Kunstwerke. Ab dem 1. Dezember soll es leichter werden, die Streitfälle zu klären. Funktioniert das?

von Cordula Dieckmann, Dorothea Hülsmeier, Verena Schmitt-Roschmann  29.11.2025

Interview

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025