Finale

Der Rest der Welt

»Ich liebe die Schlümpfe! Alles, was ich vorschlage, ist: vielleicht ein bisschen anders mit ihnen zu spielen.« Foto: imago images/Hans Lucas

Die sind klein, listig und gewinnen immer»: Bundesfinanzminister Scholz hat sich als Freund der Schlümpfe geoutet. Nach der Attacke von Bayerns Ministerpräsident Söder beim jüngsten Corona-Gipfel im Kanzleramt auf den Sozialdemokraten («Sie brauchen hier gar nicht so schlumpfig herumgrinsen») will Scholz offenbar seine Basis verbreitern.

Grund genug dazu hat er – nicht nur, weil die SPD in Umfragen bei 16 Prozent liegt. Sondern weil Schlumpfhausen überall ist. Und um vor den Sommerferien an einen Impftermin zu kommen, hilft wohl nur das Zauber-Ei der Schlümpfe. Nicht einmal Schlaubi Schlumpf, der angeblich intelligenteste Winzling, hat gut sechs Monate vor der Bundestagswahl irgendeine Peilung, wohin die Reise geht.

schlumpfhausen Unsere hoffnungsvollen zukünftigen Wähler brauche ich gar nicht erst zu fragen. «Gibt es eine Schule in Schlumpfhausen? Ja, da gibt es nur noch Pausen!», heißt es schon im «Lied der Schlümpfe». Vom Küchentisch aus beobachte ich, wie das Homeschooling seltsame Blüten treibt. Lehrer erscheinen nicht zum Online-Unterricht, Schüler entwickeln perfekte Ausreden, wenn sie Antworten nicht wissen. («Verbindung wackelt, kann die Stummschaltung nicht aufheben.»)

Nebenbei werden Witze erzählt: «Was ist blau und liegt im Wald? Schlumpfkacke!» Außerdem laufen YouTube-Videos. Ich glotze ebenfalls, natürlich erst nach Dienstschluss. Neulich habe ich mir «Schlumpfgold» und «Eine Glocke für Azrael» reingezogen.

Wer (wie ich) den Schlümpfen als Kind in den 70ern via Schallplatte begegnet ist, wird sich noch gut erinnern, wie ein Sprecher mit unheilvollem Klang den «bösen Zauberer Gargamel und seinen widerlichen Kater Azrael» ankündigte. Jahrzehnte später nahm sich der französische Autor Antoine Buéno den hakennasigen Zauberer, der aus einem Schlumpf Gold herstellen will, und sein fieses Haustier genauer vor.

führerfigur «Da ist Gargamels Antlitz, das eindeutig an eine antisemitische Karikatur erinnert. Dann die Tatsache, dass seine Katze Azrael heißt, was klanglich wirklich nah an Israel liegt», schrieb Buéno in seinem «Kleinen blauen Buch», in dem er die soziale Ordnung der Schlümpfe als «Archetyp einer totalitären Gesellschaft» beschrieb, die «Züge des Stalinismus und Nazismus» trage, mit Papa Schlumpf als Führerfigur. Hoffentlich kein schlechtes Omen für die Wahl im September.

Ich möchte aber nicht missverstanden werden: Ich will keine Cancel-Kultur für Schlümpfe! Ich halte es lieber mit Buéno, der schon 2011 im Deutschlandfunk sagte, er habe nie deren Verurteilung im Sinn gehabt. «Im Gegenteil: Ich liebe die Schlümpfe! Alles, was ich vorschlage, ist: vielleicht ein bisschen anders mit ihnen zu spielen.»

Apropos: Auf eBay werden gerade für fünf Euro Arztschlümpfe als Impfschlümpfe angepriesen. Auch FFP2-Masken in Kleinstformat wären ein super Geschäft: Die großen Ohren der Schlümpfe sind dafür wie gemacht. Vielleicht sollte ich Zwischenhändlerin werden? Ich nehme auch niedrigere Provisionen als mutmaßlich zwei Volksvertreter der Union (inzwischen parteilos) im Bundestag!

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025