Glosse

Der Rest der Welt

Fettiges zu Chanukka? Mir wird gleich schlecht ...

von Joshua Schultheis  27.12.2024 10:31 Uhr Aktualisiert

Joshua Schultheis Foto: Charlotte Bolwin

Fettiges zu Chanukka? Mir wird gleich schlecht ...

von Joshua Schultheis  27.12.2024 10:31 Uhr Aktualisiert

Wenn Sie gerade etwas essen, insbesondere wenn es sich um Frittiertes handelt, hören Sie bitte jetzt damit auf. In dieser Glosse geht es nämlich um Übelkeit, Verdauungsstörungen, Fett – und Chanukka. Diese Tetrade prägt mein Leben lang gewisse acht Tage im Winter. Bereits als Kind dämmerte mir mit jeder weiteren Kerze, jedem weiteren Abend voller Sufganjot, Latkes und Goldtalern mit Schokokern, dass ich nicht geschaffen bin für Lebensmittel dieser Art.

Mir wurde jedes Mal speiübel. Natürlich langte ich trotzdem ordentlich zu, es schmeckte ja, und die Leckereien zusammen mit den vielen Geschenken und der andächtigen, lichtdurchfluteten Stimmung machten mich Jahr um Jahr zu einem seligen Jungen, trotz leicht grünlichem Gesicht.

Ein Zufallsbefund bei einer Untersuchung brachte schließlich den Grund für meine lipophobe Disposition zutage: Mein Körper produziert fast keine Elastase, ein Verdauungsenzym zur Aufspaltung von Fettmolekülen. Die Diagnose »exokrine Pankreasinsuffizienz« ist normalerweise sehr, sehr ernst, womit wir ganz kurz den Boden der glossalen Heiterkeit verlassen müssen. Besagte Bauchspeicheldrüsenschwäche geht nämlich normalerweise mit der schweren Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose einher.

Mir sollte dieses Jahr zu Chanukka nicht übel werden.

Nach dem Arztbesuch überhäuften mich meine Eltern einige Tage lang mit Aufmerksamkeit, bis schließlich die relevanten Testergebnisse negativ zurückkamen. Dann war wieder alles wie vorher. Seitdem erfreue ich mich guter Gesundheit, nur der unerklärliche Elastasemangel ist geblieben.

Chanukka steht nun erneut vor der Tür, und meine Mutter hat uns Kinder bereits gefragt, was wir gerne essen wollen. Allen ist klar, dass wir uns eigentlich nur etwas Fetttriefendes wünschen können. Die Wahl besteht realistischerweise zwischen Kartoffelpuffern oder Berlinern, und am Ende wird es wohl beides geben. Keiner käme auf die Idee, Ratatouille oder einen italienischen Salat aufs Menü bekommen zu wollen. Doch wenn dieses Jahr der alte Kassettenrekorder wieder angemacht wird – »Sewiwon sof, sof, sof« – und wir die Dreidel vom Dachboden holen, soll mir nicht schon wieder zum Erbrechen zumute sein.

Also schlage ich in unserer WhatsApp-Familiengruppe vor, dass wir doch ausnahmsweise mal nicht um Schokomünzen, sondern um Gemüsecracker spielen könnten, und schicke zudem ein Rezept für fettarme Donuts mit. Meine Geschwister kommentieren das mit einem lapidaren Daumen runter, und meine Mutter fragt, ob es mir denn die vergangenen Jahre nicht geschmeckt habe. Damit ist die Sache natürlich vom Tisch.

Während ich bei einer Online-Apotheke Reisetabletten bestelle, denke ich: Wie schön wäre es doch, wenn die alten Makkabäer für ihre Menora schon Spiritus benutzt hätten.

Archäologie

Kein Großwild, keine Höhlenmalerei

Wissenschaftler der Universität Tel Aviv geben eine originelle Antwort auf eine alte Frage

von Sabine Brandes  26.01.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Fuchur, Aurin, Taschentuch: Warum Kranksein richtig Spaß macht

von Margalit Edelstein  25.01.2025

Aufgegabelt

Kubaneh

Rezepte und Leckeres

 25.01.2025

27. Januar

Der unbekannte Held von Auschwitz

Der »Berufsverbrecher« Otto Küsel rettete Hunderten das Leben. In Polen ist er ein Held, in Deutschland fast unbekannt. Das will Sebastian Christ mit einem Buch ändern, für das er 20 Jahre lang recherchiert hat

 24.01.2025

Kino

Hoffnung auf mehr »Harry und Sally«

Möglicherweise kehren Meg Ryan und Billy Crystal als Harry und Sally zurück. Zumindest sorgt ein Social-Media-Post derzeit für Glücksgefühle

von Sophie Albers Ben Chamo  24.01.2025

Medien

Michel Friedman ist neuer Herausgeber des »Aufbau«

Die Zeitschrift »Aufbau« erfindet sich mal wieder neu. Diesmal soll Michel Friedman das 90 Jahre alte Blatt modernisieren. Der Journalist und Autor hat viel vor

von Sophie Albers Ben Chamo  23.01.2025

Oscars

»Der Brutalist« und »A Complete Unknown« nominiert

Adrien Brody und Timothée Chalamet sind auch als »Beste Hauptdarsteller« nominiert

 23.01.2025

Kulturkolumne

Sprachnachrichten als Zeitzeugnisse

WhatsApps auf Jiddisch von Regina Steinitz aus Israel

von Maria Ossowski  23.01.2025

Kino

»The Brutalist« - Packendes Filmepos über die Gegenwart der Vergangenheit

In 70mm gedrehtes herausragendes Filmepos über einen dem Holocaust entronnenen Architekten, der in den USA mit einem gigantischen Bauwerk seinen Traumata zu entkommen hofft

von Rüdiger Suchsland  23.01.2025