Finale

Der Rest der Welt

Nicht genug, dass die Kälte mir in alle Poren dringt und ich den winterlichen Kampf gegen die Nebenhöhlenentzündung wieder einmal verloren habe. Auch mein Laptop hatte sich einen Virus zugezogen. »GEFAHR: TROJANER!«, meldete das Virenschutzprogramm vor wenigen Tagen. Ich fuhr das Notebook sofort herunter, rannte zum nächsten Computerladen, öffnete die Tür und kreischte: »Woher kommt der verdammte Trojaner?« Der Fachmann zuckte die Achseln und fragte: »Facebook?«

VIRUS Ich wurde bleich. Erst vor wenigen Tagen hatte ein Bekannter auf Facebook seinen PC-Crash mit anschließendem Datentotalverlust gepostet. Und ich Idiotin hatte auch noch sein Profil besucht. Nur um mir anzusehen, wie die »Timeline« – der neueste Profil-Schrei in der Facebook-Welt – funktioniert.

Doch Gott war gnädig: Meine Festplatte hat standgehalten. Nach einem Check beglückwünschte mich der Computerfachmann zu meinem effektiven Virenschutzprogramm und sicherte meine unbeschädigten Daten. Ob der Trojaner tatsächlich über Facebook angedockt hatte, werde ich wohl nie erfahren. Ursache könnte auch eine ominöse E-Mail gewesen sein, die mich zum Besuch eines Edel-Italieners am Berliner Gendarmenmarkt einlud.

Na und? Was haben diese Spekulationen auf Seite 22 eines jüdischen Blattes verloren, werden Sie sich als Leser vielleicht fragen? Wieso serviert Ihnen die jüdische Autorin keinen geistreichen Text, der mit jüdischem Humor jüdische Dilemmata seziert? Sie haben recht, dafür bezahlen Sie Ihre Abo-Gebühren. Aber mein Beinahe-Computercrash ist, bei Lichte betrachtet, ein urjüdisches Thema. Denn es könnte sein, dass es ein Glaubensbruder war – Facebook-Gründer Mark Zuckerberg – der mir indirekt den Trojaner eingebrockt hat.

Wo wir schon bei Zuckerberg sind: Dessen »Timeline«-Hype ist mir völlig suspekt. Wieso soll ich damit einverstanden sein, dass Facebook mein Profil in den kommenden Wochen zwangsweise so einstellt, dass jeder sehen kann, seit wann ich mit wem befreundet bin?

timeline Timeline ... Zeit, ein Profil anzulegen und Zeit, ein Profil zu löschen, würde der Prediger Salomo sagen. Und so habe ich vor wenigen Minuten tatsächlich mein Facebook-Profil gelöscht: »Account scheduled for deletion!«, bestätigte mit gerade ein E-Mail. Emet!

Zwar kann ich nicht dafür garantieren, dass ich die Abstinenz lange durchhalte. Denn ab sofort werden mir nicht nur Trojaner entgehen. Ich werde auch nie erfahren, wie groß die Geburtstagstorten waren, die die Kita-Kumpels meines Sohnes verzehrt haben. Niemand wird mir zu verstehen geben, dass ihm ein Text von mir »gefällt.« Ich werde diverse Geburtstage vergessen. Aber schließlich gibt es noch das gute alte papierne Notizbuch. Und falls ich mich doch irgendwann der »Timeline« beugen sollte, verlasse ich mich auf Mark Zuckerberg: Der nimmt ja jeden wieder auf, der beizeiten zu Kreuze kriecht.

Imanuels Interpreten (15)

Elvis Presley: Unser »King«

Fast ein halbes Jahrhundert nach Elvis’ Tod deutet viel darauf hin, dass er Jude war. Unabhängig von diesem Aspekt war er zugleich ein bewunderns- und bemitleidenswerter Künstler

von Imanuel Marcus  28.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Fernsehen

Abschied von »Alfons«

Orange Trainingsjacke, Püschelmikro und Deutsch mit französischem Akzent: Der Kabarettist Alfons hat am 16. Dezember seine letzte Sendung beim Saarländischen Rundfunk

 27.11.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 27. November bis zum 3. Dezember

 27.11.2025

Fernsehen

Zieht Gil Ofarim ins Dschungelcamp? 

RTL kommentiert noch keine Namen - doch die Kandidaten-Gerüchte um Gil Ofarim und Simone Ballack sorgen schon jetzt für reichlich Gesprächsstoff

von Jonas-Erik Schmidt  27.11.2025

Rezension

Ein Feel-Good-Film voller kleiner Wunder

Ein Junge, der nicht laufen kann, Ärzte, die aufgeben, eine Mutter, die unbeirrt kämpft. »Mit Liebe und Chansons« erzählt mit Herz und Humor, wie Liebe jede Prognose überwindet

 27.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  27.11.2025

Kino

Echte Zumutung

Ronan Day-Lewis drehte mit seinem Vater Daniel als Hauptfigur. Ein bemühtes Regiedebüt über Gewalt und Missbrauch

von Maria Ossowski  27.11.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

Meinung

Ausmalen gegen die Realität

Kinderbücher sollten nicht dazu instrumentalisiert werden, Kinder niederschwellig zu prägen

von Zsolt Balkanyi-Guery  27.11.2025