Purim

Der Rest der Welt

Zu Purim gehe ich dieses Jahr als Frankensteins Monster. Foto: Getty Images / istock

Aus schreckgeweiteten Augen starrt mich das kleine Mädchen an, um kurz darauf einen markerschütternden Schrei auszustoßen. Auch ih­re Mutter glotzt mich mit herunterhängender Kinnlade an. Ich halte immer noch das Croissant von der Krankenhaus-Cafeteria in der Hand. Aber irgendwie ist mir der Appetit vergangen. Mein Blick fällt auf den Spiegel hinter dem Buffet.

Ich sehe tatsächlich aus wie Frankensteins Monster auf Heimaturlaub: Meine Visage ist vollgeklebt mit Drähten und Dioden, aus den Haaren ragen stachelartig Kabel und Elektroden hervor, verklebt mit einer pappigen neongrünen Masse.

krankenhaus Dabei hatte die nette Krankenschwester gemeint, ich könne ruhig auf dem Krankenhaus-Campus einen kleinen Spaziergang machen, ich würde unter den anderen Patienten gar nicht weiter auffallen. Sehr witzig! Auf dem Weg zurück ins Schlaflabor weichen alle anderen Patienten und Besucher respektvoll vor meinem Frankenstein-Look zurück. Das Schlaflabor, wessen Schnapsidee war das eigentlich? Na ja, eigentlich meine. Ich bin in letzter Zeit immer so müde, da hat mein Hausarzt mich zu einer Nacht in dieser Hightech-Anstalt verdonnert.

Die freundliche Schwester von vorhin wartet bereits an meiner Zimmertür, um mir weitere Kabel anzulegen.

Die freundliche Schwester von vorhin wartet bereits an meiner Zimmertür, um mir weitere Kabel anzulegen. »So, und jetzt ab in die Heia«, sagt sie wohlwollend, aber bestimmt. Heia? Es ist doch erst acht Uhr abends, protestiere ich. Nichts da, Licht aus und ab ins Bett, meint sie. Ich versuche, noch etwas zu lesen. »Schlafen, habe ich gesagt«, krächzt eine unfreundliche Stimme aus dem Lautsprecher. »Nicht lesen!«

Vor Schreck fällt mir mein Buch aus der Hand. Woher weiß sie …? Da entdecke ich in der Zimmerecke eine diskrete kleine Kamera. Na prima. Das ist ja wirklich eine anheimelnde und beruhigende Atmosphäre hier, in der ich bestimmt super einschlafen werde.

käfig Nichtsdestoweniger: Kurze Zeit später bin ich wirklich eingenickt … Ich träume von Hänsel und Gretel. Ich bin als Hänsel in einem Käfig eingesperrt, die Hexe reicht mir mit knochigen Fingern knusprig gebackene Elektroden und frittierte Kabelstückchen durch die Gitterstäbe. Krachend zermalme ich das Zeug zwischen meinen Kiefern.

Da legen sich eiskalte Finger auf mein Gesicht … Kreischend fahre ich aus dem Schlaf hoch.

Da legen sich eiskalte Finger auf mein Gesicht … Kreischend fahre ich aus dem Schlaf hoch. Zwei weiß gekleidete Gestalten beugen sich über mich und fummeln in meinem Mund herum. »Sie sollen doch nicht auf den Drähten herumkauen! Mund auf!« Brav öffne ich den Mund, damit die beiden mich neu verkabeln können. Unter gereiztem Bruddeln verlassen sie mein Zimmer, und ich falle in einen tiefen Schlaf, aus dem mich erst um neun Uhr morgens ein schriller Alarmton weckt.

Das Personal schmeißt mich ohne Umschweife aus dem Bett, das Zimmer muss freigemacht werden für die nächste arme Wurst, die hier eine Nacht verbringen muss. Die Kabel werden abgeschnitten, die Elektroden und Dioden kann ich selbst abnehmen. Und wiederverwerten: Denn zu Purim gehe ich dieses Jahr als Frankensteins Monster!

Israel

Ausstellung zu Bachs Klaviermusik in Jerusalem

Das Bachhaus Eisenach zeigt in Israel Dokumente zur frühen Verbreitung von Johann Sebastian Bachs Musik in Europa. Die Ausstellung begleitet das »12. Piano Festival« im Jerusalem Theatre

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Fotografie

Über die Würde des Unangepassten

Der Berliner Gropius Bau widmet Diane Arbus eine umfangreiche Retrospektive

von Bettina Piper  11.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 11.12.2025

Reykjavik

Auch Island boykottiert jetzt den ESC

Der isländische Rundfunksenders RÚV hat beschlossen, sich Spanien, Irland, Slowenien und der Niederlande anzuschließen

 11.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  10.12.2025

Kalender

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. Dezember bis zum 17. Dezember

 10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Neuerscheinung

Albert Speer als Meister der Inszenierung

Wer war Albert Speer wirklich? Der französische Autor Jean-Noël Orengo entlarvt den gefeierten Architekten als Meister der Täuschung – und blickt hinter das Image vom »guten Nazi«

von Sibylle Peine  10.12.2025