Glosse

Der Rest der Welt

... noch nie soooo viel Spaaaaaß gehabt! Foto: Getty Images / istock

Glosse

Der Rest der Welt

Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde – die Sparvariante

von Margalit Edelstein  14.02.2019 15:13 Uhr

Kennen Sie noch diesen Werbespot, in dem eine Tussi im billigen Polyesterfummel einen preiswerten Handyvertrag abschließen will und eine andere Tussi zu ihr sagt: »Und billig, ey, da stehste doch drauf«?

Genauso fühle ich mich im Moment, billig, ausgefranst und irgendwie reingelegt. Aber ich hab’s ja nicht anders gewollt. Ich wollte ja unbedingt den allerbilligsten Deal finden, als meine Töchterlein letztens vermeldeten, sie wünschten sich Reitstunden. Reiten!

Snobs Dabei fallen einem versnobte Töchter aus gutem Hause ein, die mit wehenden Pferdeschwänzen und eng anliegender hochpreisiger Reitmontur elegant über mit Buchsbäumchen besetzte Hindernisse gleiten. Also ungefähr das Gegenteil von der schiefen Reithütte, vor der wir jetzt gelandet sind.

Über dem Eingang baumelt ein verrostetes Schild mit einem ausgeblichenen Pferdehintern – der Rest ist wohl irgendwie abgebrochen. Blumentopf-Ruinen und ein zerrüttetes Grill-Gerippe weisen den Weg zum Eingang über das Klubrestaurant.

Tütensuppe Als wir die Tür öffnen, schlägt uns ein Geruch von nassem Hund und Tütensuppe, vermischt mit abgestandenem Zigarettenrauch, entgegen.

Am Tresen lehnt – wettergegerbt und wasserstoffblondiert, mit tiefem Dekolleté und Zigarettenstummel im Mundwinkel – die Chefin des Reitstalls, die uns durch die Schwaden von Zigarettenrauch kurz mustert und dann mit dem Daumen hinter sich zeigt, auf eine Abstellkammer, in der ein Häufchen muffig riechender Reitkappen und Reitstiefel vor sich hin gammeln.

»Hoppauf! Festhalten!
Nicht schlappmachen!«

Die Mädchen steigen in die viel zu großen Reitstiefel, zurren die Reitkappen an, und dann folgen wir einfach dem Geruch der Pferdeäpfel, der uns mitten in die Reithalle bringt.

Kommandos Statt Einzelunterricht mit Reitlehrer hoppelt hier ein Dutzend Pferde rund um eine schlecht gelaunte Reitlehrerin (um die 60, großer strammer Vorbau, Kurzhaarschnitt), die zunehmend gereizte Kommandos in ihr Headset bellt, während sich die Reitlehrlinge – bleich vor Angst – irgendwie an den Zügeln und Satteln festklammern.

»Hoppauf! Festhalten! Nicht schlappmachen! Gerader Rücken! Knie zusammen! Du da, hör auf zu plärren!«, tönt es durch die Halle.

Nach einer halben Stunde wanken meine Töchter vom Platz und werden sogleich von Frau Headset in die Ställe kommandiert, zum Ausmisten, während ich mir im Reitercafé eine Tütensuppe bestelle.

Recht haben die Mädels! Raus aus der Komfortzone! Ein bisschen Dreck ist gesund!

Headset Als sie kurze Zeit später dreckverkrustet und nach Pferdemist stinkend hinter mir im Auto sitzen und ich gerade vorsichtig ein anderes Hobby vorschlagen will – Töpfern oder Rhythmische Sportgymnastik vielleicht –, schlingen sich zwei paar verdreckter Arme um mich, und meine Töchter säuseln, sie hätten noch nie soooo viel Spaaaaaß gehabt! Sie könnten kaum die nächste Reitstunde abwarten.

Jawoll! Recht haben die Mädels! Raus aus der Komfortzone! Billig ist gut! Ein bisschen Dreck ist gesund! Und an das Pferdeäpfelaroma gewöhne ich mich bestimmt auch ganz schnell.

Meinung

Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Belgien

Festival lädt Philharmoniker mit Dirigent aus Israel aus

Wenige Tage vor einem Auftritt in Belgien wird dem Orchester aus München abgesagt. Der Grund: Sein designierter Chefdirigent habe sich angeblich nicht eindeutig von Israels Regierung distanziert

 10.09.2025 Aktualisiert

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  10.09.2025 Aktualisiert

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 11. September bis zum 21. September

 10.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  10.09.2025

Madrid

Spanien fordert erneut Ausschluss Israels vom ESC

Die linksgerichtete spanische Regierung zählt in Europa zu den schärfsten Kritikern des israelischen Militäreinsatzes in Gaza. Nun rückt die Teilnahme des jüdischen Staates am europäischen Gesangswettbewerb erneut in den Fokus

 10.09.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Warum Franz Kafka Challe mit Zimt hätte essen sollen

von Katrin Richter  09.09.2025

Aktivismus

Wie politisch ist Mode?

Protest-Accessoire, Fashion Item und nationales Symbol: die Kufiya und ihre Geschichte

von Ralf Balke  09.09.2025

Kino

1800 Schauspieler und Filmemacher rufen zum Israel-Boykott auf

Die Unterzeichner werfen Israel Völkermord und Apartheid vor. Wer die Initiatoren sind, scheint sie dabei weniger zu interessieren

von Sophie Albers Ben Chamo  09.09.2025