Finale

Der Rest der Welt

Meine Verwandten in Israel halten mich für einen Steinzeitmenschen. Ich besitze kein Smartphone, sondern ein Klapphandy für 19,90 Euro, mit dem ich nur telefonieren und simsen kann. Außerdem gehöre ich zu den altmodischen Zeitgenossen, die Landkarten schätzen und finden, dass ein digitaler Idiot ist, wer sich von einem Navi herumkommandieren lässt. Leider habe ich auch einen miserablen Orientierungssinn: Beinahe wäre unser Pessach-Urlaub zum Fiasko geworden.

Es begann damit, dass die Mitarbeiter der Autovermietung in Raanana mir ein Navi-Gerät aushändigten, aber keine Karte von Israel. »Gibt es nicht. Sie haben doch GPS«, hieß es auf meine Bitte. »Egal«, sagte ich zu meinem Mann, »wir brauchen keine Karte. Ich habe fünf Jahre in Israel gelebt, ich kenne mich aus.« Mein Mann verdrehte die Augen. Das wiederum fand ich empörend. Zweifelte er an meiner tiefen Verbundenheit mit dem Staat der Juden und seinen zahlreichen Autobahnen?

Touchscreen Am nächsten Tag kam es zur ersten Bewährungsprobe auf dem israelischen Asphalt: Wir besuchten meinen 101 Jahre alten Onkel Rudi in einem Altersheim bei Netanja. Das GPS erwies sich als Totalausfall, der Touchscreen reagierte nicht auf unsere Fingerbewegungen. »Egal, der Weg ist einfach«, verkündete ich, »wir fahren die Straße Nr. 2 nach Norden und nehmen die Ausfahrt Kfar Jona.« Leider landeten wir stattdessen auf der Straße Nr. 4. »Egal«, redete ich mich heraus, »die führt auch nach Norden.« Dann drehte ich das Radio auf.

In den Nachrichten wurde von Fahrten in Richtung Norden dringend abgeraten, der See Genezareth sei mit Zehntausenden Besuchern überfüllt, an seinen Ufern bereits 300.000 Tonnen Müll gesammelt worden. Mein Mann, der kein Hebräisch versteht, fragte vor dem Wetterbericht resigniert: »Wofür machen sie Werbung? Für Mazzemehl?«

Immerhin habe ich es geschafft, den Weg zurück zur Küstenstraße zu finden. Allerdings bin ich zu früh abgebogen. Es dauerte eine halbe Stunde, uns von Netanja-Süd auf die richtige Seite zu retten. Mein Onkel Rudi nahm die Verspätung gelassen. Mein Mann weniger. Ich wollte das Navi umtauschen, doch dann versuchte sich mein Großcousin an dem Gerät: »Geht doch einwandfrei!«

Waze Es funktionierte zwei Tage, dann führte es systematisch in die Irre. Und während ich vor diversen Familienbesuchen diverse Abfahrten verpasste, zählte mein Mann die Stunden bis zum Rückflug nach Schönefeld. Zum Schluss wollte er nicht einmal nach Tel Aviv fahren – aus Angst, in Netanja-Süd oder gleich in Ramallah zu enden.

Vielleicht kaufe ich mir vor unserem nächsten Israel-Urlaub (das wird wohl noch eine Weile dauern) doch ein Smartphone und lade mir das Navi-Programm »Waze« herunter. Oder ich packe die alte Landkarte ein. Ein Glück, dass Mosche beim Auszug aus Ägypten nicht auf ein Navi angewiesen war! Wer weiß, wo das Volk Israel sonst gelandet wäre.

Antisemitismus

Kanye Wests Hitler-Song »WW3« ist Hit auf Spotify

Der Text ist voller Hitler-Verehrung, gleichzeitig behauptet der Musiker, er könne kein Antisemit sein, weil er schwarz sei

 12.05.2025

Berlin

Ruth Ur wird neue Direktorin der Stiftung Exilmuseum in Berlin

In Berlin soll ein Museum über die Menschen entstehen, die vor den Nazis ins Exil flohen. Die Stiftung, die das Vorhaben vorantreibt, bekommt nun eine neue Direktorin

von Alexander Riedel  12.05.2025

Kulturpolitik

Kulturrat berät künftig zu Antisemitismus

Ziel sei es, Handlungssicherheit innerhalb des Kulturbereichs zu gewinnen

 12.05.2025

Tschechien

Holocaust-Museum in ehemaliger Schindler-Fabrik eröffnet

Der Unternehmer Oskar Schindler rettete viele Juden vor den Nazis. Seine Rüstungsfabrik verlegte er 1944 von Krakau nach Brnenec im heutigen Tschechien. Nun ist dort ein Museum eröffnet worden

 12.05.2025

Basel

Drohgebärde bei ESC-Eröffnung – Kan erstattet Anzeige

Der Sender Kan veröffentlichte ein Video, auf dem ein Mann mit palästinensischer Flagge zu sehen ist, der sich mit seiner Hand waagerecht über den Hals fährt

 11.05.2025

Berlin

»Es gibt Momente, die sind größer als der Preis«

Die Verleihung des Deutschen Filmpreises war geprägt von politischen Statements – und von der Nachricht vom Tod Margot Friedländers. Und ganz nebenbei war »September 5« der große Gewinner des Abends

von Sabrina Szameitat  11.05.2025

Ruth Achlama

»Alles ist schön und gut? Das wäre gelogen«

Die Übersetzerin über Beziehungsratschläge für Deutsche und Israelis, israelische Autoren auf dem deutschen Buchmarkt und Erzählungen von Chaim Nachman Bialik

von Ayala Goldmann  11.05.2025

Meinung

Codewort: Heuchelei

Nemo fordert den Ausschluss Israels beim ESC in Basel. Damit schadet der Sieger des vergangenen Jahres der Schweiz und der eigenen Community

von Nicole Dreyfus  11.05.2025

Reaktionen

»Ihr Vermächtnis ist Mahnung und Verpflichtung«

Der Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer ist in Politik und Gesellschaft mit großer Trauer aufgenommen worden

 11.05.2025