Finale

Der Rest der Welt

Da wir uns ja mittlerweile schon etwas besser kennen, kann ich es Ihnen ja sagen, obwohl es mir schon etwas peinlich ist. Also: Ich bin ein ganz großer Weihnachtsfan. Dieser Geruch von Tannengrün, Gewürzen und geschmolzenem Kerzenwachs, der rotgoldende Glitter, die Weihnachtsdeko, der Glühwein, die Weihnachtsmärkte – danach bin ich ganz verrückt.

Mein Mann aber erlitt den Schock seines Lebens, als er einmal bei meinen Eltern zu Besuch war und in einem gut versteckten Fotoalbum Bilder von mir als kleinem Mädchen unter dem Weihnachtsbaum der Nachbarn entdeckte.

Erzählen Sie es nur niemandem: Aber als Kind habe ich meine Mutter jahrelang mit meiner Bettelei um einen eigenen Weihnachtsbaum genervt. Schließlich erbarmte sie sich meiner, buk eine Wagenladung glitzernd-dekorierter Chanukka-Kekse in Form von Chanukkiot, Ölkännchen und Dreideln und behängte damit den Budapester Kronleuchter in unserem Wohnzimmer.

Pompös Ich war stolz wie Oscar, und sämtliche Besucher sahen sich einmal mehr in ihrem Vorurteil bestätigt, dass die Tochter von Rabbiner Berger ein total verzogenes Gör sei. Aber trotz der Bemühungen meiner Mutter, Chanukka etwas aufzupeppen, wirkte das Lichterfest für mich – obwohl heiß geliebt – doch immer etwas blass und fadenscheinig neben seiner pompös herausgeputzten weihnachtlichen Konkurrenz.

Diesen Eindruck hatte ich allerdings nur so lange, bis ich nach Antwerpen zog. Denn hier ist Chanukka eine achttägige, fröhlich glitzernde und ausufernde Party. Genauso wie übrigens auch Purim. Pessach und Sukkot in Antwerpen sind ja eigentlich nur Ausreden zum Feiern.

Denn während die Antwerpener im Alltag mit grauen sorgengeplagten Mienen unter ihren Scheiteln und Streimeln die Belgiëlei auf und ab marschieren – wahlweise unter der Last von Einkäufen oder überladenen Babybuggys ächzend – und sie eigentlich für ihre Humorlosigkeit, Strenge und den kompletten Mangel an Charme bekannt sind, machen sie zu sämtlichen Feiertagen das ganz große Fass auf und amüsieren sich. Niemals allerdings so exzessiv wie zu Chanukka: Frei von nervigen Verboten (wie zu Pessach) und Geboten (wie zu Sukkot), ist Chanukka ein wahres Lichterfest von Sensationen und purem Amüsement.

Star Wars Außerdem ist für jeden etwas dabei: fetttriefendes Gebäck für die Kaloriensklaven unter uns, Chanukka on Ice mit einer riesigen glitzernden Chanukkia inmitten einer spiegelglatten Eisfläche. Star-Wars-Chanukka-Specials im Kino im Diamantenviertel, wo Obi-Wan Kenobi und Yoda mit ihren Laserschwertern die Chanukkakerzen anzünden, und natürlich jede Menge Lichterfest- und Sonderangebote für die Shoppingwütigen unter uns.

Wie jedes Jahr, wenn ich kurz vor Chanukka bei der koscheren Fleischerei auftauche und nach ein paar Hühnerflügelchen für meine Festtagssuppe frage, drückt mir die Chefin einen Gratis-fünf-Kilo-Packen in die Hand und noch drei Hühnergerippe aus dem Tiefkühlfach: »Es ist schließlich Chanukka«, sagt sie und tätschelt meine Hand. Spätestens dann komme ich mir wie im allerkitschigsten Weihnachtsfilm vor.

Essen

Festival jüdischer Musik mit Igor Levit und Lahav Shani

Der Festivalname »TIKWAH« (hebräisch für »Hoffnung«) solle »ein wichtiges Signal in schwierigen Zeiten« setzen, hieß es

 15.09.2025

Bremen

Seyla Benhabib erhält den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken

Die Jury würdigte Benhabib als »herausragende politische und philosophische Intellektuelle«

 15.09.2025

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Literatur

Ein Funke Hoffnung

Rafael Seligmann hält Deutschland derzeit nicht für den richtigen Ort einer Renaissance jüdischen Lebens. Trotzdem gibt er die Vision nicht auf. Ein Auszug aus dem neuen Buch unseres Autors

von Rafael Seligmann  15.09.2025

Los Angeles

»The Studio« räumt bei den Emmys 13-fach ab

Überraschende Sieger und politische Statements: Ausgerechnet eine jüdische Darstellerin ruft eine israelfeindliche Parole

von Christian Fahrenbach  15.09.2025

Freiburg im Breisgau

»Keine Schonzeit für Juden«: Neues Buch von Rafael Seligmann

Antisemitismus, der 7. Oktober 2023, ein Umzug von Tel Aviv nach München in den 1950er Jahren und ein bewegtes Leben: Der Historiker streift und vertieft in seinem aktuellen Werk viele Themen

von Leticia Witte  15.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  14.09.2025 Aktualisiert

Nach Antisemitismus-Eklat

Lahav Shani wird im Ruhrgebiet begeistert empfangen

Den Auftritt in Essen besuchte auch Belgiens Premier Bart De Wever

 14.09.2025 Aktualisiert