Krimi

Der Rabbi war’s!

Rabbi Kleins fünfter Fall

Krimi

Der Rabbi war’s!

Zum fünften Mal lässt Alfred Bodenheimer seinen beliebten Rabbiner Klein ermitteln, der selbst ins Visier der Polizei gerät

von Tobias Kühn  24.01.2019 13:43 Uhr

Er kann es nicht lassen. Immer wieder mischt sich Rabbi Klein in die Arbeit der Polizei ein und bringt Kommissarin Bänziger in Rage: »Sagen Sie mal, gibt es zufällig auch Momente, in denen Ihnen klar ist, dass die Zürcher Stadtpolizei ermittelt und nicht das Rabbinat der Cultusgemeinde?«

Vergiftung Gabriel Klein will den Mord einer Verwandten aufklären: Tante Himmelfarb, eine entfernte Cousine seines Vaters, ist in ihrer Wohnung tot aufgefunden worden. Die Polizei geht davon aus, dass die alte Dame, eine bekannte Unternehmerin und Kunstsammlerin, vergiftet wurde. Da Rabbi Klein der einzige Verwandte ist, der in Zürich lebt, gilt er als tatverdächtig – zumal die Tante ihn im Testament bedacht hat.

Auch die orthodoxen Kollegen
bekommen ihr Fett weg.

Es kränkt ihn, dass er ins Visier der Polizei geraten ist. Doch er wäre nicht Rabbi Klein, wenn ihn das nicht anspornen würde, auf eigene Faust zu ermitteln. Und wie immer ist er auch diesmal der Polizei um eine Nasenlänge voraus.

Mit dem Band Im Tal der Gebeine legt Alfred Bodenheimer nun Rabbi Kleins fünften Fall vor. Der Basler Professor für Jüdische Literatur und Religionsgeschichte hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen als Krimiautor gemacht. Seine Fangemeinde wächst – inzwischen weisen gar Reiseführer auf seine Bücher hin, denn sie vermitteln viel Zürcher Lokalkolorit. Wie in den meisten Krimireihen steht auch bei Bodenheimer jeder Fall für sich.

STar Hauptheld ist immer Rabbi Klein, der es sich nicht verkneifen kann, zwischen dem Ausarbeiten von Predigten, Telefonaten mit dem Gemeindevorstand oder seelsorgerlichen Gesprächen Kriminalfälle zu lösen. Im Tal der Gebeine beginnt mit einer Szene während der Schoa, einer Rückblende ins Jahr 1939. Die Ermordete, Bianca Himmelfarb, war damals ein kleines Mädchen. Ihr Vater brachte sie mit dem Zug von Frankfurt nach Basel, damit sie von dort in Begleitung eines Verwandten nach London weiterreisen würde – ein privater Kindertransport.

Im Zentrum des Krimis steht jedoch das Heute. Charakteristisch sind Rabbi Kleins Konflikte mit dem Gemeindevorstand. Leicht überspitzt und gelegentlich mit einem Augenzwinkern erzählt Bodenheimer en passant aus dem jüdischen Leben. Diesmal soll eine liberale Rabbinerin eingestellt werden – und Klein hat keine Lust, sie kennenzulernen. Ja, es ist wie überall.

Konferenz Doch auch die orthodoxen Kollegen bekommen ihr Fett weg. Bodenheimer lässt Gabriel Klein zu einer Rabbinerkonferenz reisen und erzählt davon, wie es dort zugeht: »Die Diskussion wogte hin und her, ohne an Struktur oder Zielrichtung zu gewinnen.« Und danach beim Essen: »Die Kollegen waren, wenn sie nicht glaubten, die Probleme der Welt lösen zu müssen, angenehme und inspirierende Tischgenossen.«

Im Zentrum des Krimis
steht das Heute.

Später dann, am Abend in der Lobby, lässt Bodenheimer Rabbi Klein ein weiteres Mal über seinen Berufsstand reflektieren: »Wäre es Rabbinern erlaubt gewesen zu tratschen, dann hätten sie getratscht. Natürlich gab es das strenge Verbot von Laschon Hara, man soll seine Zunge hüten – aber das eine oder andere wollte doch gesagt sein.« Köstlich, diese Süffisanz! Und beeindruckend, wie es Bodenheimer, dem Professor, gelingt, ohne je ins Akademische zu verfallen, Belletristik zu schreiben – leichtfüßig und voller Menschenliebe.

Sex Dass er ebenso über die körperliche Liebe schreiben kann, beweist Bodenheimer in diesem Band einmal mehr. Ja, auch im fünften Krimi gibt es Sex – ehelichen natürlich, so wie es sich für einen Rabbiner gehört.

Alfred Bodenheimer: »Im Tal der Gebeine«. Nagel & Kimche, Zürich 2018, 207 S., 20 €

Justiz

Dieter Hallervorden und Diether Dehm zeigen Kanzler Friedrich Merz wegen »Drecksarbeit«-Aussage an

Mit seiner Bemerkung zu Israels Angriff auf den Iran hat Kanzler Merz für viel Zustimmung und Ablehnung gesorgt. Nun sollte sich die Justiz damit beschäftigen, meinen einige

 20.06.2025

Medien

Enkel des »Weltbühne«-Gründers übt scharfe Kritik an Verleger Friedrich

Erst kürzlich hatte der Verleger der »Berliner Zeitung« die Zeitschrift »Weltbühne« wieder aufleben lassen. Nun erhebt der Enkel des jüdischen Gründers schwere Vorwürfe gegen ihn

 20.06.2025

TV-Tipp

Robert Lembke: Schikaniert wegen seines jüdischen Vaters

Wer war der Moderator Robert Lembke? 70 Jahre nach dem Start der legendären Quizsendung »Was bin ich?« fasziniert das Dokudrama »Robert Lembke – Wer bin ich?«. Ein Schatz in der ARD-Mediathek

von Gregor Tholl  20.06.2025

Ausstellung

Die Schocken-Show

Das Jüdische Museum Berlin ehrt den Unternehmer und Verleger Salman Schocken dank eines Stars der US-Literatur

von Sophie Albers Ben Chamo  19.06.2025

Kulturkolumne

Zwischen Kotel und Kotti

Wie KI unseren Autor berühmt machte

von Eugen El  19.06.2025

FU Berlin

Sparmaßnahmen an Berliner Hochschulen treffen wohl auch Judaistik

An der Freien Universität ist unklar, ob eine Professur neu besetzt wird.

 19.06.2025

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025

Zahl der Woche

8. Platz

Fun Facts und Wissenswertes

 18.06.2025