Berlin

»Das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft verspielt«

Jüdisches Museum Berlin Foto: dpa

Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat der Zentralrat der Juden auf einen Tweet des Jüdischen Museums Berlin reagiert. Das Museum hatte am Donnerstag im Kurznachrichtendienst einen taz-Artikel als »mustread« empfohlen, der unter der Überschrift »240 Akademiker gegen BDS-Votum« erschienen war.

Der Bundestag hatte am 17. Mai Boykottaufrufe gegen Israel verurteilt. Im Tweet des Jüdischen Museums hieß es, der Beschluss der Parlamentarier helfe im Kampf gegen Antisemitismus nicht weiter.

Leitlinien Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden, sagte dazu am Dienstag: »Das Maß ist voll. Das Jüdische Museum Berlin scheint gänzlich außer Kontrolle geraten zu sein.« Unter diesen Umständen müsse man darüber nachdenken, ob die Bezeichnung »jüdisch« noch angemessen sei. Es dränge sich auch die Frage auf, ob der Direktor seiner Aufgabe noch gewachsen sei und wer eigentlich die Leitlinien des Jüdischen Museums vorgebe. »Das Vertrauen der jüdischen Gemeinschaft hat die Leitung des Hauses verspielt«, erklärte Schuster.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der israelische Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, hatte den Vorgang als »beschämend« bezeichnet. »Das Jüdische Museum soll eine kulturelle Einrichtung sein, ist aber sehr politisch, wenn es den Boykott Israels unterstützt und den Bundestag dafür kritisiert, Antisemitismus zu verurteilen!«, twitterte er am Samstag.

kommunikation Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeine erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters am Dienstagabend, sie habe die Art und Weise, wie sich die Stiftung Jüdisches Museum Berlin über Twitter an der Debatte über die Resolution des Deutschen Bundestages beteiligt, »mit Befremden« zur Kenntnis genommen. Auch wenn außer Frage stehe, dass das JMB die BDS-Bewegung weder aktiv unterstützt noch erklärten Feinden Israels eine Bühne bietet, »fehlt es der Kommunikation der Stiftung leider zum wiederholten Male an Sensibilität«.

Es stehe außer Frage, dass das Museum die BDS-Bewegung weder aktiv unterstütze noch erklärten Feinden Israels eine Bühne biete. Der Stiftungsrat des Museums habe sich wiederholt mit entsprechenden Vorwürfen beschäftigt und diese auch immer zurückgewiesen. Gerade das Jüdische Museum habe sich stets dadurch ausgezeichnet, dass es verschiedene Kulturen und Sichtweisen in seine Arbeit einbezogen hat. »Dieses erfolgreiche Konzept wird auch durch einen unglücklich formulierten Tweet nicht infrage gestellt.«

Die öffentliche Kommunikation des Museums müsse weiter professionalisiert werden. Sie werde Maßnahmen einfordern, die solche unautorisierten Stellungnahmen zukünftig unterbinden.

Hinweis Am Sonntag hatte das Jüdische Museum in einem Tweet erklärt, dass es sich »in keiner Weise gegen den Bundestagsbeschluss positioniert, sondern auf einen Diskussionsbeitrag von 240 Wissenschaftlern hingewiesen« habe.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Bereits mehrfach hatte es Kritik an der Ausrichtung des Jüdischen Museums gegeben. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hatte dem Museum vorgeworfen, »antiisraelische Aktivitäten« zu unterstützen.  ja

Meinung

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Fall Samir

Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Essay

Was der Satz »Nächstes Jahr in Jerusalem« bedeutet

Eine Erklärung von Alfred Bodenheimer

von Alfred Bodenheimer  22.04.2024

Sehen!

Moses als Netflix-Hit

Das »ins­pirierende« Dokudrama ist so übertrieben, dass es unabsichtlich lustig wird

von Sophie Albers Ben Chamo  22.04.2024

Immanuel Kant

Aufklärer mit Ressentiments

Obwohl sein Antisemitismus bekannt war, hat in der jüdischen Religionsphilosophie der Moderne kein Autor mehr Wirkung entfaltet

von Christoph Schulte  21.04.2024

TV

Bärbel Schäfer moderiert neuen »Notruf«

Die Autorin hofft, dass die Sendung auch den »echten Helden ein wenig Respekt« verschaffen kann

von Jonas-Erik Schmidt  21.04.2024

KZ-Gedenkstätten-Besuche

Pflicht oder Freiwilligkeit?

Die Zeitung »Welt« hat gefragt, wie man Jugendliche an die Thematik heranführen sollte

 21.04.2024

Memoir

Überlebenskampf und Neuanfang

Von Berlin über Sibirien, Teheran und Tel Aviv nach England: Der Journalist Daniel Finkelstein erzählt die Geschichte seiner Familie

von Alexander Kluy  21.04.2024

Glosse

Der Rest der Welt

Nur nicht selbst beteiligen oder Tipps für den Mietwagen in Israel

von Ayala Goldmann  20.04.2024

Frankfurt am Main

Bildungsstätte Anne Frank zeigt Chancen und Risiken von KI

Mit einem neuen Sammelband will sich die Institution gegen Diskriminierung im digitalen Raum stellen

von Greta Hüllmann  19.04.2024