Botanik

Das Rätsel der Feenkreise

Vielleicht sind die meisten Einheimischen wenig überzeugt von der jüngsten Studie ihrer Wüstenphänomene. Doch das Team um die israelische Pflanzenökologin Efrat Sheffer von der Robert-H.-Smith-Fakultät für Landwirtschaft, Lebensmittel und Umwelt der Hebräischen Universität Jerusalem, die ihren Sitz in Rechovot hat, ist sicher, dass es das Rätsel der Feenkreise in Namibia gelöst und damit ein weiteres Puzzleteil zum Verstehen unserer Erde hinzugefügt hat. Nicht Mystik, sondern reine Biologie.

Muster in der Natur beschäftigen Wissenschaftler und Mystiker seit Menschengedenken. Auch die runden Anordnungen der Pflanzen in der Namib-Wüste des südwestafrikanischen Landes interessierten Forscher aus aller Welt bereits seit langer Zeit. Einige waren der Überzeugung, Pilze seien für die Kreise verantwortlich, andere wollten glauben machen, sie seien Zeichen von Geistern oder bösen Drachen, die hier ihre Markierungen hinterlassen haben.

Die symmetrischen Strukturen wirken in dieser kargen Gegend tatsächlich wie aus einer anderen Welt und könnten, so man einen Hang zum Übersinnlichen hat, von zarter Fabelwesenhand geschaffen sein. Die Kreise haben einen Durchmesser von rund zwei bis 15 Metern und sind über Tausende von Kilometern verstreut. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Theorien von Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen, die das Naturphänomen erklären wollen. Der Großteil geht von Wasser als Ursache für die Bildung der runden Anordnungen aus.

winzige wesen Auch für die israelisch-amerikanisch-schottische Forschergruppe gelte diese Annahme, betont Sheffer. »Denn eine derartige Ordnung kann nur von Pflanzen geschaffen werden, die um Wasser kämpfen.« Dennoch ist es nur bedingt das Nass, meint sie. Ihre These ist, dass zudem winzige Wesen für die Kreise verantwortlich sind. Allerdings glauben Sheffer und ihre Kollegen Corina Tarnita, Robert Pringle, Chuan Buacella und die mitforschenden Studenten nicht an Feen. Stattdessen sind ihre Winzlinge flügellos und leben unter der Erde: Termiten.

Geforscht hat das große Team, bestehend aus Wissenschaftlern der Hebräischen Universität, den Universitäten Princeton in New Jersey, Strathclyde in Schottland und Idaho, seit Jahren.

»Es ist ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Pflanzenökologen über Mathematiker, Physiker bis hin zu Zoologen. Die gemeinsame Arbeit hat uns die Möglichkeit gegeben, zu sehen, wie Systeme von verschiedenen Mechanismen geschaffen werden«, erläutert die Israelin, »nämlich von Pflanzen und Tieren zusammen«. Die Israelin ist auf die Entstehung von Mustern in der Vegetation spezialisiert. »Und die Feenkreise von Namibia sind ein perfektes Beispiel, um diese zu verstehen.«

Die Ergebnisse der Studie sind jüngst im Magazin »Nature« veröffentlicht worden. Sie beschreiben, wie die Pflanzen auf Wasser und Termiten unter der Erde reagieren. Sheffer: »Wir hatten zunächst lediglich die Wassertheorie, konnten aber dennoch die perfekte Formation der Kreise nicht verstehen.« Dann habe man das Verhalten der Termiten in der Theorie per Computermodell hinzugefügt und ein stimmiges Bild erhalten. Die Analyse zeigt, dass die Entstehung eine Kombination der Aktionen von rivalisierenden Termitenkolonien ist, gepaart mit der natürlichen Selbstorganisation von Pflanzen, die sie in unwirtlichen Gegenden überleben lässt.

Termiten Der Theorie zufolge sammeln die Termiten kreisförmig um ihr Nest herum Futter. Verschiedene Kolonien in unterschiedlichen Nestern hätten auch separate Territorien. Ähnliche Strukturen seien auch in anderen Termitenkolonien zu finden. Die Kreise, so Sheffer, seien die Grenzen zwischen diesen Kolonien, die pflanzenlosen Strukturen der graslose Boden, der von Termiten abgefressen wurde. Gleichsam würden die Termiten beim Nestbau die Nährstoffe im Boden aufbrechen und die Erde auf diese Weise fruchtbarer machen. Außerdem speichern die Insekten Wasser in Reservoirs unterhalb der Oberfläche.

»Dies gibt Anlass zu Optimismus«, ist Sheffer überzeugt. Denn das Wassersammeln der Termiten könne als Steigerung der Widerstandsfähigkeit im Hinblick auf den Klimawandel gesehen werden. »Im Fall einer Dürre würde ein derartiges System nicht einfach kollabieren.« Die Forschung wird jetzt auf Ameisen in Israel ausgeweitet, die Wasser offenbar genau wie Termiten speichern.

»Damit werden wir sehen, dass Ameisen nicht nur lästig, sondern auch sehr hilfreich sind«, resümiert die Wissenschaftlerin. »Und das ist eine wirklich gute Nachricht.«

Alexander Estis

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