Fortsetzung

Charité unterm Hakenkreuz

Im Zentrum der zweiten Staffel steht der gefeierte Chirurg Ferdinand Sauerbruch (Ulricht Noethen, 3. v.l.). Foto: dpa

Die ARD-Serie Charité kommt zurück: Nach der erfolgreichen ersten Staffel zur Geschichte des berühmten Berliner Krankenhauses startet am Dienstag die Fortsetzung. In der Mediathek ist sie bereits abrufbar. Und die gute Nachricht gleich vorweg: Wer die Serie nicht gesehen hat, kann trotzdem einschalten. Denn die Erzählung springt in der Zeit. Charité spielt nicht mehr im Jahr 1890, sondern während des Nationalsozialismus.

Berlin, 1943: Der Krieg bestimmt den Alltag an der Charité. Ehemalige jüdische Kollegen an dem Krankenhaus gelang entweder die Flucht ins Exil – oder sie wurden deportiert. Der gefeierte Chirurg Ferdinand Sauerbruch (Ulrich Noethen) dagegen zeigt in der Wochenschau, wie er einen Soldaten operiert. An dem Krankenhaus arbeitet auch der Psychiater Max de Crinis (Lukas Miko), der die Ermordung von Kranken mitgeplant hat.

https://www.youtube.com/watch?v=4XgK04qr5tA

IMPFSTOFF Die angehende Ärztin Anni Waldhausen (Mala Emde) schreibt an dem Krankenhaus ihre Doktorarbeit. Sie und ihr Mann, der Charité-Kinderarzt Artur Waldhausen (Artjom Gilz), freuen sich auf die Geburt ihres gemeinsamen Kindes. Für Tests eines neuen Impfstoffs bekommt Artur Kinder mit Behinderung zugeteilt. »Reichsausschusskinder« nennt eine Krankenschwester die Jungen und Mädchen. Artur lässt das nicht wirklich zusammenzucken. Doch dann kommt es bei seinem eigenen Kind zu Komplikationen.

Ehemaligen jüdischen Kollegen gelang entweder die Flucht ins Exil – oder sie wurden deportiert.

Das Filmteam hat sich einen schwierigen Stoff ausgesucht und versucht, schon in den ersten drei Folgen viel unterzubringen. Gedreht wurde in Prag, es gibt ein neues Schauspielteam. Und Regie führt in der zweiten Staffel nicht mehr Sönke Wortmann (Der Vorname, Deutschland. Ein Sommermärchen), sondern Anno Saul (Kebab Connection, Wo ist Fred?).

ZIVILISATION »Mich reizt daran, dass es diese Figuren wirklich gegeben hat«, sagte Saul im Vorfeld der Dreharbeiten. Ihn interessiere auch, wie normale Menschen zu der Zeit gedacht hätten. Ihm gehe es darum zu zeigen, dass der Prozess von einer aufgeklärten zu einer revisionistischen Gesellschaft nicht so wahnsinnig weit sei. »Die Decke der Zivilisation ist dünn.«

Das Team hat nach eigenen Angaben unter anderem ein Tagebuch des Arztes Adolphe Jung ausgewertet. »Das ist wirklich sehr gut recherchiert«, sagte der Direktor des Medizinhistorischen Museums der Charité, Thomas Schnalke, beim Neujahrsempfang der Klinik im Januar. Auch die fiktionalen Personen der Serie transportierten Medizingeschichte.

Im Zentrum der zweiten Staffel steht der gefeierte Chirurg Ferdinand Sauerbruch.

Chirurg Sauerbruch (1875–1951) wird in den ersten Folgen als zwiespältige Figur gezeigt – er pflegt Kontakt zu Hitler, schützt aber auch einen Soldaten vor der Front. Er sei eine hochambivalente Figur gewesen, sagt Schnalke.

Das Museum plant eine Ausstellung über Sauerbruch. Charité-Vorstandschef Karl Max Einhäupl erwartet auch in seinem Haus eine Debatte über die Vergangenheit, wie er bei dem Neujahrsempfang sagte. Die ARD will im Anschluss an die ersten beiden Folgen auch die Dokumentation Medizin unterm Hakenkreuz zeigen.

Viele hochgeachtete Mediziner seien nicht in der NSDAP gewesen. Sie hätten sich aber in den Dienst nehmen lassen, wenn sich Nazis mit ihnen hätten schmücken wollen, heißt es in der Programmankündigung zur Dokumentation von Dagmar Wittmers. Ärzte seien zu Mittätern und Wegbereitern »einer verbrecherischen Medizin« geworden.

Der Klinikchef erwartet eine Debatte über die Geschichte des Krankenhauses im Zweiten Weltkrieg.

Vor zwei Jahren stellte Charité manche Serie in den Schatten: Den ersten Teil schalteten 8,32 Millionen Zuschauer ein, auch die anderen Folgen schafften mehr als sechs Millionen. Mittlerweile gibt es die erste Staffel auch bei Netflix. Mit historischen Stoffen sind Serienmachern zuletzt viele Erfolge gelungen – etwa mit Weissensee oder Ku’damm 56.

ANKÜNDIGUNG Schon kurz nach der ersten Folge Charité kündigte die ARD eine zweite Staffel an. Ob die Fortsetzung ähnlich erfolgreich wird? Klinikchef Einhäupl jedenfalls wünscht sich weitere Staffeln – am liebsten viele. Ein Wunsch blieb dem 72-Jährigen verwehrt: Er hätte während der Dreharbeiten gerne selbst mal ein Messer durch eine der Szenen getragen.

Die ARD zeigt die ersten beiden Folgen der zweiten Staffel »Charité« ab Dienstag, 19. Februar, um 20.15 Uhr. Die Staffel ist bereits in der Mediathek abrufbar.

https://www.daserste.de/unterhaltung/serie/charite

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

 12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025

Literatur

Deutsch-Hebräischer Übersetzerpreis für Helene Seidler

Die Schriftstellerin wurde für die Übersetzung des Romans »Unter Freunden stirbt man nicht« von Noa Yedlin ausgezeichnet

 12.12.2025

Zürich

Protest gegen ESC-Teilnahme Israels: Nemo gibt Pokal zurück

Mit der Zulassung Israels verrate der Gesangswettbewerb seine Werte von »Einheit, Inklusion und Würde für aller Menschen«, so Nemo

 12.12.2025