Frankfurt/Main

Börne-Preis für Souad Mekhennet

Souad Mekhennet Foto: dpa

Die Journalistin und Sachbuchautorin Souad Mekhennet hat den Ludwig-Börne-Preis 2018 erhalten. »Souad Mekhennet ist eine hervorragende, mutige Reporterin. Sie verlässt die Komfortzone und geht zu den Quellen«, lobte die Preisrichterin, die ZDF-Fernsehmoderatorin Maybrit Illner, bei der Verleihung am Sonntagnachmittag in der Frankfurter Paulskirche.

»Mekhennet ist eine der besten Kennerinnen islamistischer Terrornetzwerke«, sagte Illner in ihrer Laudatio. Für ihre Recherchen, führte Illner aus, begebe sich die Journalistin in Lebensgefahr und schrecke auch nicht davor zurück, die gefährlichsten IS-Terroristen zu treffen. Ihr Verdienst sei es,
zu rekonstruieren, wie mitten in Europa aus Migrantenkindern, wie sie selbst eines war, »Kinder des Dschihad« werden.

NS-Verbrecher
Die Journalistin wurde 1978 in Frankfurt am Main als Tochter türkisch-marokkanischer Eltern geboren. Sie arbeitet als Journalistin unter anderem für die »New York Times«, die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« und das ZDF und veröffentlichte zahlreiche Sachbücher. Zuletzt erschienen von ihr Nur wenn du allein kommst. Eine Reporterin hinter den Fronten des Jihad (2017) und Dr. Tod. Die Jagd nach dem meistgesuchten NS-Verbrecher (2015).

In dem Buch über den SS-Arzt Dr. Aribert Heim erzählt Mekhennet von ihrem Versuch, den »Schlächter von Mauthausen« aufzuspüren. Heim war über Jahrzehnte der meistgesuchte NS-Verbrecher. 2009 gelang es Mekhennet, seine Hinterlassenschaft in Kairo aufzuspüren. In ihrem Buch verwebt sie die Geschichte von Heims Leben und Flucht mit dem Bericht über die lange, fieberhafte Jagd nach ihm zu einem zeithistorischen Krimi.

Aribert Heim war einige Monate in einem Konzentrationslager als Arzt stationiert; in dieser Zeit wurde er für seine unvorstellbar grausamen »Behandlungen« von Gefangenen berüchtigt. Nach dem Krieg führte er – trotz Fahndung – zunächst ein bürgerliches Leben als Gynäkologe und Familienvater. Kurz vor seiner Verhaftung tauchte er 1962 in Kairo unter, baute sich unter arabischem Namen, als Muslim und geliebter »Onkel« einer Kairoer Familie, eine neue Existenz auf und verstarb dort 1992.

Rekonstruktion Unterdessen lief die weltweite Suche nach der Nummer 1 auf der Liste des Simon Wiesenthal Center auf Hochtouren. Die Entdeckung Heims in Kairo und die Rekonstruktion seines Lebens und seiner Flucht gaben Auskunft darüber, wie die Fluchtwege der NS-Verbrecher funktionierten und warum die intensive Fahndung so spät in Gang kam.

Mekhennet habe sich entschieden für Freiheit, Menschlichkeit und Demokratie eingesetzt, lobte Illner. Werte, die der Westen hochhalte und nur allzu oft verrate. »Souad Mekhennet will auf der Seite dieser Werte stehen und auf der Seite der Menschen, die sie leben – wo auch immer.«

Der nach dem Publizisten Ludwig Börne (1786–1837) benannte und von der gleichnamigen Stiftung verliehene Preis für herausragende Essays, Kritik und Reportagen ist mit 20.000 Euro dotiert. Ludwig Börne, der unter dem Namen Juda Löw Baruch in Frankfurt am Main geboren wurde, setzte sich in seinen Essays und Reportagen für Freiheit und Demokratie ein und starb in Paris.

Die seit 1993 vergebene Auszeichnung gehört zu den renommiertesten Preisen für Essays, Kritik und Reportagen im deutschen Sprachraum. Im vergangenen Jahr hatte der Schauspieler Christian Berkel den Schriftsteller Rüdiger Safranski zum Preisträger gekürt. Weitere Preisträger sind unter anderem der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki und »Zeit«-Herausgeber Josef Joffe. ja/epd

Biografie

Schauspieler Berkel: In der Synagoge sind mir die Tränen geflossen 

Er ging in die Kirche und war Messdiener - erst spät kam sein Interesse für das Judentum, berichtet Schauspieler Christian Berkel

von Leticia Witte  11.07.2025

TV-Tipp

Der Mythos Jeff Bridges: Arte feiert den »Dude«

Der Weg zum Erfolg war für Jeff Bridges steinig - auch weil der Schauspieler sich gegen die Erfordernisse des Business sträubte, wie eine Arte-Doku zeigt. Bis er eine entscheidende Rolle bekam, die alles veränderte

von Manfred Riepe  11.07.2025

Thüringen

Yiddish Summer startet mit Open-Air-Konzert

Vergangenes Jahr nahmen rund 12.000 Menschen an den mehr als 100 Veranstaltungen teil

 11.07.2025

Musik

Nach Eklat: Hamburg, Stuttgart und Köln sagen Bob-Vylan-Auftritte ab

Nach dem Eklat bei einem britischen Festival mit israelfeindlichen und antisemitischen Aussagen sind mehrere geplante Auftritte des Punk-Duos Bob Vylan in Deutschland abgesagt worden

 10.07.2025

Agententhriller

Wie drei Juden James Bond formten

Ohne Harry Saltzman, Richard Maibaum und Lewis Gilbert wäre Agent 007 möglicherweise nie ins Kino gekommen

von Imanuel Marcus  12.07.2025 Aktualisiert

Kulturkolumne

Bilder, die bleiben

Rudi Weissensteins Foto-Archiv: Was die Druckwelle in Tel Aviv nicht zerstören konnte

von Laura Cazés  10.07.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Imanuel Marcus, Katrin Richter  10.07.2025

Ethik

Der Weg zum Glück

Nichts ist so flüchtig wie der Zustand großer Zufriedenheit. Doch es gibt Möglichkeiten, ihn trotzdem immer wieder zu erreichen – und Verhaltensweisen, die das Glück geradezu unmöglich machen

von Shimon Lang  10.07.2025

Essay

Das Jewish-Hollywood-Paradox

Viele Stars mit jüdischen Wurzeln fühlen sich unter Druck: Sie distanzieren sich nicht nur von Israel und seiner Regierung, sondern auch von ihrem Judentum. Wie konnte es so weit kommen?

von Jana Talke  10.07.2025