Provenienz

Bibliotheken suchen nach NS-Raubgut

NS-Raubgut Foto: dpa

Die wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland wollen künftig bei der Suche nach NS-Raubgut meist aus jüdischem Besitz in ihren Beständen enger zusammenarbeiten.

Die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft »NS-Raubgut« im Deutschen Bibliotheksverband könne zudem die politische und gesellschaftliche Lobbyarbeit für dieses Thema voranbringen, sagte Annette Gerlach, die Leiterin des Landesbibliothekszentrums Rheinland-Pfalz der Nachrichtenagentur epd.

35 Bibliothekare aus Deutschland, Österreich und Norwegen berieten am Donnerstag und Freitag auf einer Tagung im Landesbibliothekszentrum über den Umgang mit Büchern und Dokumenten, die die Nationalsozialisten ihren meist jüdischen Besitzern zwischen 1933 und 1945 geraubt hatten.

Museum Wichtig sei bei der Suche und bei der Rückgabe an die früheren Besitzer oder deren Nachkommen (Restitution) die Einrichtung einer gemeinsamen Forschungsdatenbank für Bibliotheken, sagte Gerlach. Zudem sei eine bessere Kooperation mit Museen und Archiven nötig.

Das Forschen nach NS-Raubgut werde für die Bibliotheken »ein Dauerthema« sein, sagte die Bibliotheksleiterin. Zu Beginn der Provenienzforschung vor etwa 15 Jahren sei der hohe Arbeitsaufwand für Recherche und Rückgabe der Bücher unterschätzt worden. Schätzungsweise vier bis fünf Prozent der Bestände deutscher Bibliotheken seien Raubgut aus der Zeit des Hitler-Regimes.

Auch wenn Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sechs Millionen Euro Bundesmittel zugesagt habe, bleibe ständiges Werben für Provenienzforschung und die Restitution von Raubkunst nötig, sagte Gerlach. Es gebe eine moralische Verpflichtung, den Opfern oder ihren Angehörigen die gestohlenen Kulturgüter zurückzugeben.

Unrecht In der Öffentlichkeit sei das Thema Raubkunst über spektakuläre Fällen wie die millionenschweren Gurlitt-Bilder leichter zu vermitteln als über geraubte Bücher. »Doch Unrecht ist Unrecht: gleich, ob es um ein Buch geht, das nur zehn Euro oder um ein Kunstwerk, das zehn Millionen Euro wert ist,« sagte Gerlach. Die Suche nach den ursprünglichen Eigentümern sei schwierig, weil die Nationalsozialisten viele Herkunftsspuren beseitigt hätten.

Als erste rheinland-pfälzische Bibliothek überprüfte die Pfälzische Landesbibliothek in Speyer fast drei Jahre lang ihre Bestände auf Raubkunst und arbeitete damit auch ihre eigene Geschichte in der NS-Zeit auf.

Dafür sichteten zwei Wissenschaftlerinnen rund 35.000 Bücher, die zwischen 1933 und 1950 ihren Besitz gelangt sind. Rund 1000 davon wurden als Raubgut eindeutig erkannt und bisher fünf Bücher an ihre früheren Besitzer etwa in die USA, die Ukraine, Israel und die Niederlande zurückgegeben, informierte Projektleiter Armin Schlechter. 48 weitere würden für eine Rückgabe vorbereitet. epd

Fürth

Jüdisches Museum sucht geraubte kleine Dame

Man werde für eine Suchaktion an alle bekannten Kunstgalerien Flyer schicken und eine Anzeige in einer überregionalen Tageszeitung aufgeben

 18.06.2025

Sachbuch

Zweistaatenlösung, erster Versuch

Oren Kessler zeigt, wie sich bereits 1936 ein Grundmuster des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern herausbildete

von Ralf Balke  18.06.2025

Zahl der Woche

8. Platz

Fun Facts und Wissenswertes

 18.06.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 19. Juni bis zum 26. Juni

 18.06.2025

Berlin

Erste Ausstellung über den Architekten Ossip Klarwein

Präsentiert werden mehr als 100 Entwürfe und Modelle, darunter ikonische Bauten des 1933 nach Palästina geflohenen jüdischen Architekten

 17.06.2025

Nachruf

Chronist einer ganzen Epoche

Michel Bergmann war ein Schriftsteller, der viele Genres beherrschte

von Ellen Presser  17.06.2025

Los Angeles

Neues Album von Haim: »Manchmal muss man loslassen«

Auf ihrem vierten Album singen die Haim-Schwestern von Trennung, Abschied und Neuanfang. Dabei betritt das Trio mit beinahe jedem Song ein anderes musikalisches Terrain

von Philip Dethlefs  17.06.2025

Diskurs

»Die Erinnerungsrepublik Deutschland ist zu Ende«

Auszüge aus der Heidelberger Hochschulrede des Grünen-Politikers Sergey Lagodinsky

 16.06.2025

Literatur

Michel Bergmann ist tot

Der jüdische Schriftsteller starb im Alter von 80 Jahren

 17.06.2025 Aktualisiert